Dass Wilhelm Wagenfeld heute als einer der zehn wichtigsten Gestalter des 20. Jahrhunderts gilt, ist auch der in Bremen ansässigen Stiftung zu verdanken, die sein Erbe pflegt, erforscht und bekannt macht. Mehr als 20 Jahre hat sich Beate Manske für sein Werk eingesetzt.
Kein anderer Gestalter war über Jahrzehnte so erfolgreich wie Wilhelm Wagenfeld, von keinem zweiten werden noch immer so viele Objekte hergestellt und verkauft. Die Salz- und Pfefferstreuer Max und Moritz, die Bauhaus-Leuchte, die stapelbaren Vorratsbehälter – diese und weitere Gegenstände finden sich in vielen Haushalten, wenn auch nicht jeder weiß, wer sie einst entworfen hat. Der gebürtige Bremer ist in seiner Vielseitigkeit eine Ausnahmeerscheinung: Er hat neben formschönen und praktischen Dingen für den Alltag auch edles Silbergerät für Koch & Bergfeld entworfen. Doch in den Achtzigerjahren war der Name Wagenfeld ein wenig in Vergessenheit geraten, nur Architekten und ältere Menschen, die seit Jahrzehnten mit seinen Objekten lebten, kannten ihn noch.
Auf Initiative des Bremer Kulturstaatsrats Dieter Opper kuratierte Beate Manske damals eine Wagenfeld-Ausstellung, die 1987 im Focke-Museum zu sehen war. Die Schau sei unerwartet ein großer Erfolg gewesen, in der überregionalen Presse und auch bei den Besuchern, erinnert sich Beate Manske. Wahrscheinlich war die Zeit einfach reif für die Rückbesinnung auf einen Gestalter aus der Bauhaus-Tradition, dem Aspekte wie Nützlichkeit und Langlebigkeit des Produkts, eine ökologisch nachhaltige Produktion und bezahlbare Preise wichtig waren. Die Achtzigerjahre waren die Hochzeit postmoderner Designer wie Alessandro Mendini und seiner „Memphis“-Gefährten, die die Normen der Moderne lustvoll verletzten und quietschbunte und wenig praktikable Möbel und Objekte entwarfen. Der Reiz des Neuen, Frechen nutzte sich schnell ab, gefragt waren wieder klare Linien und eine zeitlose Form. Wagenfeld war jedenfalls von der Ausstellung, die auch in Frankfurt und Berlin zu sehen war, so angetan, dass er bereit war, seinen Nachlass nach Bremen zu geben. 1993 wurde die Stiftung gegründet, die einige Jahre später in die Ostertorwache gegenüber dem Gerhard-Marcks-Haus einzog.
Über zwei Jahrzehnte hat sich Beate Manske mit dem umfangreichen Werk Wilhelm Wagenfelds beschäftigt und immer wieder Neues entdeckt. Sie hat Schmuckentwürfe ausgestellt und auch das grafische Werk des Gestalters, sie hat zum Vergleich Objekte von Max Bill und anderen Designern gezeigt. Auch wenn sie jetzt die Leitung der Stiftung in jüngere Hände übergeben hat, spricht sie immer noch voller Begeisterung über Wagenfeld und seine Produkte und wird mit Sicherheit noch über den Meister veröffentlichen. Charmant und eloquent weist sie auf die vielen Vorzüge des Gestalters hin – eine bessere Botschafterin hätte die Stiftung nicht bekommen können. Bis nach Genua sind die Ausstellungen aus Bremen gewandert, haben mitgeholfen, Wagenfeld den Rang einzuräumen, der ihm gebührt. Neben der Tochter Meike Noll-Wagenfeld gaben auch Sammler ihre Schätze nach Bremen, so dass hier ein Archiv entstehen konnte, auf das andere Museen für Ausstellungen zurückgreifen.
Als die von Beate Manske kuratierten Ausstellungen nach der Wende auch im Osten gezeigt wurden, in Leipzig und Dessau, zeigte sich, dass Wagenfelds Design dort weitaus bekannter war als im Westen. Das lag nicht nur an seiner produktiven Zusammenarbeit mit dem Jenaer Glaswerk Schott, für das er das berühmte Teeservice entwickelt hatte. Im Osten war das Wissen über die Produktkultur und ihre Geschichte an den Schulen und Hochschulen weitergegeben worden.
Neue Impulse aus der Besinnung auf die Tradition zu gewinnen, das ist ein Gedanke, der Wagenfeld gefallen hätte. Ein zutiefst bremischer Ansatz, den auch Beate Manske in ihrer Arbeit mit viel Erfolg verfolgt hat. Mit der Ausstellung „Wilhelm Wagenfeld: Die Form ist nur Teil des Ganzen“, die noch bis zum September zu sehen ist, verabschiedet sie sich von der Leitung der Stiftung, an dessen Spitze nun Julia Bulk steht.