Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Gedenktafel erinnert an das Schicksal der Beverstedterin Käthe Spreen und die Opfer der Euthanasie Auf Befehl der Nazis ermordet

Eine Gedenktafel auf dem Beverstedter Friedhof erinnert an die Opfer der Euthanasie während des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945. Die Beverstedterin Käthe Spreen war einer der 70 000 Menschen, die auf Befehl der Nazis getötet wurden.
22.06.2013, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Luise Bär

Eine Gedenktafel auf dem Beverstedter Friedhof erinnert an die Opfer der Euthanasie während des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945. Die Beverstedterin Käthe Spreen war einer der 70 000 Menschen, die auf Befehl der Nazis getötet wurden.

Hagen. Fast 70 Jahre herrschte Ungewissheit und Stillschweigen über ihren Tod. Ihrer Cousine Henrita Lindner ließ das Schicksal von Käthe über die Jahrzehnte keine Ruhe. Recherchen brachten die grausame Wahrheit zu Tage: Die junge Frau wurde im Alter von 30 Jahren auf Befehl des NS-Staates in der Gaskammer der Heil- und Pflegeanstalt Hadamar (Hessen) Ende Mai 1941 ermordet.

In einer Gedenkstunde wurde die Tafel auf der Grabstätte der Familie Spreen enthüllt. Martin Bensen (Beverstedter Bürgermeister a.D.), der an einem Buch über die Geschichte der Juden in Beverstedt schreibt, hat sich gemeinsam mit Lindner intensiv mit archivierten Akten und Dokumenten beschäftigt. Bensen riss die Stationen ihres kurzen Lebens an. Nach einem traumatischen Erlebnis einer versuchten oder vollzogenen Vergewaltigung wird Käthe Spreen als 20-Jährige wegen psychischer Probleme in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg eingewiesen. Diagnose: manisch-depressives Irresein oder Schizophrenie. Nach knapp zwei Monaten wird sie als gebessert entlassen. Die Familie zieht von Bremerhaven nach Beverstedt, wohl auch, um der Tochter Abstand zum Tatort zu geben. Doch das Unheil nimmt seinen Lauf. Ein Jahr später, im Jahre 1932, wird sie erneut in die Lüneburger Anstalt eingewiesen. Diesmal für zwei Jahre. Vor der Entlassung wird sie zwangssterilisiert und "erb-biologisch" erfasst. "Das Merkmal bedeutete im Dritten Reich Lebensgefahr", sagte Bensen. Ein halbes Jahr später erfolgt die dritte Anstalts-Aufnahme, "polizeilich" sei auf der Akte vermerkt gewesen. Vermutlich hat sie ihre Familie in Beverstedt nie wieder gesehen.

Ab Herbst 1939 galt der Euthanasie-Erlass, der bei "unheilbar Kranken" den "Gnadentod" vorsah. Vorgegebenes Planziel: 65000 Menschen. "Sie war eine von den als lebensunwert getöteten Menschen. In Beverstedt hat die anonyme, gesichtslose Zahl von insgesamt 70 000 psychisch oder körperlich behinderten Menschen einen Namen. Käthe Spreen ist eines der Opfer, sie war eine Beverstedterin", sagte Kirchenvorstand Jörg Renger.

"Sie war eine hübsche, freundliche Frau", erinnerte sich Lindner an die 15 Jahre ältere Cousine, die verschwand und über die nie gesprochen wurde. "Die war krank und ist gestorben", das war alles, was Lindner seinerzeit von Eltern und Verwandten erfuhr. Einmal war sie nahe dran, mehr über Käthes Verschwinden zu hören. Deren Schwester Elfriede hatte es ihr versprochen. Aber an dem Tag im April 1945 erfolgte ein Luftangriff auf Beverstedt. Die beiden Frauen standen in der Küche und ein Minensplitter tötete Elfriede. Auch im Nachlass von Käthes Eltern sei nicht ein einziger Hinweis auf die Tochter vorhanden gewesen, erinnerte sich Lindner. "Nicht einmal ein Foto". Danach war sie sicher, dass sie nichts mehr über die Cousine erfahren würde.

Erst bei einem Gespräch mit einem Historiker bekam sie entscheidende Hinweise, wo sie suchen könnte. Vor drei Jahren erhielt sie aus der Gedenkstätte Hadamar ein erschütterndes Dokument. "Frau Spreen wurde am 28. Mai 1941 nach Hadamar transportiert. In der Regel wurden die Patienten eines solchen Transports noch am Tag der Ankunft in die im Keller der Anstalt befindliche Gaskammer geschickt und ermordet. … Das damals offiziell mitgeteilte Todesdatum 10. Juni 1941 und die Todesursache (in diesem Fall Lungenentzündung) wurden falsch angegeben, um die Angehörigen und Behörden zu täuschen", heißt es in einem Auszug aus dem Schreiben.

Bürgermeister Ulf Voigts bedankte sich bei dem Arbeitskreis Friedhöfe, der die Gedenktafel erarbeitete. Die Grabstelle der Familie Spreen wurde von der Gemeinde übernommen, so könne sie für die Nachwelt erhalten werden. Der große Grabstein und die marmorne Tafel mit Erinnerungstext steht unübersehbar gleich am Haupteingang zur Friedhofskapelle.

Die Kosten für die Gedenkstätte sollen durch Spenden finanziert werden. Unter dem Verwendungszweck "Käthe Spreen" können Spenden auf die Gemeindekonten eingezahlt werden (KSK Wesermünde-Hadeln, BLZ 29250150, Kontonummer 139331190 und VB Bremerhaven -Cuxland, BLZ 29265747, Kontonummer 4840400400).

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Einwilligung und Werberichtlinie

Das kompakte Nachrichten-Update für den Landkreis Osterholz und umzu. Lesen Sie Montag bis Freitag jeden Abend die wichtigsten Nachrichten aus Ihrer Region.

Schließen

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)