Seit 15 Jahren gibt es den Pferdepensionsbetrieb auf dem Hof Bahrenwinkel in Buschhausen. So eine Situation wie jetzt hat Chefin Martina Tietjen noch nicht erlebt: Kein Pferd darf derzeit den Hof verlassen, und für alle von außerhalb gilt „Betreten verboten“. Nachdem sich herausgestellt hat, dass eines der Pensionspferde an der hoch ansteckenden Druse erkrankt ist, steht der Hof unter Quarantäne. Freiwillig, wie Tietjen betont, denn die Krankheit gilt nicht etwa als Seuche und muss auch nicht der Veterinärbehörde gemeldet werden.
„Ich möchte mir später nicht vorwerfen lassen, ich hätte die Krankheit in den Landkreis geschleppt“, sagt Tietjen zu den von ihr getroffenen Vorkehrungen, die zunächst bis zum 23. Januar gelten sollen. Die 39-jährige Pferdefachfrau geht bemerkenswert offen mit dem Thema um – von Geheimniskrämerei und Gerüchten, die die Runde machen, hält sie nichts. Über Facebook hat Martina Tietjen ihre Reitschüler, Stallnutzer und alle anderen über die Lage informiert und dafür viel Zuspruch erhalten. Gut 30 000 Mal ist der von ihr veröffentlichte Beitrag gelesen und mehrere Hunderte Male im sozialen Netzwerk geteilt worden. „Die meisten wünschen dem Pferd gute Besserung und loben mich dafür, dass ich so offen darüber spreche“, berichtet Martina Tietjen.
Fieber, grünlich-gelbes Nasensekret und geschwollene, eitrige Abszesse am Kehllymphknoten – drei Wochen ist es jetzt her, dass eines der Pensionspferde die für die Krankheit so typischen Symptome zeigte. Der herbeigeholte Tierarzt hatte sofort den Verdacht, dass es sich um Druse handelt, was später durch eine Laboruntersuchung auch bestätigt wurde. Martina Tietjen vermutet, dass ein Pferd, das erst neu auf den Hof gekommen war und direkt neben dem erkrankten Tier im Stall stand, den Erreger übertragen haben könnte. Denn das ist das Tückische an der Druse: Nicht jedes Pferd, das das Bakterium „Streptococcus equi“ in sich trägt, wird in der Folge auch tatsächlich krank.
Gut in den Griff zu bekommen ist die Krankheit allemal, zu 99 Prozent werden die Pferde wieder gesund. Für Menschen sei sie gänzlich ungefährlich, berichtet Martina Tietjen. Viele Druse-Fälle benötigen nach Angaben der Sächsischen Tierseuchenkasse auch keine antibiotische Behandlung. Die geschwollenen Lymphknoten werden geöffnet, sodass die Erreger aus dem Körper vernichtet werden können. Vier bis sechs Wochen dauert es in der Regel, bis die Pferde wieder richtig fit sind. Auch dem erkrankten Tier auf den Hof Bahrenwinkel geht es inzwischen deutlich besser. Es sei über den Berg, sagt Martina Tietjen.
Seit der Druse-Diagnose gelten auf dem Hof Bahrenwinkel strikte Regeln: Den Reitunterricht für diejenigen Schüler, die ihre Pferde mitbringen, hat Martina Tietjen vorsorglich abgesagt und auch an Lehrgängen nimmt sie derzeit nicht teil. Vor dem Stall stehen Matten mit Desinfektionsmitteln, die jeder benutzen muss, der dort ein- und ausgeht. Zudem dürfen die Pferdebesitzer jeweils nur noch ihr eigenes Pferd füttern und es auch nur vor seinem jeweiligen Stall festmachen. Die beiden Tierärzte und der Hufschmied ziehen neue Kleidung an, sobald ihre Arbeit auf dem Hof erledigt ist. Ziel dieser ganzen Übungen ist es, die möglichen Übertragungswege für die Erreger zu kappen, das Ansteckungsrisiko zu minimieren und die weitere Verbreitung zu verhindern.
„Ende Januar sind wir durch“
Vorsorglich sind mittlerweile alle 46 Pferde, die auf dem Hof leben, untersucht worden. Das Labor teilte am Mittwoch mit, dass bei keinem weiteren Pferd der Druse-Erreger entdeckt wurde. Allerdings tragen sieben Pferde einen „Bruder-Erreger“ in sich, der als weniger ansteckend gilt. Diese sieben Pferde stehen jetzt isoliert in einem Stall, berichtet Martina Tietjen. „Wir werden unsere Maßnahmen weiter so aufrecht erhalten, und wenn alles gut läuft sind wir Ende Januar damit durch“, sagt sie.
Martina Tietjen will dabei ihren Kurs, möglichst transparent mit der Situation umzugehen und die Fakten zu benennen, fortsetzen. Über Facebook will sie ihre Reitschüler und Kunden über die Ereignisse auf dem Hof Bahrenwinkel auf dem Laufenden halten. Sie hofft, dass sie damit auch eine Art Vorbild für andere ist, die nicht so gern öffentlich über die Krankheiten ihrer Tiere sprechen – und die sich auch mit Vorsichtsmaßnahmen zurückhalten, weil sie ein negatives Image und wirtschaftlichen Schaden befürchten.
Amtstierarzt Dr. Hans-Christian Bode schätzt aus persönlicher Sicht den offenen Umgang mit dem Thema – unabhängig davon, dass das Osterholzer Veterinäramt bei Druse-Erkrankungen offiziell gar nicht eingeschaltet werden muss. „Pferdebesitzern scheint es manchmal peinlich zu sein, wenn ihr Tier erkrankt ist. Aber dafür gibt es keinen Grund. Es ist einem Menschen ja auch nicht peinlich, wenn er eine Grippe hat“, sagt Bode.