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Andy Fairweather Low in der Music Hall Herrlich antiquierte Rockmusik

Worpswede. Beweisen muss Andy Fairweather Low niemanden mehr etwas. Wer wie er mit den Größen der Rockmusik zusammenspielt, der kann in seinem Solowerk einfach dem nachgehen, was ihm selber am meisten Spaß bereitet.
17.02.2014, 00:00 Uhr
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Von Lars Fischer

Beweisen muss Andy Fairweather Low niemanden mehr etwas. Wer wie er mit den Größen der Rockmusik zusammenspielt, der kann in seinem Solowerk einfach dem nachgehen, was ihm selber am meisten Spaß bereitet. Das tut der Waliser mit seiner eigenen Band The Low Riders in der Music Hall, indem er tief an den Wurzeln der Rockmusik gräbt; zu seinem eigenen Vergnügen und dem des Publikums.

„Ein guter Song muss nicht besonders clever sein, er muss einen nur berühren.“ Diese eine Ansage, fast nebenbei in den beginnenden Song gesprochen, könnte als das Credo des Andy Fairweather Lows gelten. Als Gitarrist ist der Waliser einer der gefragtesten Session-Musiker der Rockmusik. Die Liste derer, die ihn für Plattenausnahmen und Tourneen verpflichten, ist lang, viel zitiert und extrem prominent. Er selber nennt bei seinem Auftritt in der Music Hall keinen seiner Arbeitgeber beim Namen, aber er spielt kurze Melodiefetzen aus deren Wirken an, und das fachkundige Publikum schließt beispielsweise bei den Akkorden von „Layla“ sofort und richtig, den Sideman von Eric Clapton leibhaftig vor sich zu haben.

Über Jahrzehnte hat er mit manchem Superstar zusammengespielt, aber mit seinem Namen immer noch enger verbunden sind die drei Jahre von 1966 bis ’69, in denen er bei Amen Corner den Grundstein einer Karriere legte. Die beiden größten Hits dieser Zeit – „Bend me, shape me“ und die letzte Zugabe an diesem Abend, „(If paradise is) half as nice“, dürfen im Programm nicht fehlen.

Auf den Einsatz von Blue Weaver, seinem damaligen Bandkollegen und heutigen Wahl-Worpsweder, mit dem er bei seinem letzten Auftritt in der Music Hall vor vier Jahren ein spontanes Comeback feierte, muss Fairweather Low dieses Mal verzichten: Weaver, nach Amen Corner lange bei den Bee Gees als Keyboarder dabei, tourt gerade selber mit der Tributeband The Italian Bee Gees durch Deutschland.

Aber mit seinen drei Low Riders hat der Bandleader auch so perfekte Begleiter an seiner Seite. Paul Beavis am Schlagzeug, der Bassist Dave Bronze und Nick Pentelow an Saxofon und Klarinette teilen seine herrlich antiquierte, aber dennoch sehr lebendige Auffassung von Rockmusik. Die vier Herren im eher schon gesetzten Alter und in stilvollen Anzügen sind alles andere als eine Oldieband, aber sie scheinen dem häufig schon widerlegten Allgemeinplatz „Früher war alles besser“ neue Relevanz geben zu wollen.

Das Repertoire, durch das Fairweather Low ein bisschen wie ein Geschichtslehrer, der zu jedem Song das Entstehungsjahr parat hat, führt, setzt sich aus Klassikern und eigenen Stücken der relativ raren Solo-Platten des 65-Jährigen zusammen. Nach der Trennung von Amen Corner betrieb er Anfang der 70er-Jahre kurzzeitig das Projekt Fair Weather, ehe 1974 die erste Solo-Platte erschien. Drei weitere folgten bis 1980, danach bleib ihm offensichtlich keine Zeit mehr für sein eigenes Werk.

Meister des Understatements

Erst 26 Jahre später nahm er diesen Faden wieder auf und veröffentlichte mit „Sweet soulful music“ eine CD, die als Initialzündung für die Renaissance eines Andy Fairweather Low im Mittelpunkt des Rampenlichts gelten muss. Ab 2007 ging er wieder eigenverantwortlich auf Tournee, eines der allerersten Konzerte fand damals schon in der Worpsweder Music Hall statt. War seinerzeit das Publikumsinteresse gering, so hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass der Sänger und Gitarrist Freunde des Rootsrocks erstklassig bedient.

Noch immer ist es so, dass sich dieses Schaffen den Zeitplänen seiner unzähligen anderen Engagements unterordnen muss und es so entsprechend sporadisch Alben oder Konzerte gibt. Auch jetzt nutzen Fairweather Low und Bronze eine Pause bei Aufnahmen mit Tom Jones, die sie gerade beschäftigen, für eine solche Unternehmung. Ein bisschen scheint es so, als ob sie sich dafür von allen stilistischen Vorgaben und komplizierten Kapriolen befreien. Die einfachen Songs, mit viel Leidenschaft und Herzblut gespielt, sind es, die ihnen augenscheinlich Spaß machen. Das steckt an.

Das Repertoire geht dabei von Blues über Soul bis zum Rock’n’Roll, streift dabei ein wenig Jazz, Boogie, Country oder Surf-Sounds. Die Geschichtsstunde ist auch deswegen kein öder Frontalunterricht, weil der Lehrmeister nicht nur in technischer Perfektion die Inhalte darstellt, sondern sie auch mit persönlichen Bezügen ausstaffiert. Sein Begeisterung für Keith Richards’ Gitarrensolo in der Rolling Stones-Version von „Route 66“ wird dadurch greifbar, dass er eben diese Solo mindestens genauso famos spielt. Überhaupt ist Fairweather Low technisch brillant und gleichzeitig ein Meister des Understatement: Er muss nicht sein ganzes Könnensspektrum zeigen, sondern spielt, wonach ihm gerade ist.

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