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Afghanischer Nationalspieler in Busunfall verwickelt Azadzoy: „Wir haben sehr großes Glück gehabt“

Weiße Strände, türkisblaues Meer – geht es um die Malediven, sind diese Bilder präsent. Der idyllische Inselstaat im Indischen Ozean gilt als Urlaubsparadies – Mustafa Azadzoy hat dort allerdings den bisher größten Schrecken seines Lebens bekommen.
06.06.2014, 00:00 Uhr
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Von Daniel Cottäus

Weiße Strände, türkisblaues Meer – geht es um die Malediven, sind diese Bilder schnell präsent. Der idyllische Inselstaat im Indischen Ozean gilt gemeinhin als Urlaubsparadies – Mustafa Azadzoy hat dort vor wenigen Tagen allerdings den bisher größten Schrecken seines Lebens bekommen. Mit der afghanischen Fußballnationalmannschaft wurde der Delmenhorster auf dem Rückweg von einem Spiel des AFC-Challenge-Cups in einen Busunfall verwickelt. „Wir haben sehr großes Glück gehabt“, berichtete der 21-Jährige nach seiner Rückkehr in die Heimat.

Die Halskrause hat er bereits wieder abgelegt, auch sonst ist Mustafa Azadzoy rein äußerlich nicht mehr anzumerken, dass er noch vor wenigen Tagen mit schweren Prellungen im Krankenhaus gelegen hat – auf den Malediven. „Mir geht es eigentlich schon wieder ganz gut“, sagt der Delmenhorster. Dann fängt er an, zu erzählen. Von den Gruppenspielen gegen die Philippinen, Turkmenistan und Laos. Davon, dass er und seine Mitspieler während des AFC-Challenge-Cups kaum Zeit dafür gehabt hätten, sich das Gastgeberland anzusehen. Und davon, wie er mit der Fußballnationalmannschaft Afghanistans in einen schweren Busunfall verwickelt wurde. „Wir haben sehr großes Glück gehabt“, sagt der 21-Jährige. Mehrmals.

Nach einem Unentschieden gegen die Philippinen (0:0) und einem Sieg gegen Turkmenistan (3:1) sind die Afghanen schon vor dem abschließenden Gruppenspiel für das Halbfinale qualifiziert. Gegen Laos schickt Trainer Erich Rutemöller deshalb die Akteure auf den Platz, die bisher noch nicht zum Einsatz gekommen sind. Mustafa Azadzoy ist einer der wenigen, die alle drei Vorrundenpartien über die vollen 90 Minuten absolvieren. Dass das Duell gegen einen „absolut schlagbaren Gegner“ (Azadzoy) am Ende nur 0:0 endet, stört niemanden großartig. „Wir wollten zwar Gruppenerster werden, wussten aber, dass wir so oder so im Turnier bleiben“, berichtet der Delmenhorster. Dementsprechend gut sei die Stimmung hinterher im Mannschaftsbus gewesen.

Auf dem Rückweg zum Hotel wird der Tross – Laos’ Bus fährt direkt hinter dem der Afghanen – von einem Polizeimotorrad und einem Streifenwagen angeführt. „Auf einer Brücke ist es dann passiert“, sagt Azadzoy. Ein ziviler Motorradfahrer kollidiert mit dem Motorrad der Polizei, der Streifenwagen muss scharf abbremsen, und der Bus der Afghanen fährt von hinten auf. Nur wenig später rammt der Laos-Bus den des Azadzoy-Teams. Fünf afghanische Spieler und drei Funktionäre werden bei dem Unfall verletzt. Den Delmenhorster erwischt es am schlimmsten. „Ich saß seitlich zur Fahrtrichtung und hatte meine Beine in den Gang gestreckt.“ Durch die Kollisionen wird Azadzoy zwischen zwei Sitzen eingeklemmt. Erst von den Rettungssanitätern wird er aus seiner misslichen Lage befreit und durch ein Fenster aus dem Fahrzeug gebracht. „Ich wusste sofort, dass das Turnier für mich gelaufen ist.“

Im Krankenhaus diagnostizieren die Ärzte schwere Prellungen an Becken, Hüfte und linkem Fuß des 21-Jährigen. Zwei Tage und Nächte muss er zur Beobachtung bleiben. „Ich war im ersten Moment natürlich sehr traurig“, berichtet Azadzoy, betont dann aber erneut: „Wir haben großes Glück gehabt.“ Da sich der Unfall auf einer Brücke ereignet hat, hätten er und seine Mitfahrer auch ins Wasser stürzen können. „Links und rechts war nur noch das Meer. Ich bin sehr dankbar dafür, dass in der Situation nichts Schlimmeres passiert ist“, sagt der Delmenhorster.

Das Halbfinale des Turniers gegen Palästina verliert Afghanistan zwei Tage nach dem Unfall mit 0:2. Azadzoy verfolgt das Spiel von der Tribüne aus. Wegen der Schmerzmittel, die er nehmen muss, darf er nicht auf der Bank sitzen. Die Dopingvorschriften wollen es so. Gleiches gilt für das Spiel um Platz drei, in dem sich die Afghanen schließlich mit 7:8 nach Elfmeterschießen gegen die Malediven geschlagen geben müssen. Assad Adubarey, ein Spieler des Gastgebers, sorgt dabei für die kurioseste Szene des ganzen Turniers. Beim Anlauf zum Strafstoß fällt er hin, steht wieder auf – und schiebt den Ball locker an Afghanistans Torhüter Mansur Faqiryar vorbei ins Netz. Im Internet wird das Video des Elfmeters binnen kürzester Zeit zum Hit. Azadzoy sagt: „Ich kann die Szene wirklich nicht mehr sehen. Schon komisch. Wir dachten im Stadion alle, dass der Schiedsrichter den Elfer wiederholen lässt.“ Die Afghanen beenden das Turnier also auf dem vierten Platz. Nur der Sieger Palästina darf 2015 an der Asienmeisterschaft in Australien teilnehmen. „Auch wenn es dieses Mal nicht geklappt hat – unser Traum bleibt bestehen“, unterstreicht Azadzoy.

Nach der Rückkehr in die Heimat will sich der Student nun mit seiner sportlichen Zukunft befassen. Aktuell steht er noch beim Oberligisten TB Uphusen unter Vertrag, hat allerdings Angebote aus der Regionalliga vorliegen. Unter anderem ist der BV Cloppenburg an einer Verpflichtung interessiert. „Ich höre mir alles in Ruhe an“, sagt Azadzoy, der in ein paar Jahren plant, im Ausland als Profi sein Geld zu verdienen. „Ein Freund von mir spielt in Thailand. Das würde mich auch reizen.“

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