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Hitzeperiode: Agrar-Gewerkschaft warnt vor Unfällen und Vergiftung Gefahr durch Gülle im Stall

Tarmstedt. Landkreis Rotenburg. Warnung der Agrar-Gewerkschaft bei derzeit hohen Temperaturen: Sie befürchtet Unfälle mit Gülle und mahnt zur Vorsicht. Auch das Einatmen der Gase sei gefährlich.
02.08.2014, 00:00 Uhr
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Von Irene Niehaus

Warnung der Agrar-Gewerkschaft bei derzeit hohen Temperaturen: Sie befürchtet Unfälle mit Gülle und mahnt zur Vorsicht. Auch das Einatmen der Gase sei gefährlich. Der junge Tarmstedter Landwirt Hauke Obert bestätigt die Gefahren.

Die Vergiftungsgefahr durch Gülle-Gas ist aktuell besonders groß. Davor warnt die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt die Landwirte der Region und ruft alle Beschäftigten in der Landwirtschaft zu erhöhter Vorsicht auf. Der Grund: Das heiße Wetter beschleunige den biologischen Abbau von Gülle. Dabei entstehe vor allem Schwefelwasserstoff, der nicht nur besonders schädlich, sondern auch tückisch sei.

„In niedrigen Konzentrationen riecht Schwefelwasserstoff nach faulen Eiern. Richtig gefährlich wird es aber dann, wenn man das Gas nicht mehr riecht“, sagt Inge Bogatzki, Bezirksvorsitzende der IG BAU Land Bremen und Umzu und erklärt: „Bei höherer Konzentration lähmt Schwefelwasserstoff den Geruchssinn. Schon nach wenigen Atemzügen kann das Gas zur Bewusstlosigkeit und sogar zum Tod führen.“

So geschehen vor zwei Wochen in einem polnischen Dorf. Ein Bauer war in eine Gülle-Grube gefallen, konnte dabei aber noch um Hilfe rufen. Die beiden Söhne, die in der Nähe gearbeitet hatten, versuchten ihrem Vater zu helfen. Auch die Ehefrau des Bauern, eine seiner Schwiegertöchter, zwei Mitarbeiter des Landwirts sowie ein 17-jähriger junger Mann eilten herbei. Sie alle atmeten das giftige Gas ein und stürzten ebenfalls in die Jauche. Sieben Menschen starben, nur die 45-jährige Ehefrau wurde lebend geborgen. Weniger tragisch endete ein Unglück Ende Juni in Tirol. Dort wollte ein Landwirt einen Schlauch aus einem Gülleloch holen und verlor schon nach kurzer Zeit das Bewusstsein. Da er durch ein Seil gesichert war, konnte ihn seine Frau mit Not über der tödlichen Flüssigkeit halten. Der Mann musste von den Rettungskräften reanimiert werden.

Was bei der Kuh hinten runter fällt, kann unter dem Spaltboden nicht nur für unangenehmen Geruch, sondern auch für gefährliche Gase sorgen. „Bei Gülle ist wirklich Achtung angesagt. Nicht nur bei diesen heißen Temperaturen, sondern das ganze Jahr über“, bestätigt Hauke Obert, Landwirt in Tarmstedt. Nicht ohne Grund müssten Bauern eine Atemschutzmaske tragen, bevor sie in die Gülle-Grube hinabsteigen dürften. Pflicht sei außerdem, dass bei solchen Arbeiten immer ein oder mehrere erwachsene Personen anwesend seien, um im Notfall helfen zu können.

Das ist wichtig, da je stärker Gülle bewegt wird, desto mehr Schwefelwasserstoff freigesetzt wird. „Vorsicht ist deshalb dann geboten, wenn Gülle abgelassen, umgepumpt oder gerührt wird. Besonders gefährlich ist auch das Aufrühren von Rinder- und Schweinegülle unter Spaltenböden, auf denen die Tiere im Stall stehen“, weiß Inge Bogatzki und rät dazu, diese Ställe besonders gut zu durchlüften – schon der Tiere wegen.

„Wir achten darauf, dass wir Fenster und Türen offen stehen haben, wenn wir die Gülle umrühren“, sagt der 22-jährige Hauke Obert. „Wenn die Gülle bewegt wird, steigen die Gase nach oben.“ Alles, was den Sauerstoff verdränge, sei hochtoxisch. Experten setzen bei der Vermeidung von Unfällen auf die neueste Technik. Die Belüftungssysteme in den Ställen sind darauf ausgerichtet, Gasunfälle zu vermeiden. Die meisten Landwirte sind sich der Gefahr bewusst, die im Übrigen auch bei allen Bio-Gasanlagen bestehe, sagt Hauke Obert, der schon als kleiner Junge wusste, dass bei Arbeiten mit Gülle gut zu lüften sei. Und Gewerkschaftlerin Inge Bogatzki ergänzt: „Das Luft-Gas-Gemisch kann auch zu Verpuffungen und Explosionen führen. Deshalb sollten unbedingt explosionsgeschützte Motoren und Pumpen zum Einsatz kommen.

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