Weil sie vergleichsweise klein sind, gehören Insekten wie Bienen zu den eher unscheinbaren Tieren. Im Naturhaushalt spielen sie allerdings eine herausragende Rolle. Als Bestäuber helfen sie zum Beispiel Pflanzen, sich zu vermehren. Damit sind sie auch für die Menschheit wichtig; Pflanzen bilden die Grundlage für die Ernährung der Weltbevölkerung. Vor diesem Hintergrund schlagen Biologen Alarm. Sie haben festgestellt, dass Insektenbestände stark zurückgehen. In China gibt es bereits ganze Landstriche ohne bestäubende Insekten. Dort müssen Bäume und andere Pflanzen von Hand bestäubt werden. In Deutschland sehen Experten Anzeichen für eine ähnliche Entwicklung. Bei einer Fachtagung des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart und der Universität Hohenheim haben 77 Forscher deshalb eine Resolution unterzeichnet, in der sie die Bundesumweltministerin auffordern, sofort etwas gegen den drastischen Rückgang von Wildbienen und anderen Insekten zu unternehmen. Nötig, so heißt es, seien ein Verbot bestimmter Insektengifte und Maßnahmen, die die strukturelle Vielfalt von Kulturlandschaften förderten.
Großer Artenreichtum
Zur Anzahl der Arten von Lebewesen auf der Erde gibt es nur grobe Schätzungen. Wissenschaftlich beschrieben sind mehr als zwei Millionen Arten. Biologen gehen aber davon aus, dass die Gesamtzahl der Arten bei einem Vielfachen davon liegt. Klar ist, dass die Gruppe der Insekten besonders reich an Arten ist. Sie machen mit ungefähr einer Million den Großteil der bislang beschriebenen Arten aus. Zum Vergleich: Die Gesamtzahl der bekannten Vogelarten liegt bei gut 10 000, die der Säugetierarten bei gut 5000.
Aus der Untersuchung von Fossilien haben Forscher den Schluss gezogen, dass es bereits vor mehr als 400 Millionen Jahren Insekten gegeben haben muss. Diese sind demnach sehr viel früher entstanden als zum Beispiel die Vögel oder auch die Dinosaurier. Auch die Säugetiere sind weitaus jünger. Deren Entwicklungsgeschichte begann vor etwa 200 Millionen Jahren. Älter als die Insekten sind nach heutigem Kenntnisstand die Weichtiere, zu denen unter anderem Schnecken und Muscheln gerechnet werden. Spinnen zählen nicht zu den Insekten. Zu ihren Merkmalen gehört, dass sie acht Laufbeine und zwei voneinander abgegrenzte Körperabschnitte haben: Vorder- und Hinterkörper.
Ein Schlüsselereignis in der Evolution der Insekten war die Entwicklung von Flügeln vor ungefähr 300 Millionen Jahren. Trotz der langen Entwicklungsgeschichte und der enormen Artenvielfalt ist das Grundmuster des Bauplans geflügelter Insekten gleich geblieben. Die Tiere haben einen Kopf mit Mundwerkzeugen und Antennen, ein Bruststück mit drei Beinpaaren und zwei Paar Flügeln und einen mehr oder weniger zylindrischen Hinterleib.

Ein Schmetterling
Unverzichtbare Bestäuber
Eine Gruppe von Insekten, die Menschen vergleichsweise gut vertraut ist, bilden die sogenannten Hautflügler. Zu ihnen gehören Bienen, Wespen und Ameisen. Bei Letzteren besitzen die geschlechtsreifen Weibchen und Männchen Flügel. Nach der Paarung sterben die Männchen; die Weibchen verlieren ihre Flügel. Weltweit sind bisher mehr als 150 000 Arten von Hautflüglern beschrieben worden. Der Name dieser Gruppe von Tieren geht auf die durchscheinenden Flügel zurück, die in der Ruhestellung über dem Hinterleib zusammengelegt sind. Auch Libellen und Fliegen haben durchscheinende Flügel, werden aber nicht zu den Hautflüglern gerechnet. Manche Hautflügler sind nicht einmal einen Millimeter lang, andere erreichen Längen von bis zu sieben Zentimetern. Zu den besonders großen Tieren gehört nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) eine südamerikanische Wegwespe mit einer Flügelspannweite von zehn Zentimetern.
