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Hersteller wehrt sich gegen Vorwürfe G 36: Von der Leyen wählt die Offensive

Berlin. Der Streit über das Sturmgewehr G 36 spitzt sich zu: Die Bundeswehr und Hersteller Heckler & Koch werfen sich gegenseitig vor, Schuld an der Affäre zu sein. Nun ist die unter Druck stehende Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in die Offensive gegangen.
23.04.2015, 00:00 Uhr
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G 36: Von der Leyen wählt die Offensive
Von Norbert Holst

Der Streit über das Sturmgewehr G 36 spitzt sich zu: Die Bundeswehr und Hersteller Heckler & Koch werfen sich gegenseitig vor, Schuld an der Affäre zu sein. Nun ist die unter Druck stehende Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in die Offensive gegangen. In der dreistündigen Befragung im Verteidigungsausschuss reicht der CDU-Politikerin dafür ihr ein einziger Satz: „Das G 36 hat, so wie es heute konstruiert ist, keine Zukunft in der Bundeswehr.“ Nur fünf Tage nach der Vorlage eines Gutachtens, dass dem Gewehr eine geringe Treffersicherheit unter Extrembedingungen bescheinigt, hat die Ministerin Konsequenzen gezogen.

Heckler & Koch will die Vorwürfe aber nicht auf sich sitzen lassen. Das Unternehmen spricht von „nebulösen Vorwürfen“, die dem Ruf der Waffenschmiede in Oberndorf am Neckar schaden könnten. Heckler & Koch zweifelt die Untersuchungsmethode des Gutachtens an. Aber das vielleicht beste Argument nennen die Waffenbauer in einer Erklärung: „Die diskutierten angeblichen Mängel, wie sie hier den vergleichsweise wenigen Kampfeinsätzen der Bundeswehr zugeschrieben werden, hätten bei anderen Truppen, die an verschiedenen Orten im Kampfeinsatz stehen, sehr viel früher auftreten und bekannt werden müssen – dies ist jedoch nicht der Fall.“

Der Hamburger Waffenexperte und Journalist Lars Winkelsdorf stützt die Sicht von Heckler & Koch. Das G 36 sei an sich kein schlechtes Gewehr, aber ungeeignet für die robusten Auslandseinsätze der Bundeswehr, so Winkelsdorf bei „ntv“. Winkelsdorf hat frühzeitig über die angeblichen Qualitätsmängel des Sturmgewehrs recherchiert und Anfragen an das Verteidigungsministerium gestellt. Die Reaktion des Ministeriums: Es wollte den Militärischen Abschirmdienst (MAD) auf den Journalisten ansetzen. So schildert es jedenfalls der „Stern“ in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe. Das Magazin beruft sich auf eine interne Mail vom Dezember 2011.

Von der Leyen hat im Verteidigungsausschuss offenbar keine schlechte Figur abgegeben. Linke und Grüne erklären nach der nicht öffentlichen Sitzung, dass sie vorerst auf den angedrohten Untersuchungsausschuss verzichten wollen. Die Aufklärungsarbeit soll zunächst im Verteidigungsausschuss fortgesetzt werden. Die Opposition will auch den früheren Verteidigungsminister und heutigen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) befragen. Der lässt später über seinen Sprecher erklären, dass er nicht plane, sich zu der Affäre zu äußern.

Erste Hinweise auf Präzisionsprobleme beim G 36 gab es bereits 2010. Im März 2012 wurden sie von der Rüstungsabteilung des Ministeriums als „erheblicher Mangel“ eingestuft. Auch der damalige Minister de Maizière war darüber informiert. Von der Leyen gab im Juni 2014 eine Untersuchung des Sturmgewehrs in Auftrag – ein halbes Jahr nach ihrem Amtsantritt. Die Opposition wirft ihr deswegen Zögerlichkeit vor. „Man muss mittlerweile von systematischer Vertuschung sprechen“, sagt Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger. Die Affäre sei „voller Widersprüche“. Auch Jan van Aken (Linke) kritisiert das Verteidigungsministerium: „Wir wissen, dass vieles heruntergespielt wurde.“

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