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Klönrunde des MTV Nautilus befasst sich mit den Anfängen der Nachrichtenübermittlung auf See Sie funken noch

Vegesack. „Der Funktionär, der funkt nicht mehr“, lautet ein Spruch. Er soll ausdrücken, dass im digitalen Zeitalter mit der Allgegenwart des Internets die Funkamateure vielleicht als verschrobene Leute angesehen werden, die sich mit einer längst veralteten Technologie befassen.
29.05.2017, 00:00 Uhr
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Von Jörn Hildebrandt

Vegesack. „Der Funktionär, der funkt nicht mehr“, lautet ein Spruch. Er soll ausdrücken, dass im digitalen Zeitalter mit der Allgegenwart des Internets die Funkamateure vielleicht als verschrobene Leute angesehen werden, die sich mit einer längst veralteten Technologie befassen. Warum nicht zum Hörer greifen, dem Anderen per Skype ins Angesicht schauen oder eine Mail schreiben?

Doch der Amateurfunk ist vor allem ein technisches Hobby, bei dem der Weg das Ziel ist: Amateurfunker können mit geringem Aufwand alles selber bauen, und oft reicht eine improvisierte Antenne, um elektromagnetische Signale zu senden und zu empfangen. Ob aus Spaß am Basteln oder der Begeisterung für selbst gemachte Elektronik – die Funkamateure sind keineswegs ausgestorben: Es gibt noch 70 000 in Deutschland und weltweit 2,6 Millionen.

Die Klönrunde des Vereins „Maritime Tradition Vegesack Nautilus“ im Nautilushaus am Hafen beleuchtete jetzt die ersten Anfänge des Funkens auf See. Das Thema hat für den Verein auch deshalb Relevanz, weil die Signalstation an der „Maritimen Meile“ ab 1978 den Schiffen die Pegelstände über Funk mitteilte. Der Bremer Journalist und Autor Gerald Sammet ging in einem Kurzreferat auf die ersten Anfänge des Funkens auf See ein, um damit eine lebendige Diskussion zu entfachen.

Lange Zeit verständigten sich Schiffsbesatzungen auf See oder mit den Küsten über Flaggen und Wimpel – oder Boote schwammen von Schiff zu Schiff. Doch Schiffe auf hoher See blieben über Jahrhunderte eine nach außen abgeschottete Welt. Die Grundlage für das Funken ist das Senden und Empfangen elektromagnetischer Wellen, also das Kommunizieren.

Gerald Sammet spricht gleich zu Beginn die Anwesenden direkt an: „Was machen wir hier gerade? Auch wir kommunizieren! Und wenn wir uns anschauen, können wir uns aufgrund der elektromagnetischen Strahlung sehen, von der das sichtbare Licht nur einen winzigen Teil bildet. Unser Detektor ist die Pupille“, führt Sammet aus. Doch anders als beim Schall, der ein Trägermedium braucht, kommen die elektromagnetischen Strahlen ohne Medium aus.

„Fühlen wir alle mal unseren Puls am Unterarm!“, fordert Sammet die Teilnehmer auf. „Das ist ein Takt von 1.6 Hertz.“ Der Takt der elektromagnetischen Wellen ergibt sich aus regelmäßigen Schwingungen, und ihre Messung setzt ein Zeitmaß voraus: Grundlage sind derzeit die Schwingungen eines Cäsium-Atoms, das mehr als neun Milliarden Mal pro Sekunde schwingt – die atomare Uhr. Die internationale Seenotfrequenz arbeitet zum Beispiel mit 500 kHz, also 500 000 Schwingungen pro Sekunde.

Doch bevor Funk die optischen Signale von Schiff zu Schiff ablöste, musste erst der Elektromagnetismus entdeckt werden. Danach aber vollzog sich die Entwicklung rasant. Sie begann mit Guglielmo Marconi, einem reinen Bastler, der seit dem Jahre 1895 mit der Erzeugung von Funken experimentierte und den ersten Knallfunkensender baute. 1901 gelang es ihm, von Cornwall in England nach Neufundland in Kanada ein erstes Signal über den Atlantik zu senden.

Gerald Sammet klopft drei Mal kurz auf den Tisch im Nautilushaus: „Das Signal, das Marconi sandte, bestand aus nicht mehr als drei Punkten des Morsecodes, der in der Telegrafie Standard geworden war.“ Die drei Punkte standen für den Buchstaben S, und man erinnert sich: Drei Mal kurz, drei Mal lang, drei Mal kurz ergibt das Seenotrettungszeichen SOS.

Der Physiker Ferdinand Braun war anders als Marconi nicht nur Praktiker, sondern zugleich Theoretiker, der Gleichungen in Technik umsetzen konnte. Er baute die erste Funkbrücke zwischen Cuxhaven und Helgoland. Nach diesen ersten Versuchen dauerte es nur 15 Jahre, bis ein funktionierender Funkverkehr entstanden war.

Doch welche Ziele verfolgt der Amateurfunk heute noch? Ein Teilnehmer an der Klönrunde nennt zum einen die grenzenlose Kommunikation, die über Landmassen und Meere hinweg funktioniert und bis ins Weltall reicht, zum anderen den Wettbewerb, mit möglichst weit entfernten Stationen Kontakt aufzunehmen. Und dazu bedienen sich die Amateurfunker auch digitaler Technik. Gehen also Funkamateure wirklich einem veralteten Hobby nach? Auch in den modernsten Weltraumstationen wird noch mit Funk gearbeitet. Und inzwischen haben die Amateurfunker sogar ihren eigenen Satelliten im Weltall.

„Das Signal, das Marconi sandte, bestand aus drei Punkten des Morsecodes.“ Moderator Gerald Sammet
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