Offshore-Terminal Bremerhaven Die Meinungen zum OTB sind unterschiedlich
Das Offshore-Terminal Bremerhaven ist umstritten. Der WESER-KURIER hat sich
Jörg Kastendiek, Landesvorsitzender der CDU Bremen: „Der OTB ist für Bremerhaven das wichtigste Infrastrukturprojekt der kommenden Jahrzehnte. Nur mit einem Schwerlasthafen kann die Seestadt ihre Wettbewerbsfähigkeit als Offshore-Standort sichern und bis zu 14 000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Innerkoalitionäre Streitigkeiten und dilettantische Planung haben jedoch dazu geführt, dass der OTB bereits seit sechs Jahren verschleppt wird. Als Folge dessen stehen Wirtschaftlichkeit und Genehmigung inzwischen auf der Kippe. Die Ausweitung als Schwerlasthafen erscheint daher sinnvoll. Damit es überhaupt vorangeht, braucht es aber vor allem eines: endlich Einigkeit und eine klare Haltung der Koalition.“

Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer und I. Syndicus der Handelskammer Bremen − IHK für Bremen und Bremerhaven: „Für die Handelskammer Bremen ist und bleibt der Offshore-Terminal (OTB) eines der zentralen Projekte in Bremerhaven. Das Bauvorhaben wird die Infrastrukturbedingungen in der Seestadt wesentlich verbessern und private Investitionen nach sich ziehen. Natürlich birgt das auch Risiken für die öffentliche Hand. Wir sind aber überzeugt, dass sich das Angebot seine Nachfrage verschaffen wird und damit die Chancen überwiegen.“

Melf Grantz (SPD), Oberbürgermeister Bremerhavens: „Bremerhaven ist mit seiner Firmen- und Forschungsstruktur ein zentraler Standort der deutschen Windenergie-Branche. Der Bau des OTB ist ein weiterer notwendiger Baustein in dieser vielfältigen Infrastruktur. Wir stehen mit der Energiewende am Beginn eines umfassenden technologischen Umbruchs. Das wird die Industrie die nächsten Jahrzehnte beschäftigen. Und unter den erneuerbaren Energiequellen hat die Offshore-Windenergie die größten Leistungspotenziale. Wir dürfen also unsere Perspektive zeitlich, aber auch räumlich nicht einengen, denn wir haben einen weltweiten Markt vor uns, an dem Bremerhaven partizipieren kann und muss.“

Andreas Wellbrock, Geschäftsführer der Windenergie-Agentur WAB: „Die WAB begrüßt das Engagement der Länder zum Auf- und Ausbau der Windenergie als Voraussetzung für das Erreichen der Klimaschutzziele ausdrücklich. Daneben hat die Offshore-Windenergie inzwischen eine große industriepolitische Relevanz für ganz Deutschland. Damit die deutschen Produzenten in den internationalen Märkten wettbewerbsfähig sein können, sind effiziente Logistikprozesse zwingend erforderlich. Für die erfolgreiche Entwicklung der Produzenten und den Erhalt der vielen industriellen Arbeitsplätze am Standort Bremerhaven ist der Bau des OTB entscheidend.“

Uwe Beckmeyer (SPD), Bundestagsabgeordneter für Bremen/Bremerhaven: „Für das Gelingen der Energiewende ist der Ausbau der Offshore-Windenergie unabdingbar. Dabei kommt dem OTB eine zentrale Rolle zu. Andere Standorte sind für die Industrie in Bremen und Bremerhaven keine Alternative; denn schwere Anlagenteile müssen vor Ort verschifft werden. Das senkt Kosten und stärkt die Investitionsbereitschaft. Nur wenn Herstellung, Logistik und Betrieb der Anlagen künftig deutlich günstiger werden, kann die Branche ihr Potenzial nutzen – und so Arbeitsplätze und Wachstum in Bremerhaven und der gesamten Region sichern.“ Uwe Beckmeyer, Bundestagsabgeordneter für Bremen/Bremerhaven und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie

