Opfer des Nationalsozialismus
Stolpersteine in Bremen und ihre Geschichten
Hinter jedem Stolperstein steckt die Lebensgeschichte eines Menschen, der NS-Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Auch viele Bremer verloren so ihr Leben. Wir beleuchten einige ihrer Biografien.
Walle, Waller Heerstraße 50: David und Clara Posener heirateten 1919, lebten in Walle und bekamen 1924 ihren Sohn Manfred. David Posener arbeitete als Handelsvertreter für Bremer Zigarrenfabriken. Im Ersten Weltkrieg hatte er für Deutschland in Russland gekämpft und fühlte sich daher, obwohl er Jude war, auch nach Beginn des NS-Regimes sicher. Ab 1938 durften Juden allerdings nicht mehr als Handelsvertreter arbeiten, die Familie zog in eine Wohnung in der Synagoge in der Gartenstraße (heute Kolpingstraße), wo David Posener fortan Hausmeister war. Schließlich wurde die Familie Opfer der Reichspogromnacht: Nazis brannten die Synagoge ab, die Wohnungseinrichtung der Familie wurde vollständig zerstört.
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David Posener kam ins KZ Sachsenhausen und wurde zwei Wochen später entlassen. Die Poseners wanderten erst nach Finnland aus, mussten das Land aber schon nach drei Monaten wegen fehlender Aufenthaltsgenehmigung verlassen. Schließlich lebten sie in Brüssel. 1940, direkt nach Einmarsch der deutschen Truppen in Belgien, wurde David Posener verhaftet und ins Lager Gurs in Frankreich deportiert. 1943 wurde er, vermutlich in Auschwitz, ermordet. Seine Frau Clara stand in der Warteschlange vor einem Lebensmittelgeschäft, als sie verhaftet wurde. Sie kam in Auschwitz ums Leben. Sohn Manfred wurde bereits 1942 als 18-Jähriger in Auschwitz ermordet.
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Walle, Elsflether Straße 29: Franz Pieper gehörte den Zeugen Jehovas an, die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten den „Deutschen Gruß“ verweigerten. Sie waren deshalb regelmäßig Diskriminierungen ausgesetzt. Franz Pieper arbeitete seit 1926 bei der Reichsbahn, die den „Deutschen Gruß“ 1933 einführte. Weil er sich konsequent weigerte, musste er 50 Reichspfennig Strafe zahlen und wurde abgemahnt. Neben den religiösen Gründen waren es auch seine Erfahrungen während des Ersten Weltkriegs, die ihn dem NS-Regime trotzen ließen: Damals kam er als Soldat in Kriegsgefangenschaft.
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Als Pieper 1937 ein Treuegelöbnis zum NS-Regime ablehnte, wurde er von der Reichsbahn fristlos entlassen. Laut seiner Personalakte sagte er damals: „Aufgrund meines selbstständigen Denkens und der Bibel sowie meinen Erfahrungen im Weltkriege und in der Gefangenschaft habe ich meine eigenen Anschauungen.“ 1939 wurde er zur Wachkompanie in Farge einberufen, lehnte aber dort den Fahneneid ab. Wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ wurde er zum Tode verurteilt. 1940 wurde er in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
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Schwachhausen, Scharnhorststraße 121: Alfred Heinemann stammte aus einem vermögenden Elternhaus und arbeitete zunächst bei verschiedenen Banken in Frankfurt und Berlin. Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg zog er zurück nach Wildeshausen. Dort übernahm er das Textilgeschäft seiner Eltern, die beide gestorben waren. Das Geschäft lief zunächst prächtig – bis 1933 der Judenboykott begann: Die Umsätze sanken deutlich, im Jahr 1938 verkaufte Heinemann fast nichts mehr.
