Sie tauchen im Stammbaum fast jeder europäischen Herrscherdynastie auf: Friedrich von Hessen-Eschwege und seine Gattin Eleonore Katharina von Pfalz-Zweibrücken. Auch im Landkreis Osterholz haben die beiden Spuren hinterlassen.
Lilienthal·Eschwege. Das "Bildnis eines jungen Feldherrn" soll sich auch früher schon im Besitz der Landgrafen von Hessen befunden haben. Sie erwarben es vor einiger Zeit auf einer Versteigerung zurück, weil sich erwiesen hatte, dass hier Friedrich von Hessen-Eschwege dargestellt ist. Er ruht seit 1657 in der Fürstengruft der Marktkirche zu Eschwege, wo 1693 auch seine Witwe Eleonore Katharina beigesetzt worden ist.
Und was geht uns das an? Wer so fragt, wird von geschichtsinteressierten Lilienthalern, Osterholzern oder auch Worpswedern sicherlich gern belehrt. Landgraf Friedrich (1617–1655) war der Mann, den die schwedische Königin Christine mit den ehemaligen Klöstern Osterholz und Lilienthal belehnte, und seine Witwe, die Landgräfin Eleonore Katharina (1626–1692) residierte Jahrzehnte lang in Osterholz. Hinzu kommt: Hätte Friedrich länger gelebt, dann stünde in Worpswede am Weyerberg jetzt wohl ein Schloss mit Blick hinüber nach Bremen. Es sähe vielleicht ähnlich aus wie das ebenfalls aus der Schwedenzeit stammende Schloss Agathenburg bei Stade. An den damals nur ansatzweise verwirklichten Plan erinnern in Worpswede bis heute die Wegbezeichnung "Am Thiergarten" und eine mächtige, inzwischen als Naturdenkmal geschützte Eiche.
Wie eine Insel lag die Stadt Bremen nach 1648 in schwedischem Gebiet. Im Westfälischen Frieden waren das Erzstift Bremen und das Hochstift Verden als neues Herzogtum Bremen-Verden an Schweden gefallen. Unter König Gustav Adolf war Schweden zur Großmacht aufgestiegen. Nun vergab dessen Tochter, die Königin Christine, mit vollen Händen fast alles, was ihr in den neuen Territorien an Besitztümern zugefallen war. Ihre Cousine Eleonore Katharina und deren Mann Friedrich von Hessen-Eschwege kamen dabei nicht zu kurz.
Friedrichs Porträt gehört zum Museumsbestand von Schloss Fasanerie in Eichenzell bei Fulda. Es zeigt einen selbstbewussten, reich gekleideten Mann. Mit wehendem Haar, das Schwert mit beiden Händen gefasst, blickt er noch mal zurück, um sich gleich wieder in das Schlachtgetümmel zu stürzen, das sich im Hintergrund abspielt. Das Bild gilt als ein Meisterwerk von Jan Mijtens, der im "Goldenen Zeitalter" der niederländischen Malerei den europäischen Hochadel porträtierte.
Koscian, deutsch: Kosten, liegt etwa 45 Kilometer südlich von Posen; es ist mit heute 24000 Einwohnern etwas größer als Lilienthal und etwas kleiner als Osterholz-Scharmbeck. In Koscian kam Landgraf Friedrich im September 1655 um – erst 38-jährig, im zweiten schwedisch-polnischen Krieg. Zunächst dort beerdigt, wurde seine Leiche später wieder ausgegraben. Wegen der unruhigen Zeiten hat es bis zur endgültigen Beisetzung in der Marktkirche zu Eschwege dann noch zwei Jahre gedauert.
Eine blendende Partie
Friedrich gehörte – unter dem Beinamen "der Fahrende" – auch der berühmten "Fruchtbringenden Gesellschaft" zur Förderung der deutschen Sprache an. Er war aber wohl eher eine grobe Landsknechtsnatur. Der "tolle Fritz", wie er in Eschwege hieß, büxte blutjung von zu Hause aus, stieg in schwedischen Diensten bis zum Generalmajor auf und machte 1647 in Stockholm eine blendende Partie, als er Eleonore Katharina von Pfalz-Zweibrücken heiratete.
