Während es für manche Passagiere mit der 3 nach Gröpelingen oder mit der 10 nach Sebaldsbrück geht, fährt an diesem Morgen auch die Linie „Fahrschule“. So steht es außen an der Straßenbahn, die vom Betriebshof der BSAG am Flughafen bis nach Borgfeld fährt. Damit sich die Weichen für die Fahrschulbahn auch dementsprechend stellen, ist sie im internen System erst als Linie 6 und später als Linie 4 unterwegs.
In der geräumigen Kabine der „Nordlicht“, wie das neueste Straßenbahnmodell heißt, steht Fahrlehrerin Diana Sünramm. Auf dem Fahrersitz neben ihr wechseln sich die vier Fahrschüler ab. Alle vier sind Quereinsteiger. Einer von ihnen ist Philipp Hernier. Hernier, der zuvor im Hotelgewerbe gearbeitet hat, ist für seinen Traumjob von Bremerhaven nach Bremen gezogen. Schon als Kind sei er begeistert von Straßenbahnen gewesen – „auf die Ausschreibung musste ich mich bewerben“, sagt der 28-Jährige.
Der Berufsverkehr ist abgeklungen. Entlang der Stationen „Domsheide“ und „Am Dobben“ geht es im Anschluss durch Schwachhausen bis zum Borgfelder Bahnhof. „Fahrschüler schicken wir nicht direkt auf die viel befahrenen Linien“, sagt Sünramm. Das Viertel sei etwa anspruchsvoller als die Außenbezirke. Die Fahrlehrerin weiß, dass sich in der Anfangszeit die ruhigeren Strecken besser zum Üben eignen.
- Einsteigen und mitfahren - im Video: Die Linien 3 und 4 der BSAG
Insgesamt sind 125 Straßenbahnfahrzeuge im Netz der BSAG unterwegs, die minütlich Fahrgäste zu ihren Zielen bringen. Dabei ist nicht nur der Fahrplan auf die Minute genau getaktet, sondern auch der Ausbildungsplan: Mit dem Theorieunterricht beginnt der Tag für die Fahrschüler um sechs Uhr, um neun Uhr geht es für den praktischen Teil zu den Fahrzeugen und wenn es 14.12 Uhr schlägt, ist Feierabend. Bis dahin haben die Fahrschüler aber noch Arbeit vor sich: Auf geplante 54 Fahrminuten soll jeder von ihnen heute kommen.
Im Fahrgastbereich mit gutem Blick auf die Fahrerkabine steht Jan Laue, der beruflich quasi zweigleisig fährt. Laue macht seine Ausbildung zum Fahrlehrer, Straßenbahnfahrer ist er bereits. „Manche denken, bei der Arbeit würden wir nur rumsitzen, dabei ist man danach ganz schön platt“, sagt Laue. Man müsse mehrere Stunden am Stück höchst konzentriert sein, das schlauche schon.
Dabei gebe es besonders anspruchsvolle Streckenabschnitte: Das verstärke sich, wenn wegen Werder-Heimspielen besonders viele Menschen in Bremen sind: „Bei einem Fußballspiel fahren wir mit etwa 200 Menschen durch die Stadt“, sagt Laue. Beim Gedanken der dicht an dicht gedrängten Fans hört so manch Element-of-Crime-Fan die Stimme des Frontsängers Sven Regener: „Und wenn du einsteigst, bin ich lang schon eng befreundet, mit den Leuten, die auf meinen Füßen steh‘n.“