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In der Reichspogromnacht plünderten SA-Männer das letzte verbliebene jüdische Geschäft in Wildeshausen. Heinemann wurde verhaftet und ins KZ Sachsenhausen deportiert. Sein Geschäft wurde inzwischen verkauft, der Erlös fiel an das Deutsche Reich. 1939 konnte er nach Wildeshausen zurückkehren, wurde allerdings bald darauf aus der Stadt vertrieben. Ab April 1940 lebte Heinemann im „Judenhaus“ in der Scharnhorststraße 121. Am 18. November 1941 wurde er – wie alle anderen Bewohner des Hauses – ins Minsker Ghetto deportiert. Dort kam er ums Leben.
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Schwachhausen, Elsässer Straße 114: Mehr als 30 Jahre lang führte Siegmund Cohen gemeinsam mit seiner Frau Klara ein Manufakturgeschäft in Osterholz-Scharmbeck – bis das Geschäft wegen des Judenboykotts 1934 in Konkurs ging. Klara und Siegmund mussten mit Tochter Hanny von der Bahnhofstraße in die Lindenstraße ziehen. Vier Jahre später, in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938, drangen SA-Männer in die Wohnung ein. Sie misshandelten Siegmund so schwer, dass er am 20. November an den Folgen der Verletzungen starb.
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Klara und Hanny wurden in ein Bremer „Judenhaus“ in der Elsässer Straße 114 umgesiedelt. Von dort wurden sie – wie auch alle anderen Hausbewohner – am 18. November 1941 nach Minsk deportiert. Ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt. Sie kamen entweder bereits im ersten Winter oder 1942 bei den Massentötungen ums Leben.
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Innenstadt, Knochenhauerstraße 41/42: Wolfgang Wille, geboren 1900, kam bereits mit 20 Jahren erstmals in die Bremer Nervenklinik – nachdem er aus dem Geschäft seines Vaters Zigaretten entwendet hatte. Schließlich wurde bei ihm „Psychopathie“ festgestellt, trotz der Diagnose wurde er jedoch entlassen. 1928 wurde er erneut eingewiesen - diesmal dauerhaft: Durch Lachen, Kopfschütteln und Händereiben sei er immer wieder auf der Straße auffällig geworden. 1934 wurde er „zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ sterilisiert.
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Als die Bremer Nervenklinik im November 1943 bombardiert wurde, wurden mehr als 300 Patienten in die Heilanstalt Meseritz bei Frankfurt/Oder deportiert, weil sie nicht als nützlich für die Aufräumarbeiten gesehen wurden. Dort wurden die Patienten durch Spritzen oder Nahrungsentzug umgebracht – alleine aus Bremen starben dort 266 Menschen. Wolfgang Wille gehörte zu ihnen. Am 13. März 1944 starb er. Er wurde 44 Jahre alt.
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Innenstadt, Am Brill: Heinrich Bialystock war Eigentümer des Bekleidungsgeschäftes Adler am Brill. Zusammen mit seiner Frau Franja und den Kindern Martin und Miriam lebte er in Bremen und hatte sich seit seiner Ankunft kontinuierlich verbessert: Zunächst betrieb er ein Trödler-Geschäft in Walle, dann ein Herrenkonfektionsgeschäft in der Doventorstraße und schließlich seit 1926 das Haus mit der exponierten Lage am Brill. Mit Beginn der NS-Zeit litten die Bialystocks unter dem Judenboykott; Heinrich Bialystock kam zwischenzeitlich sogar ins Gefängnis, weil er "parteiähnliche Uniformen" verkauft habe. 1938 wanderte er in die Niederlande aus, seine Frau blieb mit den Kindern in Bremen und erhielt die Erlaubnis für einen Ausverkauf. Weil in den drei Schaufenstern große gelbe Plakate mit der Aufschrift „Jüdisches Geschäft“ angebracht werden mussten, blieb jedoch die Kundschaft aus. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 demolierten die Nazis das Geschäft; Franja flüchtete mit den Kindern zu einer Familie.
