Die 2. Fußball-Bundesliga feiert in dieser Saison ihr 40-jähriges Bestehen. Mit dabei: Werner Schaar. Mit dem TSR Olympia Wilhelmshaven lief er im Hamburger Millerntor-Stadion und im damals gerade erst neu gebauten Westfalenstadion auf. Die schönsten Jahre seiner Sportler-Karriere verlebte er aber nicht in der zweithöchsten deutschen Fußball-Klasse, sondern in unteren Ligen – und noch heute ist der 65-Jährige bei der Ü60-Mannschaft der SG Achim aktiv.
Werner Schaar erinnert sich an diesen Tag, als wäre es heute: Die Mannschaft des TSR Olympia Wilhelmshaven verlässt im Bus den Parkplatz des Müngersdorfer Stadions. Plötzlich ein lautes Krachen. Kurze Zeit später wieder. Immer mehr Backsteine treffen den Bus der Auswärtsmannschaft. Die Anhänger des 1. FC Köln sind für die Attacke verantwortlich. Auch wenn ihr Verein gerade in der ersten Runde des Deutschen-Fußball-Pokals mit 1:0 gewonnen hat.
„Denen war egal, dass sie gewonnen haben. Da erkannte man schon die gewaltige Fan-Kultur“, beschreibt Werner Schaar, der damalige Stürmer des TSR. Trotzdem bezeichnet der 65-Jährige dieses Spiel als seine interessanteste Erfahrung: „Vor 18 000 Zuschauern gegen einen Erstligisten zu spielen, war schon unglaublich.“ 40 Jahre liegt nun diese Partie zurück. Und vor fast genau vier Jahrzehnten wurde auch die 2. Bundesliga gegründet. Bei der Geburtsstunde der vermeintlich stärksten zweiten Fußball-Klasse Europas war Werner Schaar mit seinem TSR Olympia Wilhelmshaven dabei.
„Damals habe ich überhaupt noch nicht damit gerechnet, dass die 2. Bundesliga so attraktiv wird“, erklärt der gebürtige Auricher, der seit 28 Jahren in Großenkneten lebt, und fügt hinzu: „Wir befanden uns lediglich in einer Testphase.“ In der Premierensaison spielte Werner Schaar dann gegen Mannschaften wie den FC St. Pauli, Hannover 96, VfL Wolfsburg und Borussia Dortmund. Der gelernte Stürmer erzielte in 23 Spielen ein Tor. Stammspieler war der ehemalige Berufssoldat allerdings nicht. Das lag aber weniger an seiner Leistung. „In meinem Beruf konnte ich nicht einfach mal eben zum Training. Als Fußballspieler verdiente man noch recht wenig“, erklärt Schaar. Möglichkeiten mehr zu verdienen, hatte er: Die damaligen Erstligisten Eintracht Frankfurt und Alemannia Aachen wurden auf den schnellen Offensivspieler aufmerksam. „Aber als Ostfriese war ich sehr vorsichtig. Ich hätte meinen Job als Berufssoldat aufgeben müssen, und wenn ich mich verletzt hätte, wäre das wahrscheinlich nicht gut geendet“, erinnert er sich.
Nach nur einer Saison stieg Werner Schaar mit seinem Team wieder ab. Den Wilhelmshavenern fehlten lediglich zwei Punkte zum Klassenerhalt. Eine Spielzeit stürmte Werner Schaar noch für den Absteiger in der Amateuroberliga Nord. Danach verschlug es ihn in die Kreisklasse zum VfL Ockenhausen. „Auch wenn die Mannschaft ein paar Ligen tiefer spielte – es war die schönste Zeit meiner Fußballkarriere“, gerät der 65-Jährige ins Schwärmen. Rein sportlich gelang ihm mit der Mannschaft tatsächlich ein kleines Wunder: In sechs Saisons stieg der VfL sechs Mal auf – bis in die Landesliga.
Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte Werner Schaar noch länger dort gespielt. Allerdings wurde er als Berufssoldat nach Beja in Portugal versetzt. Ganz ohne Fußball ging es auch im Ausland nicht. „Ich war dann Spieler und Trainer der Bundeswehrauswahl“, erzählt Schaar. Nach der Zeit in Portugal sollte allerdings endgültig Schluss mit Fußball sein – die Schuhe hingen in der Garage bereits am Nagel. „Kaum aus dem Flieger ausgestiegen, kribbelte es aber schon wieder.“ Und so schloss er sich der Altherrenmannschaft des TSV Großenkneten an. Friedel Gerke von der SG Achim wurde nur kurze Zeit später auf den Ostfriesen aufmerksam. Er bat den dribbelstarken Stürmer, für seine Mannschaft aufzulaufen. Werner Schaar musste nicht lange überlegen und sagte zu. Noch heute spielt er für die Ü60-Mannschaft der Achimer.
Auch als Trainer engagierte sich der 65-Jährige. Zum Beispiel beim TuS Heidkrug in Delmenhorst, der von 1988 bis 1989 in der Landesliga spielte. Damals sprach Schaar einen Nachbarsjungen an, ob er nicht bald nach Heidkrug wechseln wollen würde. „Ich hatte ihm gesagt, dass wir aus ihm einen Nationalspieler machen“, erzählt der Fußball-Verrückte mit einem breiten Grinsen. Denn die Rede ist von Hans-Jörg Butt. Der spätere Deutsche Meister, Pokalsieger und WM-Dritte spielte damals für die Jugendmannschaft des TSV Großenkneten. „Ich weiß noch genau, wie Hans-Jörg mit seinem Bruder immer den Ball gegen mein Garagentor knallte. Ich kenne ihn, seitdem er ein kleiner Junge ist“, berichtet Schaar und fügt hinzu: „Natürlich war der Spruch mit dem Nationalspieler nicht ernst gemeint. Im Nachhinein ist das aber eine witzige Situation gewesen.“
Butt wechselte wenige Jahre später zum VfB Oldenburg, um 1997 in die Bundesliga zum Hamburger SV zu gehen. Mittlerweile spielt der Torwart nicht mehr im Profibereich. Über die Zeit haben sich Werner Schaar und der Keeper aber nie aus den Augen verloren. Im Gegenteil: Fast jeden Dienstag trainieren die beiden noch zusammen in Großenkneten.