Martin Rode, Landesgeschäftsführer des BUND Bremen: „Die Luneplate, Bremens größtes Naturschutzgebiet, beherbergt die wertvollsten Watt- und Flachwasserbereiche in der extrem stark überbauten Brackwasserzone der Wesermündung. Genau hier soll der OTB gebaut werden, im international bedeutsamen Vogelrastplatz. Der deichhohe Baukörper, der weit in den Fluss vorspringt, wird durch seine Düsenwirkung auch die verbleibenden Wattflächen verändern. Ist doch klar, dass das für die Natur ein großes Problem ist. Der falsche Ort für einen Hafenbau. Es ist aber auch rechtlich ein großes Problem, denn Naturzerstörung im Naturschutzgebiet kann nur ausnahmsweise und zwar bei herausragendem öffentlichem Interesse, unabweisbarem Bedarf und Alternativlosigkeit des Standortes genehmigt werden. Der Offshore-Terminal als Vormontage- und Verladehafen für Offshore-Windparks wird angesichts der Entwicklungen der Offshore-Windindustrie insgesamt und speziell in Bremerhaven nicht (mehr) gebraucht. Bremerhaven hat zudem bereits drei Schwerlastkajen für den Umschlag von Offshore-Windkraftanlagen. Alle drei sind nicht ausgelastet. Herausragendes öffentliches Interesse am teuren OTB besteht einfach nicht. Klar ist, dass Bremerhaven händeringend Lösungen braucht. Der OTB als große unflexible Betonplatte in der Weser wird die Überwindung der Strukturschwäche nicht herbeiführen. Sinnvoller sind Investitionen in den Bremerhavener Wissenschaftsstandort und in sanierungsbedürftige Hafenanlagen ohne Naturzerstörung.“

Hauke Hilz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP in der Bremischen Bürgerschaft: „Bremerhaven kann einen Multifunktionsschwerlastterminal gut gebrauchen. Aber das, was der Senat als OTB plant, kommt zu spät, ist am falschen Standort, falsch ausgerichtet, falsch geplant und viel zu spät. Wie es richtig geht, zeigt Cuxhaven: Dort werden bereits seit 2008 Großteile für die Offshore-Windenergie vom fertigen Terminal verschifft. Das zeigt mal wieder, dass man rechtzeitig öffnende Märkte erkennen und vorbereitet sein muss. Die niedersächsische FDP in Regierungsverantwortung hat den Offshore-Terminal Cuxhaven realisiert. Der rot-grüne Senat in Bremen läuft nur offenen Märkten hinterher.“

Ralph Saxe, Vorstandssprecher des Landesverbands der Grünen Bremen: „Für das Gelingen der Energiewende ist Offshore ein unverzichtbarer Baustein. Die schwarz-rote Bundesregierung hat die Offshore-Energie stark ausgebremst. Nach der Bundestagswahl 2017 hoffen wir auf einen erneuten Schub für Offshore. Für den Standort Bremerhaven ist der OTB von größter Bedeutung. Beschlossen wurde ein Terminal für die Offshore-Windindustrie und eben kein reiner Schwerlasthafen im sensiblen Naturgebiet. Ich hoffe, dass sich in der Zeit bis zum Gerichtsurteil die Rahmenbedingungen verbessern und die Wirtschaftlichkeit gut dargelegt wird.“

Nelson Janßen, Abgeordneter aus Bremerhaven und umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke: „Ob der OTB gebaut werden darf, klären aktuell die Verwaltungsgerichte. Unabhängig davon muss die Politik ernsthaft die ökonomischen und energiepolitischen Rahmenbedingungen überprüfen: Lohnt sich der OTB nach all den Verzögerungen noch? Gibt es absehbar genügend Offshore-Umschlag, um den Terminal auszulasten und rentabel zu betreiben?
Die Linke hat da begründete Zweifel – und der Senat hat auf unsere Fragen keine überzeugenden Antworten. Die momentane Marschroute der Regierung lautet: Augen zu und durch. Dabei bräuchte es längst einen Plan B für wirtschaftsstarke und sozial bereichernde Zukunftsprojekte in Bremerhaven.“

Sascha Karolin Aulepp, Landesvorsitzende der SPD Bremen: „Der OTB ist nicht nur das größte Infrastruktur-Projekt unseres Landes, sondern vor allem eine große Chance. 300 Hektar Industriefläche erhalten eine Anbindung an seeschifftiefes Wasser – für den Erhalt und die Schaffung weiterer Arbeitsplätze in der Offshore-Branche. „Erst der Hafen, dann die Stadt“ hat Wilhelm Kaisen gesagt. Heute gilt: Wir brauchen diesen Hafen für unsere Städte, für mehr Arbeitsplätze. Die Offshore-Windenergie wird – trotz aller momentanen Diskussionen – für die nächsten Dekaden die wichtigste Säule der Energiewende sein. Wir bauen diesen Hafen ja nicht für die nächsten fünf Jahre, sondern um auf Jahrzehnte hinaus zusätzliches wirtschaftliches Wachstum für Bremerhaven zu gewährleisten.“