Wissenschaftler widmen Hautflüglern nicht zuletzt wegen ihrer Bedeutung für Ökosysteme viel Aufmerksamkeit. Bienen zum Beispiel fliegen Blüten an, um Pollen und Nektar – eine zuckerhaltige Flüssigkeit, die von Drüsen in der Blüte abgesondert wird – zu ernten. Aus dem Nektar erzeugen sie für ihre eigene Ernährung Honig. Pollenkörner werden von ihnen als Grundstoff für die Ernährung ihres Nachwuchses verwendet. Am Körper der Bienen abgelagerte Pollenkörner gelangen aber auch zu den Blüten anderer Pflanzen. Auf diese Weise helfen die Insekten bei der Vermehrung.
Parasitische Wespen wiederum gelten als wichtige natürliche Widersacher von Pflanzenschädlingen. Ein Beispiel: Für Schäden auf Maisfeldern ist oft der Maiszünsler verantwortlich, ein kleiner Schmetterling. Um zu verhindern, dass die Pflanzen geschädigt werden, setzen Landwirte häufig Schlupfwespen der Gattung Trichogramma ein. Die nicht einmal einen halben Millimeter großen Wespen legen ihre Eier in die Eier der Schmetterlinge.
Falter oder Schmetterlinge sind eine besonders artenreiche Insektengruppe. Weltweit sind mehr als 150 000 Arten wissenschaftlich beschrieben worden. In Deutschland gibt es etwa 3700 Schmetterlingsarten, von denen die allermeisten zu den Nachtfaltern gerechnet werden. Die Zahl der hierzulande heimischen, am helllichten Tage umherfliegenden Tagfalterarten beziffern Fachleute auf weniger als 200.
Tagfalter sagen viel über den Zustand von Landschaften und die biologische Vielfalt aus. Sie gelten deshalb als Indikatoren, das heißt: Die Entwicklung der Bestände der vergleichsweise leicht zu bestimmenden Tagfalterarten liefert Anhaltspunkte, um Umweltveränderungen und sich daraus ergebende Probleme frühzeitig zu erkennen. Nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist eine Reihe von Arten an bestimmte Lebensräume gebunden. So komme beispielsweise der Hochmoor-Gelbling nur auf Hochmooren und der Fetthennen-Bläuling nur in Flusslandschaften vor.
Weniger Schmetterlinge
Schmetterlingsraupen ernähren sich unter anderem von Blättern oder Früchten. Erwachsene Tagfalter fliegen Blüten an, um mit ihrem Saugrüssel Nektar zu saugen. Dabei sind manche Arten auf bestimmte Pflanzenarten spezialisiert. Verschwinden die Pflanzen, etwa, weil der Mensch die Landschaft verändert, Flächen bebaut oder für intensive Landwirtschaft nutzt, verlieren die Tiere ihre Lebensgrundlage. Auch Klimaveränderungen haben Auswirkungen auf Bestände von Faltern. Bei Untersuchungen haben Wissenschaftler festgestellt, dass die Zahl der Tagfalterarten auf Wiesen und Weiden seit 1990 europaweit zurückgegangen ist.
Ursache sind nach ihren Angaben vor allem Veränderungen bei der Landnutzung. Auch deshalb werben Naturschützer immer wieder dafür, Gärten so einzurichten, dass sich Schmetterlinge wie beispielsweise der Admiral, das Tagpfauenauge, der Kleine Fuchs, Zitronen- oder Distelfalter dort wohlfühlen. Zu den bei Faltern beliebten Nektarlieferanten zählen laut Bund für Umwelt und Naturschutz Bartblume, Blaukissen, Disteln, Fetthenne, Herbstaster, Lavendel, Phlox, Sommerflieder und Thymian. Raupen wüssten zum Beispiel Brennnessel, Ginster und Weißdorn zu schätzen.

