Der BUND hat jetzt die Klage gegen die Betriebsgenehmigung des Trianel-Kohlekraftwerks Lünen begründet, an dem auch die Stadtwerke Verden beteiligt sind. Unterdessen läuft das Kraftwerk weiter, macht aber hohe Millionenverluste. Wegen des Preisverfalls auf dem Strommarkt wurde es für drei Tage abgeschaltet.
In der gerichtlichen Auseinandersetzung um das umstrittene Trianel-Steinkohlekraftwerk in Lünen, an dem auch die Stadtwerke Verden finanziell beteiligt sind, hat der nordrhein-westfälische Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) jetzt seine Ende 2013 eingereichten Klagen gegen die Neugenehmigungen begründet.
Das Kohlekraftwerk war auch in die Schlagzeilen gekommen, da wegen des Preisverfalls auf dem Strommarkt Verluste von rund 100 Millionen Euro alleine in 2014 auf die Betreibergesellschaft und die Investoren zukommen. Dazu zählen zahlreiche Stadtwerke – auch die Verdener Energieversorger. Wegen der geringen Erlöse für den erzeugten Strom wurde das Kraftwerk im März sogar für drei Tage vom Netz genommen. An einem Freitag wurde es heruntergefahren und Montagnachmittag wieder angefahren. „Die Preise an der Strombörse kollabieren so, dass es sich nicht lohnt, das Kraftwerk übers Wochenende laufen zu lassen“, begründete Geschäftsführer Manfred Ungethüm seinerzeit den Schritt. Das bedeutet: Die Produktionskosten liegen höher als der Preis, zu dem Strom verkauft werden könnte.
Begründung auf 450 Seiten
Die Klage-Argumentation des BUND ist insgesamt etwa 450 Seiten stark. Darin beantragt der Umweltverband, die von der Bezirksregierung Arnsberg erteilten Genehmigungen aufzuheben. „Jetzt hat die Gegenseite zwei Monate Zeit, um eine Antwort zu formulieren. Wir gehen aber davon aus, dass sie ihrerseits eine Fristverlängerung beantragen wird“, sagt BUND-Geschäftsführer Dirk Jansen. Er geht von einem langwierigen Verfahren aus. „Wann das Verfahren eröffnet wird, kann man nicht voraussagen. 450 Seiten muss die Gegenseite auch erstmal verarbeiten“, sagt Jansen. Finanziert wird das Verfahren, das anwaltliche Vertretung sowie die Arbeit von zahlreichen Gutachtern einschließt, alleine aus Spenden. „Das ist nur möglich, weil wir gezielt Spenden für dieses Klageverfahren einwerben“, so der Geschäftsführer.
Aus Sicht der Trianel-Betreibergesellschaft gibt es zurzeit keinen Handlungsdruck. „Wir sind ja nicht direkt beklagt, sondern das Land, das die Genehmigung erteilt hat“, sagt Pressesprecherin Nadja Thomas. Insofern müsse man abwarten, bis der genaue Begründungstext des BUND vorliege. „Dann werden wir das bewerten, und bis dahin läuft das Kraftwerk weiter. Denn die Genehmigung ist weiter rechtsgültig“, so Nadja Thomas.
Im zweiten Genehmigungsanlauf hatte die Trianel Verbesserungen an dem Kraftwerk vorgenommen. Trotzdem hält der BUND das Vorhaben weiterhin für so umweltschädlich, dass auch die geänderten Genehmigungen rechtswidrig seien. Ende November 2013 hatte die Bezirksregierung Arnsberg eine neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung sowie die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt.
Im Dezember 2013 hatte der BUND, wie bereits berichtet, Klage gegen die bis 2027 befristete wasserrechtliche Erlaubnis zum Einleiten von Abwasser aus dem Kühlturm und der Rauchgasentschwefelungsanlage in die Lippe eingereicht.
Wegen seiner erheblichen Schadstoffeinträge durch das Abwasser sieht der BUND gravierende Verstöße gegen das gesetzliche Verschlechterungsverbot des Flusses. Die kraftwerksbedingte Temperaturerhöhung sowie die Einträge von Chlorid, Phosphor und Stickstoffverbindungen machten zudem den von der EG-Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 geforderten „guten Zustand“ des Gewässers unmöglich.
Gravierende Verstöße
Große Probleme sehen die Naturschützer auch nach wie vor in puncto Quecksilber. Gemäß der EU-Vorgaben müsse dessen Eintrag in die Umwelt bis 2028 auf null gesenkt werden. Trotzdem sei dem Kraftwerksbetreiber gestattet worden, das Nervengift weiterhin direkt in die Lippe einzuleiten. Dabei liege die Quecksilber-Belastung der Flusslebewesen schon jetzt deutlich über den Umweltqualitätsnormen, so der BUND. Für besonders geschützte Arten wie das Flussneunauge oder den Eisvogel sei Quecksilber eine große Gefahr. Ferner seien die weiterhin hohen Schadstoffmengen und die fehlende Verträglichkeit mit den geschützten Fauna-Flora-Habitat-Gebieten ausschlaggebend.