4,5 Millionen Euro werden die Jobcenter im Land Bremen wohl ungenutzt an den Bund zurückschicken. Die Linke kritisiert das heftig. Und auch die Koalition will Änderungen auf Bundesebene erreichen.
Die Jobcenter in Bremen und Bremerhaven werden voraussichtlich etwa 4,5 Millionen Euro an den Bund zurückgeben. Das geht aus einem Bericht über die Ausschöpfung des sogenannten Eingliederungsbudgets hervor, den die zuständige Deputation im September beraten hat. Das Eingliederungsbudget ist der Topf, der dazu dienen soll, Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, etwa über Weiterbildungen, Umschulungen oder Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung. Insgesamt stehen in Bremen und Bremerhaven dafür mehr als 50 Millionen Euro zur Verfügung. In Bremen, so lautet die aktuelle Prognose, werden am Ende des Jahres wohl etwa 92 Prozent der Mittel ausgegeben sein, in Bremerhaven etwa 91 Prozent. Und das, was nicht ausgegeben wurde, fließt zurück an den Bund.
„Mit dieser Ausschöpfungsquote sind wir nicht zufrieden“, sagt dazu der Sprecher von Arbeitssenator Martin Günthner (SPD), Holger Bruns. Das Ressort hatte ab 2013 genauer hingeschaut. Denn 2012 lag die Quote in Bremen sogar nur bei 85 und in Bremerhaven bei 80 Prozent, etwa 10 Millionen Euro flossen zurück an den Bund. Das sorgte für Ärger. 2013 schöpften die Jobcenter ihre Mittel fast vollständig aus.
„Fehler im System“
Bruns spricht aber auch von „Systemfehlern“, die dazu führten, dass nicht das gesamte Geld bei den Arbeitslosen ankommt. Ein Problem in diesem Jahr ist offenbar, dass das Jobcenter in Bremen zusätzlich vier Millionen Euro erhielt, in Bremerhaven waren es 1,2 Millionen Euro mehr. Das war im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung vereinbart worden. Das Geld kam aber erst im April – und damit zu spät, wie auch Sigrid Gerlach-Kaufhold erklärt, Leiterin des zuständigen Geschäftsbereichs im Bremer Jobcenter. „Eine Nachplanung in diesem Umfang zu diesem Zeitpunkt zusätzlich zur ambitionierten Ursprungsplanung lässt sich in einem großen Jobcenter wie Bremen nicht von heute auf morgen umsetzen“, sagt sie.
Ein zweiter Grund ist aber ein prinzipieller. Das Jobcenter hat nur in begrenztem Maße die Möglichkeit, langfristige Maßnahmen in einem Jahr zu beginnen, und in einem anderen fortzusetzen. Prinzipiell muss es nach Haushaltsjahren abrechnen. Ab Mitte eines Jahres seien die Möglichkeiten daher begrenzt, wenn Maßnahmen länger dauerten, erklärt Gerlach-Kaufhold.
„Man kann nicht tatenlos zusehen, wie die Jobcenter in Bremen und Bremerhaven wieder Mittel in Millionenhöhe ungenutzt zurückgeben, die eigentlich den Erwerbslosen zustehen“, schimpft die Linken-Abgeordnete Claudia Bernhard. Dies gelte insbesondere, weil Bremen in diesem Jahr erstmals seit Jahren wieder Landesmittel für die Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung gestellt habe – in Höhe von vier Millionen Euro. Die Linke fordert daher, dass der Senat die Rückgabe der Mittel verhindert.
Und noch etwas kritisiert die Linke: dass Geld aus dem Eingliederungsbudget für Personal ausgegeben wird. Statt Qualifizierungen bekämen die Erwerbslosen so mehr Verwaltungspersonal, das mehr Sanktionen verhängen könne, kritisiert Bernhard. Diese Verlagerung von Mitteln vom einen in den anderen Bereich findet in der Tat statt. In Bremen ist eine Umschichtung von etwa 7,3 Prozent der Eingliederungsmittel geplant. In Bremerhaven sind es 12,5 Prozent. Gerlach-Kaufhold verweist allerdings darauf, dass der Wert in Bremen sogar noch vergleichsweise niedrig liege, der Bundesschnitt liege bei 15,5 Prozent.
Dieter Reinken, SPD-Landeschef und in seiner Fraktion für Arbeitsmarktpolitik zuständig, bezeichnet Bernhards Kritik dann auch als „infam“ gegenüber den Jobcenter-Mitarbeitern. „Man hat keine Zeit für eine gute Betreuung, wenn man zu wenig Mitarbeiter hat“, sagt er. Daher sei es wünschenswert, dass die Jobcenter mehr Geld für Personal erhielten – um diese Diskussion gar nicht erst aufkommen zu lassen. Zudem sei es keineswegs so, dass zusätzliches Bremer Geld nun im Prinzip an den Bund zurückgehe. „Wir finanzieren damit Dinge, die wir mit den Mitteln des Jobcenters gar nicht umsetzen könnten“, sagt er und verweist etwa auf die Ausbildungsgarantie oder die Schulsozialarbeiter.
Verbesserungsbedarf bei der Ausschöpfungsquote sieht aber auch Reinken. Die Regierungsfraktionen werden daher heute einen Antrag beraten. Er fordert von der Bundesregierung unter anderem ein von vornherein größeres Verwaltungsbudget, Wartelisten bei bestimmten Maßnahmen oder eben eine Übertragbarkeit des Geldes von einem Jahr ins andere. „Es ist ärgerlich, dass das nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich ist“, sagt Reinken. Zustimmung findet er damit im Arbeitsressort. Holger Bruns verweist darauf, dass die Arbeits- und Sozialminister der Länder schon einmal Ähnliches gefordert hätten – bislang erfolglos. „Wenn das nicht geändert wird“, sagt Bruns, „wird man das Problem aber nicht dauerhaft lösen können.“
Jobcenter Bremen
Das Jobcenter Bremen ist eine gemeinsame Einrichtung der Stadtgemeinde Bremen und der Agentur für Arbeit Bremen und betreut nach eigenen Angaben mit gut 800 Mitarbeitern in sechs Geschäftsstellen die Empfänger des Arbeitslosengelds II (besser bekannt als „Hartz IV“) und ihre Familien. Das Jobcenter hat die Aufgabe, diesen Menschen die ihnen zustehenden Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalt zu gewähren und sie nach Möglichkeit in den Arbeitsmarkt einzugliedern. (fea)