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USA fordern Überprüfung aller Boxen / Bremer Projekt Ecsit untersucht Machbarkeit Container per 3D-Röntgen durchleuchten

Die USA wollen zur Abwehr von Terrorismus absolute Sicherheit im Container-Verkehr und fordern eine komplette Überprüfung aller Boxen. Ein dreijähriges Forschungsprojekt hat sich mit dem Thema Sicherheit der Lieferkette befasst. Ergebnis: Es geht, es ist teuer und es gibt bessere Wege.
01.11.2013, 00:00 Uhr
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Von Frank Miener

Die USA wollen zur Abwehr von Terrorismus absolute Sicherheit im Container-Verkehr und fordern eine komplette Überprüfung aller Boxen. Ein dreijähriges Forschungsprojekt hat sich mit dem Thema Sicherheit der Lieferkette befasst. Ergebnis: Es geht, es ist teuer und es gibt bessere Wege.

Eigentlich will es keiner: Den House Resolution No. 1 Act. Dieses US-Gesetz fordert, dass jeder Container mit Ziel USA gescannt werden muss. Ob das möglich ist und welche umfangreichen Fragen dazu zu beantworten sind, hat das Forschungsprojekt Ecsit untersucht, dass unter anderem vom Hafensenator initiiert und vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) koordiniert wurde. Gestern präsentierte das Konsortium die Ergebnisse des drei Jahre dauernden Projekts.

„Zuerst ist wichtig, dass wir nicht daran arbeiten, dieses Gesetz zu implementieren“, sagte Frank Arendt, der das Forschungsprojekt beim ISL koordiniert hat. Man habe vielmehr zahlreiche Fragen untersucht, die mit der Containersicherheit zu tun haben. Auslöser war freilich das HR1 abgekürzte US-Gesetz, das auch in den Vereinigten Staaten derzeit nicht unumstritten ist. Bislang wurden Container nur in einer Röntgenanlage untersucht, die auffällig geworden sind – etwa bei der Überprüfung der Frachtpapiere. Das HR1 fordert nun aber eine Durchleuchtung aller Boxen. Darüber hinaus müssen diese auch auf Radioaktivität geprüft werden. „Noch ist das Gesetz ausgesetzt“, sagte Arendt. Doch zum 1. Juli 2014 könnte es in Kraft treten.

Zeitliche Kraftanstrengung

Das freilich bringt die gesamte Logistikbranche weltweit in Schwierigkeiten. „Die Lieferketten sind eng aufeinander abgestimmt. Verzögerungen sind dabei sehr gefährlich für die gesamte Wirtschaft“, sagte Arendt. Und genau solch eine Verzögerung könnte auftreten, wird das HR1 durchgesetzt. Die Idee der US-Sicherheitsbehörden ist dabei, dass alle Container durchleuchtet werden und ein Foto mit der Containernummer dann an das Departement of the Homeland Security geschickt wird. Dort, so ist es geplant, wird eine Risikobewertung erfolgen und der Container dann freigegeben. Allein in Bremerhaven wären davon täglich im Schnitt 1200 Standardcontainer betroffen. In Spitzenzeiten müsste man 2000 Container im gesamten Hafen kontrollieren, 500 davon allein auf den Terminals, sagte Arendt.

Im Rahmen des Projekts wurden daher nicht nur die technischen Fragen, sondern auch wirtschaftliche und rechtliche Aspekte geprüft. Die haben es in sich, wie Andreas Maurer im Rahmen des Projekts festgestellt hat. Der Jurist von der Universität Bremen hat sich mit zahlreichen Fragen auseinandersetzen müssen: „Das Gesetz ist zunächst ein amerikanisches und darüber hinaus auch noch recht allgemein gehalten“, sagte er.

Das bedeute viele Fragen und Probleme bei der Umsetzung. Denn es handelt sich eben nicht um ein deutsches Gesetz, sodass deutsche Stellen per se dafür tätig werden müssten. Da es auch unwahrscheinlich sei, dass der US-Zoll, der auch Grenzschutzbehörde ist, in jedem Hafen Büros öffnet, geht Maurer am Ende von Privatunternehmen aus, die die Kontrollen abdecken. Grundsätzlich sei es aber möglich, ein 100-prozentiges Scannen der Container umzusetzen.

Wie genau das technisch funktionieren könnte, war Inhalt des Ecsit-Projekts: Das Problem dabei ist, die hochkomplexen und auf Effizienz getrimmten Abläufe auf den Terminals zu berücksichtigen, denn eine Kontrolle ist immer ein tief greifender Einschnitt. „Das ist prinzipiell technisch machbar, aber sehr aufwendig“, sagte Arendt. Im Rahmen von Ecsit hat man das Verfahren aufgeteilt in die Abschnitte „Basisscan“ – der normalen Durchleuchtung –, einem bei Bedarf genutzten 3D-Röntgen, der „Nuklididentifikation“ auf Strahlung, sowie die Komponenten Informationssystem und Visualisierung, mit denen die Auswertung erst möglich wird: Also einer Röntgenanlage mit einem Zusatzscanner, der einen verdächtigen Container noch einmal dreidimensional durchleuchtet. All das ist teuer: Die Kosten betrügen pro Box wahrscheinlich mehrere Hundert Euro.

Dabei fielen allerdings riesige Datenmengen an, sagte Arendt. Es sei daher zweifelhaft, ob hundertprozentiges Scannen einen wirklichen Mehrwert an Sicherheit bringe. Gleichwohl gibt es eine Alternative: „Eine mehrstufige Risikoanalyse für die gesamte Transportkette ist aus unserer Sicht vielversprechender als ein Generalverdacht – und wird auch von den Betroffenen eher akzeptiert“, sagte Arendt.

Auf jeden Fall hoffen alle Beteiligten, dass das HR1 erneut ausgesetzt wird. Ansonsten aber gibt es auch einen weiteren Hebel: Man überlege, das US-Gesetz in die Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten aufzunehmen.

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