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Clemens Fritz vor dem Bayern-Spiel "Es gibt immer Überraschungen"

Werder in der Krise, die Mannschaft in der Kritik: Aber wie viel Kritik ist eigentlich statthaft, wenn Werder am Sonnabend gegen die Bayern ran muss. Kapitän Clemens Fritz gibt Antworten.
13.10.2015, 00:00 Uhr
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Von Thorsten Waterkamp

Werder in der Krise, die Mannschaft in der Kritik: Aber wie viel Kritik ist eigentlich statthaft in einer Situation, die sich am Sonnabend durch die kaum lösbare Aufgabe Bayern München noch zu verschärfen droht. Kapitän Clemens Fritz sprach mit Thorsten Waterkamp darüber, was erlaubt ist und was nicht – und was Werder für eine Wende braucht.

Herr Fritz, Stichwort Nationalmannschaft, Stichwort Max Kruse...

Clemens Fritz: Kam rein, erster Ballkontakt, hat das Tor gemacht. Hat er gut gemacht.

Welchen Erinnerungen haben Sie an ihn?

Er hat bei Werder den Nachwuchs durchlaufen, hat bei uns mittrainiert. Hat er nicht auch sein Bundesliga-Debüt bei uns gemacht?

Ja. Ein Spiel für Werder in der Liga, vor etwa acht Jahren.

Ja, ich erinnere mich. Dann hat er den Weg über die zweite Liga gesucht.

Das war eine andere Zeit?

Ja, das ist schwer mit der aktuellen Situation zu vergleichen. Es war für ihn vom Konkurrenzkampf in unserem Kader extrem schwierig.

Das ist heute völlig anders. Werder ist auf die jungen Spieler angewiesen. Aber haben es die Jungs auch wirklich leichter?

Es ist grundsätzlich leichter, sich anzubieten oder ein Zeichen zu setzen, natürlich. Der Blick liegt intensiver auf dem eigenen Nachwuchs, weil er die Zukunft von Werder Bremen ist.

Zwangsläufig.

Durch die wirtschaftliche Situation sicher auch zwangsläufig, aber Werder hat schon immer auf seinen eigenen Nachwuchs gesetzt. Das war damals nicht anders. Man darf die Erwartungen an die jungen Spieler aber nicht zu hoch hängen.

Passiert das?

Nein. Wenn man das Leistungszentrum durchläuft, dann sind ja schon Erwartungen da. Jeder hat selbst an sich eine Erwartungshaltung. Und mit Erwartungen muss man umgehen. Aber man muss den Jungen auch die Zeit geben, es geht ja nicht immer nach oben.

Werden junge Spieler ungerecht behandelt, wenn zu viele Erwartungen an sie herangetragen werden? Der Fan ist gerne ungeduldig.

Wenn man zum Bundesligakader von Werder Bremen gehört, ist immer eine gewisse Erwartungshaltung da, das gilt aber für alle Spieler – egal ob jung oder alt. Und Kritik? Jeder muss sich der Kritik stellen, aber dabei sollte man nicht vergessen, dass sich junge Spieler immer noch weiterentwickeln. Und in diesem Prozess muss man ihnen die Zeit geben und nicht alles zu kritisch beäugen.

Zurzeit wird die gesamte Mannschaft kritisch beäugt. Zurecht?

Das ist doch der normale Lauf. Wenn man gewinnt, gibt es schon mal derart viel Lob, dass wir Spieler sagen: Jetzt lasst mal die Kirche im Dorf. Jetzt haben wir viermal in Folge verloren, und dreimal davon in Spielen, in denen sich wirklich jeder mehr ausgerechnet hat. Klar, dass die Kritik kommt.

Sie meinen die Spiele gegen die Aufsteiger und in Hannover.