Der Eheschließung gingen jahrelange Verhandlungen voraus. Die bereits verstorbene Mutter der Braut, Prinzessin Katharina Wasa, war schließlich eine Halbschwester von König Gustav Adolf gewesen. Die kleine Königin Christine – beim Tod des Vaters 1632 in der Schlacht von Lützen erst fünf Jahre – wuchs zeitweise in der Familie ihrer Tante Katharina auf und machte 1654 bei ihrer Abdankung deren Sohn zu ihrem Nachfolger.
Darüber, dass seine Braut noch kurz vor der Hochzeit ein Kind von einem anderen bekam, hatte Friedrich großzügig hinweggesehen. Er war selbst kein Kostverächter und soll, als ihm in seiner Ehe zunächst nur Töchter geboren wurden, ziemlich brutal auch geäußert haben: "Ich mues an meiner Magt probiren, ob die Schult meiner oder meiner Gemahlin ist." Im November 1654 brachte Eleonore Katharina endlich den ersehnten männlichen Erben zur Welt. Der kleine Friedrich war aber schon wieder gestorben, als sein Vater nach Polen zog und dort ums Leben kam. Die Landgräfin zählte beim Tode ihres Mannes erst 29 Jahre. Ihr Bruder, König Karl X. Gustav von Schweden, bestätigte ihr eine jährliche Rente von 3000 Reichstalern und übertrug die Ämter Lilienthal und Osterholz auf sie. Seinen drei Nichten Christine, Juliane und Charlotte versprach er einen "Brautschatz" von je 15000 Reichsgulden. Der berühmt schönen Juliane wurde das Geld wegen einer Mesalliance allerdings nie ausgezahlt. Aber Christine, die älteste, hat als Herzogin von Braunschweig-Bevern durch ihre Nachkommenschaft dafür gesorgt, dass ihre Eltern Friedrich und Eleonore Katharina jetzt im Stammbaum fast keiner europäischen Herrscherdynastie fehlen.
Die verwitwete Landgräfin wählte das Äbtissinnenhaus in Osterholz als dauernden Aufenthalt. Während ihrer Besuche in Lilienthal müsste sie dort auch noch den letzten Klosterfrauen begegnet sein. Bei der Aufhebung der beiden Klöster gab es in Lilienthal noch zehn "Konventualinnen". Sie kamen fast alle aus vornehmen Bremer Familien und durften auf Wunsch noch weiter "im closter verpleiben". Jeder standen für den Unterhalt jährlich 55 Reichstaler zu, außerdem "Holz und Torff" sowie sechs Freifahrten nach Bremen "oder auch sonsten anders wohin".
Als ehemals erzbischöflicher Besitz gehörte damals auch der Bremer Dom zu Schweden. Er war am 17. Januar 1693 der Ort einer großen Trauerfeier zur Verabschiedung der Leiche der Landgräfin. Die 65-jährige Eleonore Katharina hatte ihre Tochter Christine "bei ungestümem Wetter" nach Bremen begleitet und sich dabei schwer erkältet. Gestorben war sie schon am 13. März 1692. Aus Geldmangel verzögerte sich die Überführung der Leiche nach Eschwege aber um zehn Monate, und weil ein Sarg aus Zinn zu teuer gewesen wäre, musste ein hölzerner reichen.
Die Fürstengruft in der Marktkirche zu Eschwege schien noch vor wenigen Jahren unrettbar dem Verfall preisgegeben zu sein. Sie wurde inzwischen aber vorzüglich renoviert. Eine neue Sandsteintreppe führt nun zur Grablege hinunter. Der Sarg der Landgräfin ist längst zerfallen; die Reste verschwanden irgendwann im 19. Jahrhundert. Der reich mit Löwenköpfen verzierte Zinnsarg ihres Gemahls aber wirkt nun fast wie neu, und die Inschrift zum Ruhme von Fredericus, dem tapferen Helden, ist wieder gut zu lesen.
Das Kirchenkreisamt Eschwege ist übrigens weiterhin dankbar für Spenden auf das Konto 13508, Sparkasse Werra-Meißner (BLZ 52250030), Stichwort: "Fürstengruft".