Der Einzug eines neuen Herrenausstatters in den östlichen Teil der City soll mehr sein als bloß eine Neueröffnung. Vielmehr soll das künftige inhabergeführte Geschäft im ehemaligen Volksbank-Gebäude das jetzige Warenangebot abrunden und für andere Geschäftsleute ein Mutmacher sein. Für den Immobilienbesitzer Kristensen Invest ist es der Startschuss, um die Vision von der „City in der City“ zu realisieren, in der hochwertige, individuelle Geschäfte eine Rolle spielen.
Einige haben den Mut schon aufgebracht. Im Vertrauen darauf, dass es schon was wird mit dem ehemaligen Hertie-Haus, in dessen Nachbarschaft es zunächst mal Ladenpleite nach Ladenpleite gab. Da ist Buchhändlerin Sabine Jünemann als Existenzgründerin positiv hervorzuheben, aber auch Familie Engels vom Schuhhaus Gerdes, das für viel Geld modernisiert wurde. Da sind aber auch diverse andere inhabergeführte Läden rund um den Schweinemarkt und bereits ab April möchte auch Sabine Reinhold dazugehören. Sie eröffnet dann ihren Laden „Der Herrenausstatter Reinhold“ im Erdgeschoss des Eckgebäudes mit der Hausnummer 85/86, in dem früher mal die Volksbank war.
Dafür sind allerdings noch einige Umbauten nötig, denn ein zweiter Eingang zur Langen Straße soll her, der jetzige führt dann nur noch zu den Büros in den Obergeschossen. „Beide Zugänge werden dann auf dem Höhenniveau der Fußgängerzonenpflasterung liegen“, erzählte Andreas Vogler vom Gebäudebesitzer Kristensen Invest beim Ortstermin am Dienstag. In den künftigen Bekleidungsladen soll dann ein Hublift führen, der Büroteil des Gebäudes ist ohnehin über einen Fahrstuhl zu erreichen. „Der wird aber komplett ausgetauscht und ist dann barrierefrei“, sagte Christoph-A. Böhme von der „best property value GmbH“, die das Management für Kristensen übernimmt.
Bisher sind bereits die oberen Fassadenteile ausgetauscht, die Fenster ersetzt und es wurden im Haus neue Leitungen sowie ein Belüftungssystem installiert. Dort, wo jetzt die Handwerker wirbeln, wird Sabine Reinhold auf rund 250 Quadratmetern Herrenmode samt Maßanzügen verkaufen. „Ich bin keine Newcomerin, ich habe es bei Gebrüder Többens von der Pike auf gelernt“, erzählt die Geschäftsfrau, die bis zuletzt bei „Männer Többens“ gearbeitet hat. Dass sie ihrem alten Arbeitgeber Konkurrenz macht, weiß sie, sieht es aber nicht als Problem. „Delmenhorst hatte früher auch mehr als einen Herrenausstatter, wir ergänzen uns hoffentlich, sodass die Kunden in Delmenhorst bleiben und nicht woanders hin ausweichen, weil sie das Gesuchte hier nicht finden.“ Damit ordentlich Licht in den Laden fällt, werden die jetzigen Fenster zu „Ali Baba“ hin bis auf den Boden heruntergezogen.

Der Tresorraum wird immer daran erinnern, dass mal eine Bank in dem Eckgebäude ansässig war.
Sabine Reinhold ist fest davon überzeugt, dass am östlichen Ende der City mehr entstehen kann, wenn alle Inhaber zusammenarbeiten. „Jemand muss nur den Anfang machen“, meinte Vogler, der wie Böhme fest davon ausgeht, dass sich in Sachen Ex-Hertie-Haus in diesem Jahr endlich etwas tut. „Aber selbst wenn, dauert es mindestens zwei Jahre, bis etwas realisiert ist“, weiß er. Darauf möchte auch Kristensen, die bereits die Schauburg-Passage gegenüber von Hertie aufgemotzt haben, nicht mehr warten und nun Tatsachen schaffen. Dafür wird der Investor weitere rentable Gebäude – eines schon in Kürze – im östlichen Teil der Fußgängerzone erwerben und ihnen neues, möglichst hochwertiges Leben einhauchen. „Unsere Vision nennt sich ,City in der City’“, benennt Andreas Vogler den Arbeitstitel des Projektes, das eine „Ecke mit Charme“ schaffen soll.
Das kann funktionieren, weil laut Vogler mit der Volksbank eine regionale Bank involviert ist. Deren Vorstand Martin Versemann freut sich, dass das alte Bankgebäude nun eine Einzelhandelsnutzung erfahren und die ehemalige Schalterhalle zum Modegeschäft umfunktioniert werden soll. „Es ist gut, wie es ist. Hoffentlich finden sich Nachahmer“, sagte er. Und erzählte, wie das Bankgebäude damals in den 50er Jahren topmodern war. Die Erinnerung daran wird bleiben: Der Haupttresor im Keller ist zu groß und schwer, um ihn herausholen zu können. Was dagegen weichen muss, ist die Natursteinfassade draußen. Böhme schilderte: „Da bin ich ein großer Fan von, aber wir können sie leider nicht retten.“
Den rot verklinkerten Gebäudeteil nebenan mit der Hausnummer 87, in dem einst ein Lego-Laden ansässig war, hatte Kristensen ebenfalls erworben, ihn aber bereits weiterveräußert. Auch dort soll ein neues Geschäft im Erdgeschoss einziehen, Accessoires wären als Ware denkbar. Dafür soll die Front ein neues Schaufenster bekommen, das jetzige wird so lange der Delmenhorster Bürgerstiftung als Werbefläche überlassen. Die hatte einst ihr Domizil nebenan, ist aber seit Beginn des Umbaus an die Königsberger Straße 65 umgezogen. Nun hat sie „aus der Vielzahl der Projekte der Stiftung und der Freiwilligenagentur“ einiges im Fenster dargestellt, wie der Vorstandsvorsitzende Jürgen Schulz sagte.