Staatsarchiv Bremen
Das benachbarte C&A-Kaufhaus riss sich das Bialystock-Haus im September 1938 für einen Spottpreis unter den Nagel. Wie das Unternehmen heute selbst sagt, habe es „erheblich von der Verdrängung der Juden aus dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben“ profitiert. Heinrich, Franja und Miriam Bialystock lebten zuletzt in Antwerpen, bis die Stadt von der Wehrmacht besetzt wurde. 1942 wurden die drei von der Gestapo verhaftet und in Auschwitz ermordet. Sohn Martin wanderte 1940 nach Palästina aus. Er lebt heute in der Nähe von Tel Aviv.
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Innenstadt, Am Wandrahm 23: Kurt Elvers lebte zunächst in Hamburg und wurde im August 1939 als 19-Jähriger zur Wehrmacht einberufen. Bis Anfang 1941 war er in der Normandie stationiert, anschließend in Polen und in der Sowjetunion. Im Oktober 1941 wurde er durch einen Querschläger am Oberarm verletzt. So kam er im Januar 1942 nach Bremen. Während seiner Rehabilitation gewann er einen Wettbewerb für Freizeitgestaltung und konnte so ab 1944 ein Studium an der Nordischen Kunsthochschule in Bremen am Wandrahm beginnen. Als Kurt Elvers im Sommer 1944 von dem missglückten Stauffenberg-Attentat auf Hitler erfuhr, soll er zu einigen Mitstudenten gesagt haben: „Schade, dass es nicht geklappt hat, sonst hätten wir jetzt Frieden.“
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Eine Studentin, die dabei war, war entsetzt: „Ich war als Deutsche darüber empört, dass in einer Zeit, als die letzten Kräfte der Nation eingesetzt wurden, in heimtückischer Weise gegen die Kriegsführung gehetzt und dadurch die Siegesmöglichkeit gefährdet wurde.“ Kurt Elvers wurde schließlich bei der Gestapo denunziert. Von einem Kriegsgericht in Verden wurde er im Oktober 1944 zum Tode verurteilt. Alle verzweifelten Versuche seines Vaters, eine Begnadigung zu erreichen, brachten nichts. Elvers wurde am 20. Februar 1945 in Hamburg erschossen. Der Hauptdenunziant wurde nach Kriegsende zwar zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt, musste die Strafe aber nicht antreten. Die Bremer Staatsanwaltschaft stellte 1960 alle Ermittlungen ein. Heute erinnert ein Stolperstein vor der ehemaligen Nordischen Kunsthochschule am Wandrahm an Kurt Elvers.
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Schwachhausen, Hermann-Böse-Straße: Hermann Böse arbeitete als Musiklehrer am Bremer Realgymnasium und war Leiter des Schülerorchesters. Politisch war er nebenbei in der SPD aktiv, trat dort aber während des Ersten Weltkriegs aus: Er lehnte den Krieg ab und wollte einen revolutionären Umbruch herbeiführen. 1918 trat er in die KPD ein und wurde 1919 in der sozialistischen Bremer Räterepublik „Leiter des Volkskommissariats für Schul- und Bildungswesen“. 1920 zog er sich aus der Politik zurück und arbeitete wieder als Lehrer – bis 1933, als er aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste. Die Nazis kürzten seine Pension wegen seiner KPD-Mitgliedschaft, sodass er weiterhin als privater Musiklehrer arbeiten musste.
jmt
Als der Zweite Weltkrieg begann, hatte Böse Kontakte zur Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe, die mit Flugblättern Widerstand leistete. 1942 wurden die meisten Mitglieder festgenommen. Dadurch wurde die Gestapo auf Böse aufmerksam und nahm ihn ebenfalls fest. 1943 wurde er ins Zuchthaus Fuhlsbüttel deportiert. In der Haft sprach er seinen Mitgefangenen weiter Mut zu. Einer von ihnen sagte später: „Hermann Böse strahlte eine Würde aus, die sogar die SS-Scheiche beeindruckte“. Völlig entkräftet wurde Böse am 14. Juli entlassen und starb drei Tage später an den Folgen der Haft. Das ehemalige Realgymnasium ist heute nach ihm benannt: Hermann-Böse-Gymnasium.
