Eigentlich sollte man sich von einer Band wie Motorpsycho nicht mehr überraschen lassen, aber das Konzert der Band aus dem norwegischen Trondheim im prallvollen Schlachthof beginnt doch mit einer neuartigen Wendung. Das Quartett, eigentlich ausgemachte Krachmacher, die gerne mit sich überlagernden, hoch verdichteten Klangwolken operieren, beginnt mit einem Akustik-Set. Drei Akustikgitarren plus gelegentliche Orgelakkorde, die den fünf Songs eine Basis liefern, sorgen für einen warmen, beinahe kuscheligen Sound. Und es fehlen Bass und Schlagzeug.
Gespielt werden alte Songs wie „Sideway Spiral 1“ oder „Feel“ von ihren alten – im Fall von „Feel“ sind es zwanzig Jahre – Alben. Sind die Songs in ihren CD-Versionen noch mit allerhand psychedelischen Soundbeigaben aufbereitet, so klingen sie in ihrer entkernten Form beinahe lieblich.
Danach werden die E-Gitarren (inklusive E-Bass) ausgepackt, und auch das Schlagzeug tritt wuchtig in Aktion. „Cloudwalker“, der Opener ihres in diesem Jahr erschienenen 16. Albums „Behind the Sun“ steht auch hier am Anfang. Das Stück startet fast lyrisch, steigert sich dann langsam aber sicher zu den mächtigen psychedelischen Klangwellen und -wällen, die Motorpsycho wie keine andere Band der Gegenwart aufzubauen versteht. Was auf ihren Alben trickreich mit allen möglichen Sounds von Streichern und Bläsern bis zu Mellotron und Synthesizer ausgeschmückt wird, vertraut live in entbeinter Form auf die pure, raue Kraft von Rockmusik (bis hin zu Rock‘n‘Roll-Partikeln), wird mit ausgedehnten Improvisationspassagen, die durchaus auch mal mit dem Jazz liebäugeln, angereichert. Dieses Vorgehen wird am deutlichsten in der über 30-minütigen siebenteiligen Suite „Hell“, die die Band hübsch auf ihre beiden jüngsten Alben verteilt hat, und nun gewissermaßen in einem Rutsch spielt. Hier steigern sich die Klangmonumente zu monströser Größe, bei der disharmonische Reibungen der ineinander verzahnten Gitarren ebenso zu konstatieren sind wie lyrische Momente, die geradezu in ihrer Klangpracht baden. Auch in diesem „elektrifizierten“ Set finden sich noch ältere Stücke wie „Serpentine“ oder „The Alchemyst“ neben Neuigkeiten wie „The Promise“ oder „The Magic and the Wonder“. Auch im 25. Jahr ihres Bestehens ist Motorpsycho eine schlichtweg faszinierende und begeisternde Band, die erst nach über zweieinhalb Stunden vom Publikum gnädig entlassen wird.