Der Waldmistkäfer
Verschiedene Aufgaben im Ökosystem
Dass sich die ökologische Bedeutung von Insekten nicht auf das Bestäuben von Pflanzen beschränkt, belegen unter anderem Arten, die sich von toten Tieren, abgestorbenen Pflanzen oder Ausscheidungen von Tieren ernähren und auf diese Weise im Naturhaushalt Aufräumarbeiten erledigen. Ein Beispiel liefern Mistkäfer, die sich von Kot ernähren.
So unstrittig der grundsätzliche Nutzen von Insekten ist, so klar ist auch, dass aus menschlicher Sicht manche Arten zu einem Problem werden können. Ein Beispiel sind die Anopheles-Mücken, die die Erreger der Tropenkrankheit Malaria übertragen. Kleidermotten verursachen Schäden an Wollstoffen, und Kornkäfer können Getreidevorräte unbrauchbar machen. Werden Kartoffelpflanzen von Kartoffelkäfern befallen, kann es passieren, dass sie absterben. Die Käfer ernähren sich von den Blättern der Pflanzen. Andere Beispiele für Insekten, die Kulturpflanzen schädigen können, sind der bereits erwähnte Maiszünsler, die Weizengallmücke und der Getreidewickler.
Um Schäden an Pflanzen zu verhindern, werden in der Landwirtschaft Pestizide eingesetzt. Dabei handelt es sich um chemische Stoffe, die Lebewesen auf unterschiedliche Arten schaden können. Sie können sie vertreiben, schwächen, ihr Wachstum oder ihre Vermehrung hemmen oder sie töten. Hinter dem Sammelbegriff können sich Mittel gegen Unkräuter, die als Herbizide bezeichnet werden, ebenso verbergen wie Mittel gegen Pilze (Fungizide) oder Insekten (Insektizide).
Dass solche Mittel unerwünschte Auswirkungen haben können, belegt eine Vielzahl von Studien. Die Nutzung von Pestiziden birgt die Gefahr, dass sie sich im Boden anreichern, in Flüsse und Seen gespült werden und nicht nur die Schädlinge, sondern auch andere Lebewesen schädigen. So haben Forscher zum Beispiel nachgewiesen, dass unter dem Einfluss von Pestiziden Amphibien wie Frösche und Kröten sterben. Außerdem hat sich gezeigt, dass einige in Europa eingesetzte Pestizide die Zahl der Arten von wirbellosen Tieren wie etwa Schnecken, die in bestimmten Fließgewässern vorkommen, um bis zu 42 Prozent verringern können.
Wie das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart und die Universität Hohenheim mitteilen, sind um die Jahrtausendwende verstärkt neuartige Insektenvernichtungsmittel eingesetzt worden, die sogenannte Neonicotinoide enthalten. Mit ihrer Hilfe würden unter anderem Blatt- und Schildläuse, Zikaden und Käfer bekämpft. Die Mittel, die die Weiterleitung von Nervenreizen bei Insekten verhinderten, würden in alle Pflanzenteile – auch in die Blüten – eingelagert. Dadurch schädigten sie zum Beispiel auch Bestäuber wie Wildbienen und Schmetterlinge.
Geschwächte Wildbienen
Nach Darstellung des Tierökologen Professor Johannes Steidle von der Universität Hohenheim belegen aktuelle Untersuchungen einen starken Rückgang von Beständen bestimmter Wildbienenarten, die bereits auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen. Diese Tiere stürben zwar nicht sofort unter dem Einfluss der Mittel, würden aber offenbar geschwächt. Ihre Lernfähigkeit sei vermindert, und sie könnten nicht mehr gut riechen. Bei Honigbienen sei beobachtet worden, dass der Bienentanz, mit dem die Tiere Informationen über Nahrungsquellen vermitteln, gestört sei. In ihrer Resolution fordern die Wissenschaftler deshalb ein vollständiges Verbot von Neonicotinoiden. Mindestens aber müsse es ein Moratorium geben. Der Einsatz von Neonicotinoiden müsse so lange verboten bleiben, bis ihre Umweltverträglichkeit nachgewiesen sei.