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Protest gegen Gutschein-System in Celle Initiative will Bargeld für Flüchtlinge

Celle. Flüchtlinge erhalten ihre monatliche Beihilfe in Niedersachsen meistens in Bargeld. Im Landkreis Celle gilt jedoch noch ein Gutschein-System, das nach Ansicht des Flüchtlingsrats diskriminierend ist.
01.06.2013, 05:00 Uhr
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Von Joachim Göres

Celle. Flüchtlinge erhalten ihre monatliche Beihilfe in Niedersachsen meistens in Bargeld. Im Landkreis Celle gilt jedoch noch ein Gutschein-System, das nach Ansicht des Flüchtlingsrats diskriminierend ist. Eine Initiative hat einen Weg gefunden, mit dem die Flüchtlinge an Bargeld kommen.

Ein erwachsener Flüchtling erhält im Monat 354 Euro. Fast überall in Niedersachsen bekommt er diese Summe in bar ausgezahlt – nur in den Landkreisen Celle, Vechta und Harburg wird nach Angaben des Niedersächsischen Flüchtlingsrates an der Politik des ehemaligen Innenministers Uwe Schünemann (CDU) festgehalten. Die sieht vor, dass die Kommunen Leistungen für Asylbewerber überwiegend in Wertgutscheinen erbringen. Dagegen protestierte gestern vor dem Sozialamt Celle die Gutschein-Tausch-Initiative Celle. Sie bietet den Flüchtlingen an, ihre Gutscheine gegen Bargeld zu tauschen: Wer helfen will, kauft den Flüchtlingen Gutscheine

ab – die können gegen Lebensmittel und Kleidung eingetauscht werden. Auf diese Art und Weise haben die Flüchtlinge Geld zur Verfügung, das sie für Dienstleistungen brauchen, die nicht mit Gutscheinen zu bekommen sind.

"Nur durch den Umtausch unserer Gutscheine gegen Geld kann ich zu meinem Anwalt nach Bremen fahren oder Medikamente kaufen", sagt der Iraner Ali Arab Ameri, der vor einem Jahr zusammen mit seiner Frau nach Deutschland kam. Er sei darauf angewiesen, denn die Bahn, Rechtsanwälte und auch Apotheken würde Gutscheine nicht akzeptieren.

Laut Kai Weber, Geschäftsführer des Niedersächsischen Flüchtlingsrates, nehmen gerade kleinere Läden auf dem Dorf keine Wertgutscheine an. Asylbewerber müssten lange Wege zurücklegen, um damit einkaufen zu können. Zudem sei es diskriminierend, nicht mit Bargeld bezahlen zu können, so Weber. "An der Kasse gucken einen die Leute oft komisch an, wenn man statt eines Geldscheins mit einem weißen Zettel bezahlt", sagt Arab Ameri. "Einige Kassiererinnen reagieren auch unfreundlich." Er betont, dass es für Flüchtlinge wichtig sei, für möglichst wenig Geld einzukaufen. "Günstige Second-Hand-Sachen gibt es zum Beispiel bei E-Bay, aber dort kann man mit Gutscheinen nichts anfangen", so Arab Ameri. Er habe bislang auch vergeblich versucht, Bücher, Busfahrkarten oder Rasierklingen mit Wertgutscheinen zu bezahlen.

Dirk Ulrich-Mende (SPD), Oberbürgermeister von Celle, begrüßt die Aktion der Celler Gutschein-Tausch-Initiative. "Bei der Stadt Celle haben wir eine Vollzeitstelle nur für die Abrechnung der Wertgutscheine", sagt er. "Die Personalkosten in Höhe von jährlich 40000 Euro könnte ich wesentlich sinnvoller einsetzen." Der CDU-regierte Landkreis Celle vertritt einen anderen Standpunkt: Das Asylbewerberleistungsgesetz sehe vor, dass Wertgutscheine Vorrang vor einer generellen Bargeldauszahlung hätten und es somit rechtlich nicht möglich sei, dass Asylbewerber ihre Beihilfe in bar erhalten. Das sieht das SPD-geführte Innenministerium in Hannover anders. Es betont, dass es den Landkreisen und kreisfreien Städten seit einer Verordnung des Innenministeriums vom Februar freigestellt sei, in welcher Form sie die Leistungen für Asylsuchende erbringen. Dieser Meinung ist auch Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD): "Die Landesregierung begrüßt es ausdrücklich, dass die Leistungsbehörden ihren Entscheidungsspielraum genutzt und die Zahlung von Bargeld realisiert beziehungsweise veranlasst haben", heißt es in einer Stellungnahme im Landtag zu einer Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat (Grüne).

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