jmt
Östliche Vorstadt, Berliner Straße 16: Der Tischler Karl Metz nahm als Wehrpflichtiger am Ersten Weltkrieg teil. Von 1916 bis 1920 war er in Kriegsgefangenschaft. Anschließend trat er der KPD bei und geriet nach Machtübernahme der Nazis häufig ins Visier der Gestapo. Ende Mai 1943 wurde er für eine Woche in "Schutzhaft" genommen. Zwei Monate später besuchten Karl Metz und seine Tochter Waltraud Verwandte in der Nähe von Danzig. Seine Schwester war - zusammen mit anderen Bauern - dorthin umgesiedelt worden. Auf dem Hof kam es zu einem Gespräch mit einem anderen Bauern. Währenddessen soll Karl Metz "abfällige Äußerungen über den Führer und die Partei sowie über deutsche Offiziere" gemacht haben. Nach seiner Ansicht würden die Kommunisten siegen. Metz wurde von dem Bauern denunziert, kam in das Konzentrationslager Gotenhafen und wurde 1943 wegen "Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung" hingerichtet.
Daniel Stöckel
Neustadt, Große Johannisstraße 85: Martin und Henriette Herz hatten ein Schuhgeschäft in Blumenthal, in dem auch ihre drei Kinder mitarbeiteten. Mit Beginn des Judenboykotts 1933 waren Henriette und Martin Herz auf die finanzielle Unterstützung ihrer Kinder angewiesen. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde Martin Herz verhaftet und kam ins Konzentrationslager. Nach einigen Wochen wurde er entlassen. Mit seiner Frau zog er ins „Judenhaus“ in der Großen Johannisstraße 85, in dem auch die jüdischen Familien Cohen, Fink und Wallheimer lebten. Die Finks und Cohens wurden bereits am 18. November 1941 nach Minsk deportiert und dort ermordet. Henriette und Martin Herz wurden am 23. Juli 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert und von dort am 23. September 1942 ins Vernichtungslager Treblinka in der Nähe von Warschau. Dort wurden sie ermordet. Calmer und Julie Wallheimer kamen ebenfalls ins Ghetto Theresienstadt und starben dort.
jmt
Vegesack, Eberthöhe 9: Bernhard Göhner arbeitete auf der Vulkan-Werft, war KPD-Mitglied und Gewerkschaftsfunktionär. Im März 1933 – kurz nach Machtergreifung der Nazis – wurde er wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verhaftet, weil er NS-Parteigrößen als „Abenteurer“ und „Parasiten“ bezeichnet haben soll. Nach fünf Monaten im KZ Esterwegen wurde er entlassen, war wegen der Misshandlungen aber arbeitsunfähig. Im Oktober 1936 floh er in die Niederlande und ließ seine Familie zurück in Bremen. Seine Frau Margarete und die beiden Töchter wurden nach der Flucht ständig überwacht.
jmt
Im Dezember 1936 wurde Margarete Göhner verhaftet. Weil sie den Aufenthaltsort ihres Mannes aber entweder nicht kannte oder nicht verraten wollte, wurde sie von der Gestapo misshandelt. Eine Mitinhaftierte berichtete, sie habe immer wieder die Treppe im Gefängnis hochkriechen müssen und sei dann wieder hinuntergeworfen worden. Am 12. Dezember starb sie an den Folgen. Bernhard Göhner überlebte den Zweiten Weltkrieg und starb 1974. Zwar wurde er 1940 von der Wehrmacht verhaftet, 1944 aber wieder entlassen. Auch in den Niederlanden leistete er Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
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Vegesack, Beckedorfer Straße 13: Stefan Lovász wohnte bis 1907 in Österreich. Weil sein Vater als Sozialdemokrat politisch verfolgt wurde, zog seine Familie nach Bremen. Lovász machte eine Lehre als Modelltischler bei der Vulkan-Werft und trat 1930 in die KPD ein. Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wurde er von den Schlägertrupps der SA gesucht. Lovász kam vorübergehend bei Freunden in Lesum unter und lebte dort auf dem Dachboden. Von 1934 an wurde er steckbrieflich gesucht - wegen "Vorbereitung zum Hochverrat".