Na ja, man sieht, dass sich auch andere Vereine gegen die Aufsteiger schwer tun. Aber wir haben uns das selbst zuzuschreiben – die Niederlagen gegen Darmstadt, Ingolstadt und Hannover ärgern uns. Gegen Hannover zum Beispiel waren wir nicht zwingend genug. Die Chancen waren ja da, aber wir haben sie nicht genutzt – diesen Schuh müssen wir uns anziehen. Leverkusen sehe ich anders: Das war vor allem nach der Pause ein sehr starkes Spiel der Leverkusener. In der ersten Halbzeit haben wir sehr gut mitgehalten, aber nach der Pause hat man gemerkt, dass Leverkusen eine hohe Qualität besitzt.

Das wird gegen die Bayern am Sonnabend kaum anders sein. Wäre es gerechtfertigt, nach einer Niederlage gegen die Bayern mit der Kritik anzuziehen, nur weil es die fünfte Niederlage in Serie wäre?

Bayern ist ein Bundesliga-Spiel...

...aber kein normales!

Das ist ein Spiel gegen die wahrscheinlich beste Vereinsmannschaft der Welt. Wir müssen das Bestmögliche aus dem Spiel machen und mutig und selbstbewusst in das Duell gehen. Es gibt immer Überraschungen. Dass wir auf eine wahnsinnig gute Mannschaft treffen, darüber brauchen wir nicht zu reden – wir müssen über unsere Leistungsgrenzen hinausgehen.

Fällt das schwerer, wenn im Vorfeld der Sportchef sagt, in der Partie sei eigentlich nichts zu holen, und der Trainer von einem Bonus-Spiel spricht?

Ist das so? Ich weiß gar nicht, wann sie das gesagt haben.

Nach dem Hannover-Spiel.

Sie wollten mit diesen Aussagen sicher auch den Druck ein wenig rausnehmen. Seien Sie sicher: Bei Werder schenkt sicher niemand das Spiel vorher ab. Man muss seine Chancen suchen, dann wird man sehen, was dabei herauskommt.

Wann muss Werder für die Wende sorgen?

Sobald wie möglich.

Wenn nicht gegen die Bayern, dann in Mainz?

Wir müssen die Situation einfach so annehmen, wie sie ist. So wie im vergangenen Jahr. Wir dürfen nicht davon reden, dass wir noch am Anfang der Saison stehen und dass noch Zeit ist. Das ist der falsche Weg. Wir müssen konzentriert jedes Spiel angehen – so haben wir im vergangenen Jahr den Umbruch eingeleitet. Und das müssen wir jetzt auch tun. Und zwar schnellstmöglich. Am besten: sofort!

Gibt’s in der jetzigen Situation eigentlich Tabus auch für die Fans?

Eins ist klar: Es ist legitim, dass Pfiffe kommen, wenn du als Mannschaft schlecht spielst. Dem werden wir uns auch stellen.

Pfiffe sind das eine. Aber mittlerweile wird ja schon der Trainer hinterfragt. Gibt es eine Grenze für Kritik?

Ja, wenn sie persönlich wird. Aber wir haben ein sehr gutes Verhältnis zwischen Fans und Mannschaft.

Welchen Impuls braucht es denn, um den Abwärtstrend umzukehren?

(lacht) Einen Sieg.

Das wäre der Brustlöser?

Wenn man mal das Hannover-Spiel sieht: Wir haben ja spielerische Lösungen gefunden und auch Chancen herausgespielt. Das sind alles positive Ansätze. Aber im Endeffekt kannst du dir nichts davon kaufen, wenn du in Hannover 60 Prozent Ballbesitz hattest und 55 Prozent der Zweikämpfe gewonnen hast – und am Ende null Punkte dastehen. Mir ist die Statistik egal. Lieber wären mir drei Punkte und wir erklären dann, warum wir nur 45 Prozent der Zweikämpfe gewonnen haben.

Stimmt es, dass Werder mit viel Ballbesitz wenig anfangen kann? So jedenfalls lassen sich die meisten Spielstatistiken deuten.

(lacht) Wenn das so ist, wären es ja gute Voraussetzungen fürs Wochenende. Da werden wir wahrscheinlich nicht ganz so viel Ballbesitz haben...

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