Lesum. Turnen, Akrobatik und Tanz – Cheerleading ist vielseitig und verlangt den Sportlerinnen eine Menge ab. Das wissen auch die Mitglieder der Cheerleader Bremen-Lesum, die zur Tanzsport-Abteilung des TSV Lesum Burgdamm gehören. In drei Gruppen trainieren die Cheerleader in der Lesumer Sporthalle Am Mönchshof, in der Sporthalle Burgdamm und am Steinkamp.
Wer sich an die typische Darstellung junger Cheerleaderinnen in US-Collegefilmen der 80er- und 90er-Jahre erinnert, hat vermutlich sogleich ein gewisses Klischee im Hinterkopf. Eine mehr oder weniger laut schnatternde Gruppe aufgekratzter, meist ein wenig naiver Mädchen führt, bunte Pompons in der Hand wedelnd, mit breitem Grinsen akrobatische Übungen aus, stapelt sich in abenteuerlichen Formen übereinander und feuert eine Fußballmannschaft an.
In die kernigen (American) Footballer sind nicht wenige der Cheerleaderinnen überdies im Lauf der Film-Handlung dann auch noch irgendwie verliebt. Regelmäßig tauchen in den Gazetten Bilder amerikanischer Berühmtheiten wie Madonna auf, die sie an ihrem einstigen College in Cheerleaderuniform an der Seite ihrer Mitstreiterinnen zeigen.
Die Cheerleader Bremen-Lesum (CBL) wissen, dass es mit diesem Klischee nicht allzu viel auf sich hat. Tatsächlich ist Cheerleading eine kräftezehrende Sportart, die aus Turnen, Akrobatik, Tanz und Showelementen zusammengesetzt ist. Die ursprüngliche Aufgabe war es tatsächlich, bei sportlichen Veranstaltungen oder Wettkämpfen die lokale Sportmannschaft anzufeuern und dabei das Publikum zu animieren. Inzwischen wird Cheerleading längst als eigenständiger Wettkampfsport betrieben. Das ganze Jahr über finden Meisterschaften auf nationaler und internationaler Ebene statt, auf die hin emsig trainiert wird.
„Five, six, seven, eight, ready!“ ruft Trainerin Lisa Jürries den Mädchen der „CBL-Tigers“ in der Lesumer Sporthalle am Steinkamp zu. Flugs formieren sich die jungen Sportlerinnen auf einer ausgerollten Matte gekonnt zu einem „Big A“. Diese Figur, die jede der Stuntgruppen aus dem Effeff beherrscht, erinnert an den ersten Buchstaben des Alphabets. Dabei ergeben drei Gruppen zusammen eine Pyramide.
„Eine Stuntgruppe besteht immer aus fünf Personen, nämlich zwei Bases, zwei Scoops und einem Flyer“, erklärt Trainerin Lisa Jürries. Veronica und Larissa sind in dieser Gruppe die beiden sogenannten Bases. Flyer Ronja, die mit ausgestreckten Armen oben thront und den höchsten Punkt einnimmt, steht mit ihren Füßen in den Händen der beiden Bases. Die beiden Scoops halten den Flyer fest – zunächst an der Hüfte, später an den Fußknöcheln. Ab und an kommt auch ein sogenannter Front zum Einsatz, der wiederum die Handgelenke der Bases festhält und zusätzlich stützt.
Ob Elements, Basket, Extensions, der Twist, bei dem sich der Flyer um die eigene Achse dreht oder der Liberty, bei dem der Flyer die Hände nach oben strecken muss: Die CBL-Tigers kennen diese Begriffe und die dazugehörigen Positionen alle in- und auswendig. Beim sogenannten Squeezing hält der Flyer die Beine relativ dicht beieinander.
„Wehleidig sein darf man hier möglichst nicht“, sagt eines der Mädchen bestimmt. Es könnte schließlich schon mal ein bisschen wehtun, wenn bei der Figur Basket der Flyer direkt auf den Fingerknöcheln der unten stehenden Bases throne. Ab und zu seien auch mal eine Prellung oder blaue Flecken an der Tagesordnung. Ernsthaftere Verletzungen kommen zum Glück seltener vor.