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Stefan Lovász floh zunächst nach Zürich und wurde später KPD-Bezirksleiter in Württemberg. In dieser Funktion gelangte er an Informationen über die geheime Aufrüstung Deutschlands, wie die Produktion von Kampfflugzeugen in Friedrichshafen. Über Zürich leitete er dies an den Nachrichtenapparat der KPD. Am 15. Juni 1935 wurde Lovász in Stuttgart von der Gestapo verhaftet - er wurde zuvor von einem Denunzianten innerhalb der KPD verraten. 1937 wurde Lovász wegen "Vorbereitung zum Hochverrat unter erschwerenden Umständen" zum Tode verurteilt und 1938 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Ein an seine Familie gerichteter Abschiedsbrief wurde nie zugestellt.
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Burglesum, Bremerhavener Heerstraße 18: Das jüdische Ehepaar Adolph und Martha Goldberg war in Lesum überaus beliebt: Adolph Goldberg arbeitete als Arzt, seine Frau Martha leitete die Praxis. Die beiden waren sozial engagiert und halfen aus eigenen Mitteln notleidenen Menschen, kochten zum Beispiel für kinderreiche Familien. Während der Massenarbeitslosigkeit am Ende der Weimarer Republik behandelte Adolph Goldberg kostenlos Patienten mit wenig Geld. Nach dem Selbstmord ihres Sohnes und der Auswanderung ihrer beiden Töchter in die USA in den 1930er-Jahren vereinsamte das Ehepaar zusehends; der Aufruf der Nazis zum Judenboykott tat sein Übriges.
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Während der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden Adolph und Martha Goldberg vom SA-Oberscharführer August Frühling erschossen. Frühling wurde nach Kriegsende zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, aber schon 1951 aus der Haft entlassen. In Burglesum erinnert seit 1985 der Goldbergplatz an das ermordete Ehepaar.
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Gröpelingen, Oslebshauser Heerstraße 71a: Georg-Karl-Wilhelm Steeneck, kurz Wilhelm, war genau wie seine Eltern Bäcker und arbeitete nach seiner Lehre bei Knigge in der Sögestraße in der Familien-Bäckerei in Walle mit. Schon während dieser Zeit hatte er sexuelle Kontakte zu anderen Männern. Anfang der 1930er-Jahre wurde er dafür erstmals wegen „widernatürlicher Unzucht“ zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Bäckerei lief anschließend schlecht: Viele Kunden mieden den Betrieb wegen der Vorstrafe von Wilhelm Steeneck. 1938 musste die Mutter das Haus samt der Bäckerei verkaufen, der Vater starb bereits vorher bei einem Verkehrsunfall.
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Wilhelm Steeneck fand zunächst Arbeit im Teehandelsbetrieb Schilling, später restaurierte er Passagierschiffe. Ende der 1930er-Jahre wurde er erneut wegen „widernatürlicher Unzucht“ verurteilt. Bis 1943 war er im Zuchthaus Oslebshausen inhaftiert, wo er bereits unterernährt und gesundheitlich angeschlagen war. Im März wurde er wegen der weiter verschärften Schwulenverfolgung ins KZ Neuengamme deportiert. Dort starb er bereits nach 45 Tagen. Der Stolperstein in der Oslebshauser Heerstraße befindet sich vor dem Elternhaus von Wilhelm Steeneck.
Weitere Geschichten hinter den Bremer Stolpersteinen lesen Sie hier.
Hinter jedem Stolperstein steckt die Geschichte eines Menschen, der NS-Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Sie sind europaweit zu finden, und auch in Bremen gibt es zahlreiche davon - insgesamt rund 760 .(Stand Oktober 2023)
Wir machen einen Rundgang zu den Bremer Stolpersteinen und beleuchten die Biografien einiger Bremer, die Opfer der Nazi-Gräueltaten wurden. Nach einigen von ihnen sind heute sogar Plätze oder Schulen benannt - beispielsweise nach dem Arzt Adolph Goldberg und dem Lehrer Hermann Böse.