Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bauer 4.0 Digitalisierung verändert die Landwirtschaft

Die Digitalisierung revolutioniert die Landwirtschaft. Moderne Bauern kontrollieren Acker und Feld mit Computerprogrammen und Smartphone. Das steigert vor allem die Effektivität.
05.10.2015, 00:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Digitalisierung verändert die Landwirtschaft
Von Silke Looden

Die Digitalisierung revolutioniert die Landwirtschaft. Moderne Bauern kontrollieren Acker und Feld mit Computerprogrammen und Smartphone. Das steigert vor allem die Effektivität.

Ludwig Wreesmann schaut auf sein Smartphone, drückt auf eine App und weiß, was heute auf dem Acker zu tun ist. Der Landwirt aus Friesoythe nutzt die Digitalisierung, um seine 100 Hektar im Oldenburger Münsterland zu bestellen. „Das ist eine echte Arbeitserleichterung“, sagt der 60-Jährige, der seit einem Jahr mit der neuen Software arbeitet. Die Landwirtschaft 4.0 verändert das Leben auf dem Bauernhof. Das Internet der Dinge übernimmt die Regie, soweit der Bauer es zulässt.

Wreesmann ist mit dem Schlepper unterwegs. Im vergangenen Jahr noch stapelten sich in der Fahrerkabine die Zettel für Bestellungen, Buchungen, Planungen, Meldungen. Heute hat er sein Büro in der Hosentasche, im Smartphone. Der Landwirt bringt Gülle aufs Feld. „Die App meldet sich, wenn der Grenzwert überschritten ist“, erklärt Wreesmann. Die Information erreicht seine Kollegin vom benachbarten Schweinehof. „Dann weiß sie gleich, dass für diesen Acker weniger Gülle gebraucht wird“, erklärt Wreesmann.

Die App kann die Düngemenge auch an die Behörden melden. Das ist Pflicht in Niedersachsen, weil das Grundwasser durch Überdüngung zunehmend mit Nitrat belastet ist. Wer zu viel Gülle ausbringt, muss mit Strafen rechnen. Noch gibt Wreesmann die Güllemengen pro Hektar per Hand einzeln in den Computer ein. In Zukunft aber will er auch diese Daten direkt vom Acker aus mit dem Smartphone verwalten und verschicken. „Das ist echter Bürokratieabbau“, lacht er.

Deutschlandweit arbeiten bereits 3500 Landwirte mit der neuen Software, die sich 365farmnet nennt, vor allem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. „Da hat der Bauer seinen Kuhstall immer im Blick“, wirbt Klaus-Herbert Rolf von der Softwarefirma in Berlin. Die Einrichtung der App sei so einfach wie die Einrichtung des Smartphones selbst, sagt er. Der Landwirt bestimme selbst, welche Daten er vernetzt, welche er teilt und mit wem. „Die Daten sind sicher auf einem Server in Deutschland, nicht irgendwo in der Cloud“, betont Rolf. Abhängig von der App sei niemand. „Die Daten können bei Stromausfall nachgetragen werden.“

Beim niedersächsischen Bauernverband Landvolk in Hannover ist die Digitalisierung der Landwirtschaft ein großes Zukunftsthema. In der Branche geht es längst nicht mehr nur um Wachstum, sondern vor allem um Effektivität.

Dabei kann die Vernetzung der einzelnen Betriebsteile helfen. Landvolk-Geschäftsführer Jörn Johann Dwehus meint: „Die Chancen überwiegen die Risiken.“ Die Digitalisierung erleichtere dem Landwirt das Leben, entlasse ihn aber nicht aus der Verantwortung. „Wenn die App eine defekte Lüftung im Stall meldet, muss der Mäster handeln.“

Bereits heute sind moderne Mähdrescher und Traktoren mit GPS ausgestattet, können die Felder zentimetergenau bewirtschaften. Die High-Tech-Geräte erfassen Erntemengen und Bodenbeschaffenheit. Landwirte wie Ludwig Wreesmann können Unkrautvernichtungsmittel zielgenau einsetzen. „Das schont die Umwelt“, sagt der Bauer. Andere Landwirte setzen gar Drohnen ein, um die Qualität des Getreides einzuschätzen.

Die Vernetzung der Daten auf dem Bauernhof geht soweit, dass nicht nur die Wetterdaten in die Ernteabläufe integriert werden, sondern der Trecker bereits im Vorfeld per Datenübertragung einen Termin mit der Werkstatt ausmacht, um eventuelle Verschleißteile zu erneuern, damit es während der Ernte nicht zu Maschinenausfällen kommt.

Im Schweinestall überwacht die Technik die Futtermenge und das Gewicht der Tiere per Funkchip. Kühe werden entsprechend der Milchqualität in Futtergruppen eingeteilt und durch automatisch öffnende Gatter zum Melkkarussell gelenkt. Bei trächtigen Rindern übermittelt ein Thermometer die Temperatur des Tieres, um den Landwirt per App über die bevorstehende Geburt zu informieren.

Das Internet der Dinge wird die Zukunft der Landwirtschaft noch stärker bestimmen, wenn der Breitbandausbau auf dem Lande angekommen ist. Ludwig Wreesmann ist von der neuen Technik überzeugt. Gleichwohl betont er: „Die Software ist nur so schlau, wie der Bauer dahinter.“ Jeder Landwirt müsse für sich entscheiden, inwieweit die Digitalisierung auf seinem Hof Einzug hält

.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)