Gerade mal zwischen sieben und elf Jahren jung sind die Sweet Tigers, auch das „Pee Wee Team“ der CBL genannt. Nach den Junior Tigers folgen die Tigers als Gruppe mit den ältesten Mädchen. Der originelle Blickfang der schmucken Outfits sind buntglitzernde Schleifen und ein T-Shirt mit vereinseigenem Emblem, das die Bremer Stadtmusikanten zeigt. Den Hahn ganz oben auf der Tierpyramide ersetzt dabei passenderweise ein turnender Flyer. Bei Familienfeiern, Marathonläufen und Meisterschaften demonstrieren die Allrounderinnen bei ihren Auftritten ihre Vielseitigkeit. Diverse Stunts, Bodenturnübungen und eine Auswahl choreografierter Tänze verblüffen die Zuschauer immer wieder aufs Neue.
„Viele Jungs, die uns vorher vielleicht ein bisschen belächelt haben, staunen, was wir alles draufhaben, wenn sie uns performen sehen“, sagt Larissa Diern. Gemeinsam mit Veronica Ilinseer trainiert sie die Truppe der „Sideline Cheers“. Wer es in die prestigeträchtigen Reihen dieser Truppe schafft, darf die American Footballer der „Ritterhuder Badgers“ bei Heimspielen mit selbst geschriebenen Chants, also rhythmischen Gesängen, bei ihren Heimspielen anfeuern.
Jasmin Lindemann ist mit 18 Jahren die älteste der Tigers. „Da gehört viel Teamgeist dazu. Wir halten bei den Pyramiden ja den Flyer fest und wirbeln ihn auch mal in die Luft. Da muss er Vertrauen haben, dass wir ihn auch wieder auffangen, man muss das schon sehr ernst nehmen“, sagt sie. Mehr noch als bloße Kraft sei vor allem eine gewisse Körperspannung und Technik wichtig, bekräftigt denn auch Trainerin Lisa Jürries. Die 23-Jährige hatte vor zehn Jahren mit dem Hip Hop-Tanz begonnen. „Dann hab ich mal einen Auftritt von denen gesehen und gemerkt, dass Cheerleading viel cooler und abwechslungsreicher ist!“
Eine gewisse Spannung in Bauch und Rücken ist den Mädchen geradezu ins Blut übergegangen. Das klassische nachlässige Hohlkreuz ist verpönt. Bei den Tänzen, deren Choreografie meist gemeinsam erarbeitet wird, ist zudem ein breites Dauerlächeln Pflicht.
Zu dem Anforderungskatalog der anspruchsvollen Sportart gehört auch die möglichst fehlerfreie Präsentation diverser Bodenturnelemente. „Tumbling“ nennen die Cheerleaderinnen diesen Bereich, zu dem unter anderem ein Flic-Flac Salto und eine Radwende gehören. Bei den Regionalmeisterschaften Nord in Hamburg fanden sich die CBL-Tigers kürzlich im Mittelfeld wieder.
„Es geht uns aber vor allem um den Spaß“, beteuert Lisa Jürries. „Es gibt Teams, die trainieren viermal die Woche, die schaffen es dann auch nach ganz oben. Wir trainieren einmal in der Woche drei Stunden lang und setzen uns an unseren Cheer-Wochenenden auch schon mal gemütlich hin und essen Pizza“, erklärt die 23-Jährige lächelnd.
Nach einigen Aufwärm- und Dehnübungen ist es dann wieder soweit. Durchsetzt mit vielen Claps und Positionen wie dem High V und dem Half T tanzen die Mädchen einige Choreografien. Danach wird mit einem „Five six, seven eight, ready!“ wieder anmutigst eine Pyramide gebildet.
Die CBL-TIGER suchen immer nach neuen Mitgliedern zwischen sieben und 16 Jahren. Interessenten können sich bei Lisa Juerries unter lisa-juerries@hotmail.de melden. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.cheerleader-bremen.de.