"Kunst der Inklusion" - unter diesem Titel steht ein kreatives europäisches Austauschprojekt für behinderte Menschen. Das Diakonische Werk Bremen ist deutscher Kooperationspartner.
Die Erkenntnis, dass in der Kunst keine Behinderung existiert, ist der Ausgangspunkt. Unter dem Titel „Kunst der Inklusion“ begegnen sich im Rahmen eines europäischen Austauschprojekts Menschen mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen, um gemeinsam in die Welt der Kunst einzutauchen. Auch um Sprach- und andere Barrieren zu überwinden. Jetzt war eine Gruppe bei Friedehorst zu Gast, um an der Aktion „Hundertwasser-Linien“ teilzunehmen.
Der deutsche Kooperationspartner in dem sogenannten „Erasmus+“-Projekt, an dem sich Einrichtungen in Portugal, Rumänien und Sizilien beteiligen, ist das Diakonische Werk Bremen. Mitarbeiter und Einrichtungen des Diakonischen Werks haben jetzt die Auftaktwoche des Projektes gestaltet, das insgesamt auf zwei Jahre angelegt ist. Friedehorst bot für einige der 18 angereisten Projektteilnehmer aus den Partnerländern nicht bloß Übernachtungsmöglichkeiten, sondern war wie gesagt auch Aktionsort die „Hundertwasser-Linien“.
Jürgen Stein, der den einwöchigen Aufenthalt in Bremen begleitet, sowie den in Friedhorst tätigen Kunstpädagogen Ute Osterloh, Christine Schuster, Stefanie Schwirtlich, Nicole Richter und Nele Kisser diente eine Kunstaktion des Malers Friedrich Hundertwasser als Inspiration für das Angebot. Dabei hatte der Künstler gemeinsam mit seinen Studenten die Wände des Ateliers 213 in der Hochschule für bildende Künste in Hamburg mit einer endlosen Linie durchzog. Die Aktion sorgte im Jahr 1959 noch für Aufsehen und einen Eklat, was den Künstler zum Abbruch seiner Gastdozentur an der Hochschule bewegte
Fast 60 Jahre später hat der Gedanke der „Hundertwasser-Linien“ einen festen Platz in der modernen Kunstgeschichte gefunden. Für ihre Neuinszenierung dieses Happenings wählten die Organisatoren des europäischen Inklusionsprojekts jedoch nicht die Wände von Friedehorst als Malunterlage, sondern die Künstler konnten auf großformatigen Papierbögen sowie einer Endlosrolle zu Werke gehen. Projektidee ist es, alle Linienbilder abschließend zu einer weiten, europäischen Linie zusammenzufügen.
Dazu gehört, dass Stein einige der nur halb fertig gemalten Bögen an die Teilnehmer aushändigte, damit diese Werke in den jeweiligen Heimatländern vollendet werden können. „Von Friedehorst aus entsteht auf diese Weise sozusagen eine Linie Europas“, erklärt Jürgen Stein, der den Verlauf der Linien auf den Bildern auch als Symbolik des Inklusionsprozesses begreift: Auch dieser Prozess verlaufe nicht linear, sondern kurvig und müsse zahlreiche Hindernisse überwinden.
Das Friedehorst-Projekt „Hundertwasser-Linien“ stellt nur einen kleinen Teil der Projektwoche dar. „Wir unternehmen jeden Tag zwei Kunstaktionen. Dazu zählen auch Atelierbesuche bei Bremer Künstlern“, sagt Stein. Während ihres Aufenthalts in Deutschland sind die 18 Teilnehmer im Alter zwischen zwanzig und achtzig Jahren unentwegt unterwegs. In Friedehorst gesellten sich etwa zehn Teilnehmer der dortigen Tagesstätte beziehungsweise des Freizeittreffs hinzu. Eine Delegation von Friedehorst wird sich im kommenden Jahr auf die gemeinsame Reise in eines der Partnerländer begeben. Nur knapp eine Stunde dauerte die praktische Arbeit an dem Hundertwasser-Projekt vor Ort, auf die sich die Projektteilnehmer jedoch bereits im Vorfeld lange vorbereitet haben. Weitere Projekte im Laufe der kommenden zwei Jahre mit wechselnden Teilnehmern werden folgen. In welcher Form das Gesamtergebnis dokumentiert wird, steht noch nicht fest. „Vielleicht werden wir, wenn es so weit ist, hier eine Fotoausstellung organisieren“, erklärt Jürgen Stein.