Bruchhausen-Vilsen·Berlin. Der Verband der Mineralwasserbrunnen ist besorgt. Der Gesetzentwurf zur Gasförderung mit der umstrittenen Fracking-Methode schütze Trinkwasser und Heilquellen, nicht aber Mineralbrunnen. Auch die deutschen Bierbrauer melden sich zu Wort: Sie befürchten ebenfalls eine Verunreinigung des Trinkwassers mit fatalen Folgen für das Reinheitsgebot.
Die deutschen Hersteller von Mineralwasser und Bier sorgen sich um die Qualität ihrer Produkte. Der Grund ist das sogenannte Fracking. Bei dieser Fördermethode wird Erdgas mit einer Flüssigkeit aus dem Gestein gepresst. Diese enthält unter anderem Benzol und Quecksilber. Stoffe, die hochgradig giftig sind. Damit Fracking möglich wird, muss das Wasserhaushaltsgesetz geändert werden – das ist umstritten. So sollen Trinkwasserschutzgebiete und Heilquellen für das Fracking künftig tabu sein, nicht aber die Mineralbrunnen. "Das macht keinen Sinn", protestiert der Geschäftsführer von Vilsa in Bruchhausen-Vilsen, Henning Rodekohr. "Wenn Chemikalien ins Mineralwasser gelangen, bedeutet das das Aus für den Betrieb", sagt Rodekohr. Anders als bei Trinkwasser sei eine Aufbereitung zur Entfernung von Schadstoffen bei natürlichem Mineralwasser nicht zulässig.
Auch die Bierbrauer befürchten eine Verunreinigung des Brauwassers durch das Fracking. Der Einsatz von Chemikalien gefährde Brunnen und Quellen, sagt Jürgen Witt, Geschäftsführer des Brauereiverbandes Nordrhein-Westfalen. Die Brauer fordern die Sicherstellung einer hohen Wasserqualität. "Bei allem Verständnis für neue Technologien und dem Interesse, durch diese Erdgasvorkommen zu heben, dürfen die damit verbundenen Risiken keineswegs verharmlost werden", so Witt.
Nach Angaben des Verbandes deutscher Mineralbrunnen e.V. (VDM) werden von 500 Mineralquellen in Deutschland 457 durch die geplante Gesetzgebung nicht geschützt. "Wir fordern die Bundesregierung auf, sich nicht von den internationalen Konzernen unter Druck setzen zu lassen", sagt VDM-Geschäftsführer Stefan Seib. Die Konzerne, das sind unter anderem Wintershall und Exxon, die große Mengen Erdgas in schwer zugänglichen Lagerstätten vermuten. Das sogenannte Schiefergas befindet sich anders als in herkömmlichen Lagerstätten nicht in einer großen Gasblase, sondern in feinsten Gesteinsporen.
Das Bundesumweltministerium geht davon aus, dass bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter unkonventionelles Erdgas in Deutschland vorhanden sein können. Gemessen am bundesdeutschen Jahreserdgasverbrauch von rund 86 Milliarden Kubikmeter sei diese Energieressource als sehr bedeutsam einzustufen, heißt es in einer Einschätzung des Ministeriums. Und genau deshalb will die schwarz-gelbe Bundesregierung das Fracken nicht verbieten, sondern reglementieren.
Auf einen abgestimmten Gesetzesentwurf haben sich CDU, CSU und FDP bereits verständigt. Dass es vor der Sommerpause noch zu einem rechtskräftigen Gesetz kommt, ist allerdings mehr als unwahrscheinlich – schließlich müsste das neue Gesetz auch noch die Länderkammer, den Bundesrat, passieren. Unionskreise äußerten jüngst auch den Wunsch nach einem Moratorium für Schiefergasvorkommen – zusätzlich zum bereits bestehenden Gesetzentwurf.
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) geht der Gesetzentwurf nicht weit genug. Er spricht von einem "seltsamen Zwitter". Einerseits würden die Anforderungen an das Fracking verschärft, andererseits würden den Erdgasförderern neue Hintertürchen geöffnet. "Der langfristige Schutz des Wassers muss Vorrang haben", so Wenzel. In Niedersachsen ist das Fracking aber auch aus einem anderen Grund umstritten. So sehen die Experten des Landesamtes für Bergbau in Hannover einen statistischen Zusammenhang zwischen der Fördermethode und seismischen Aktivitäten im Untergrund, da diese erst seit der Gasförderung auftreten und sich auf die Ränder der Gasfelder konzentrieren. Zuletzt hatte die Erde in Langwedel (Kreis Verden) am 22. November 2012 gebebt.
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CSU) versucht Mineralbrunnenbetreiber und Bürgerinitiativen zu beruhigen: "Bevor Fracking zum Einsatz kommt, müssen sämtliche Bedenken ausgeräumt sein." So wurde der Gesetzentwurf inzwischen mehrfach überarbeitet – auch auf Betreiben des Langwedeler CDU-Abgeordneten Andreas Mattfeldt. Inzwischen ist eine obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen. "Unsere Trinkwasserressourcen dürfen wir nicht gefährden", sagt der Präsident des Umweltbundesamtes Jochen Flasbarth. Grundsätzlich aber will Altmaier am Fracking festhalten: "Ich bin mir sicher, dass wir eine für alle akzeptable Lösung der Fracking-Problematik finden.