Hannover·Herford (jr). Die Staatsanwaltschaft Hannover prüft, ob ein Verfahren gegen Ibrahim B., den Onkel der 2007 verschwundenen achtjährigen Jenisa, wieder aufgenommen wird. Der heute 43-Jährige hat gestanden, den fünfjährigen Dano in Herford getötet zu haben. Nach dem Kind war wochenlang gesucht worden. Zeugenhinweise führten zu einer Stelle nahe dem Fluss Werre, wo der Leichnam des Jungen versteckt worden war. Am Montag wurde der kleine Junge bestattet.
Noch am Freitagabend hat die Staatsanwaltschaft Hannover einen sogenannten Sondersachbearbeiter eingesetzt. Es werde überprüft, ob ein früheres Verfahren gegen Ibrahim B. wieder aufgenommen wird, sagte Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel, der Sprecher der Anklagebehörde. Ibrahim B. war in Verdacht geraten, mit dem Verschwinden der achtjährigen Jenisa am 7. September 2007 etwas zu tun zu haben. Zeugenaussagen brachten die Ermittler damals zu den Annahme, B. habe Jenisa als letzter gesehen – als die Nichte seiner damaligen Lebensgefährtin bei ihm an der Wohnungstür klingelte.
Jenisas Onkel bestritt, etwas mit dem Verschwinden des Mädchens zu tun zu haben. Die Ermittler waren jedoch überzeugt davon, dass er mit seinem VW-Golf genau zu dem Zeitpunkt an der Autobahnauffahrt Wunstorf-Luthe gewesen war, als dort Kleidungsstücke und Schuhe des Kindes aus einem Auto geworfen wurden. Ibrahim B. verstrickte sich in „erhebliche Widersprüche“, wie es die Staatsanwaltschaft 2007 nannte. Er soll behauptet haben, sein Wagen sei im September bereits an einen Unbekannten verkauft gewesen. Die Ermittler wiesen ihm nach, das Auto erst später in Minden verkauft zu haben. B. wurde damals in Untersuchungshaft genommen. Das Landeskriminalamt suchte unterdessen den Golf akribisch nach Spuren ab. Das Ergebnis brachte die Ermittler nicht weiter. „Danach wurde beispielsweise in dem Pkw des Tatverdächtigen nur eine einzige Hautschuppe gefunden, die dem verschwundenen Mädchen zugeordnet werden konnte“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Ibrahim B. kam im Oktober wieder frei, der dringende Tatverdacht gegen ließ sich nicht aufrecht erhalten. Polizei und Staatsanwaltschaft, die unter anderem mehrere Waldstücke in der Nähe des Steinhuder Meeres und eine stillgelegte Kläranlage in der Region Hannover abgesucht hatten, gingen längst vom Tod des Mädchens aus – obwohl sie Jenisa nicht fanden.
Kurz nach seiner Freilassung zogen Ibrahim B., Jenisas Tante und die gemeinsamen Kinder nach Herford. Die Staatsanwaltschaft in Hannover ließ nicht locker: Wegen Entziehung Minderjähriger versuchten die Behörde, Anklage gegen den Onkel zu erheben. Das Landgericht Hannover lehnte die Aufnahme der Hauptverhandlung jedoch ab. „Weil die Beweislage unzureichend sei“, sagt Lendeckel: „Das Oberlandesgericht hat eine Beschwerde dagegen als unzulässig verworfen.“ Gegenwärtig, so der Behördensprecher, „sind wir in der Vorprüfung in einem Altverfahren“. Mit der Formulierung eines Verdachts ist Lendeckel zurückhaltend: „Das kann Kindesentziehung sein, aber auch ein Tötungsdelikt.“
Der kleine Dano wurde erdrosselt. Ibrahim B. behauptet jedoch, er habe dem Jungen lediglich den Mund zugehalten. Fest steht, dass das Kind an B.s Tür klingelte, um mit einem von dessen Söhnen zu spielen. B. war allein zu Hause. Jenisas Tante und die Kinder sind vor einiger Zeit ausgezogen.