Wer glaubt, dass der Genuss von Whisky immer einhergeht mit schottischer Folkloremusik, der wurde vom Heimatverein Seebergen eines Besseren belehrt. Unter dem Titel „James Oswald – the taste of Scotland“ stellten Corinna Reynolds (Sopran), Karl-Eberhard Gregory (Blockflöte), Martin Junghans (Cembalo) und Udo Janoske (Kontrabass) eindrucks- und genussvoll unter Beweis, dass das schottische Nationalgetränk auch bestens mit Barockmusik harmoniert.
Vier von den Mitglieder des Heimatverein Seebergen zur Verkostung während des zweistündigen Konzert in Brünings Hof gereichte Single Malt Whiskys korrespondierten mit der Musik des schottischen Komponisten James Oswald (1710/11 bis 1769). Das Quartett musizierte nach vornehmlich unveröffentlichten aus der National-Bibliothek Edinburgh stammenden Noten von Oswald. Mit allen Sinnen erlebten die Besucher des Konzerts an diesem Abend schottische Barockmusik.
Intensiv und variantenreich
Wie „musikalische Trüffelschweine“ hätten sie sich auf die Suche nach Notenmaterial von James Oswald gemacht, erklärte humorig die Sopranistin Corinna Reynolds. Je mehr sie fündig wurden, desto mehr Geschmack fanden die Musiker an der Barockmusik des schottischen Komponisten. Die Interpretation der alten Notenliteratur bezeichnete Karl-Eberhard Gregory als große Herausforderung, wolle man dem schottischen Stil gerecht werden.
Die Geschmackserlebnisse der Single Malt Whiskys reichten in ihrer Bandbreite von torfig, rauchig bis fruchtig und frisch und waren damit ähnlich variantenreich wie die schottische Barockmusik. „Der Whisky schmeckt auch ungeübten Zungen“, versprach Gregory, der launig in den Genuss der Musik aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und den des Hochprozentigem einführte. „In James Oswalds Musik finden Elemente der Volksmusik kunstvoll Verwendung“, so Gregory. Jedes der in Brünings Hof gespielten Stücke hatte seinen ganz eigenen Charakter mit einer ganzen Palette an Emotionen. Als zu Herzen gehend bezeichnete Corinna Reynolds die Musik des Schotten. „Jedes Lied ist eine Minioper mit sehr viel Poesie.“ Seine Kompositionen seien wunderschön zu singen, so die Sopranistin, die gerne in ihrer Muttersprache singt.
Gefunden haben die Musiker das Notenmaterial nicht über das Internet, in langen von Corinna Reynolds gedolmetschten Telefongesprächen kamen sie der Sache näher. Es machte Sängerin und Musikern große Freude, etwas Neues zu entdecken. Die Texte von Oswalds Kompositionen beinhalten alle großen Themen der Menschheit wie Lust, Laune, Liebe und Vergänglichkeit. Gepaart dabei, so Reynolds, mit unglaublich viel Lokalkolorit. Im eleganten, langen Schottenrock stand die Sopranistin vor dem Publikum und sang mitreißend und gefühlvoll von Leid und Leidenschaft aus der Zeit vor rund 300 Jahren.
Die Whiskys bestachen das Seeberger Publikum mit dem Geschmack und Duft von Zimt, Zitrusfrüchten, Lakritze und gebrannten Mandeln, Rosinen und dunkler Schokolade, Honig und Heidekraut wie auch einer intensiven Pfeffernote. Die Musik dazu überzeugte durch ihren Ausdruck puren schottischen Lebensgefühls.