Wem die Internationalen Filmfestivals in Cannes, Venedig oder Locarno viel zu weit weg oder zu teuer sind, muss sich nicht länger grämen. Das 31. Filmfest Hamburg holt die Welt des Films wieder an die Elbe. Das ist dann doch nicht so weit weg, zumal das Beste der Festivals in Hamburg dabei ist. Filmfest Hamburg startet am 28. September und dauert bis zum 7. Oktober, 132 Langfilme aus 48 Ländern münden in 213 Vorstellungen. Bei 93 Filmen sind Schauspieler oder Regisseure dabei, darunter so klangvolle Namen wie Mads Mikkelsen, Sandra Hüller, Bjarne Mädel, Heinz Strunk, Ken Loach und Wim Wenders.
Betreiber erwarten rund 40.000 Zuschauer
"Wir erleben eine Hochzeit des Films", sagt Albert Wiederspiel, nach 21 Dienstjahren der Noch-Direktor des Festes. Wie viele Dinge im Leben sei auch das Kino oft genug totgesagt worden, doch passiert sei trotz mancher Flaute das Gegenteil. Dabei sei der Anspruch heute ein anderer: "Die Zuschauer wollen mehr als nur einen Film sehen, sie möchten kuratierte Filme", sagt Wiederspiel, also Produktionen, die sich jemand angesehen, für gut befunden und in ein Gesamtkonzept gelegt hat. Dazu Menschen, die in den Filmen eine Rolle spielen oder für sie verantwortlich sind. Gäste eben, mit denen sie nach der Projektion diskutieren oder Hintergründe erfragen können.

Paradise is burning (Mika Gustafson)

Do not expect too much from the end of the world (Radu Jude)

Mein Falke (Dominik Graf)

Die Augenzeugen (Anna-Katharina Maier)

Die Flut - Tod am Deich (Andreas Prochaska)

Evil does not exist (Ryusuke Hamaguchi)

Priscilla (Sofia Coppola)

Eröffnungsfilm Inshallah a boy (Amjad Al Rasheed)

Perfect Days (Wim Wenders)

Die Saat - Tödliche Macht (Alexander Dierbach)

Briefe aus dem Jenseits (Niki Stein)

Anatomie eines Falls (Justine Triet)

Der Millionen Raub (Lars Becker)

Poor Things (Yorgos Lanthimos)

Anselm - Das Rauschen der Zeit (Wim Wenders)
Von den so etwa 40.000 Zuschauern des Filmfests kommen jedes Jahr viele Cineasten aus Bremen, um sich den Reichtum des Weltkinos präsentieren zu lassen. Vor allem Saal 1 des Cinemaxx am Dammtorbahnhof ist mit seinen tausend Sitzplätzen an sich schon ein Erlebnis unter den acht Sälen in sechs Kinos, in denen das Fest stattfindet. "Poor Things", "Evil Does Not Exist", "Priscilla" und "Paradise Is Burning" sind dabei nur vier Titel, die auf den großen Festivals bereits mit Preisen ausgezeichnet worden sind.
"Poor Things" ist dabei eine skurrile und fantastische feministische Frankenstein-Variation mit Emma Stone, Willem Dafoe und Mark Ruffalo in den Hauptrollen sowie Hanna Schygulla. Der US-amerikanischen Regisseurin Sofia Coppola ("Lost in Translation") dagegen gelingt eine beeindruckende Mischung aus Biografie und Drama über Liebe, Ruhm und den Elvis-Mythos in "Priscilla"(-Presley).
Wim Wenders ist gleich zweimal zu Gast mit neuen Filmen: In "Anselm – Das Rauschen der Zeit" porträtiert er in atemberaubender 3D-Qualität einen der größten zeitgenössischen Künstler, Anselm Kiefer. Ein Dokumentarfilm. Anders sein neuer Spielfilm, mit dem er zu seinen japanischen Ausflüchten zurückkehrt: "Perfect Days". Dabei entdeckt er die Transzendenz des gewöhnlichen Lebens, Koji Yakusho ist in Cannes dafür als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet worden.
Mehrere deutsche Filme werden gezeigt
Auch der deutsche Film kommt nicht zu kurz. Dominik Graf ("Mein Falke") und Lars Becker ("Der Millionen Raub") sind wie fast immer dabei, neu ist Heinz Strunk mit "Last Exit Schinkenstraße" (Bjarne Mädel), wobei Strunk und Marc Hosemann sich nach dem Rauswurf aus einer Hamburger Band mit dem Aufbau eines neuen Lebens auf Mallorca in der Schinkenstraße versuchen, dem Epizentrum der dortigen Partyszene. Zu sehen sind in anderen deutschen Produktionen unter anderem Lucas Gregorowicz ("Die Augenzeugen"), Heino Ferch ("Briefe aus dem Jenseits", "Die Saat – Tödliche Macht") und Axel Milberg ("Borowski und das unschuldige Kind von Wacken").
Zu Ehren kommt auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, dessen mit seiner Ehefrau Andrea Paluch verfassten "Schimmelreiter"-Romans "Hauke Haiens Tod" in Hamburg als Film "Die Flut – Tod am Deich" auf die Leinwand des Cinemaxx kommt.
Ein absoluter Höhepunkt des Festivals ist aber nach den Worten von Albert Wiederspiel die diesjährige Verleihung des Douglas-Sirk-Preises, der erst zum zweiten Mal nach Nina Hoss überhaupt an eine deutsche Schauspielerin geht, nämlich Sandra Hüller. Wiederspiel ist dabei ein großer Fan der Thüringerin, die als ungekrönte Königin der diesjährigen Filmfestspiele in Cannes gilt. "Durch jede Bewegung, mit jedem Körperteil vermag die Schauspielerin uns etwas zu vermitteln. Das ist eine Gabe, ein Talent, das die wenigsten haben", sagt der Direktor. "Anatomie eines Falls" heißt das Gerichtsdrama, der die Goldene Palme in Cannes gewonnen hat. Raffiniert und fesselnd erzählt der Film die Suche nach der Wahrheit als ein Kaleidoskop der Möglichkeiten.
Um die 123 Filme drumherum gibt es in den zehn Tagen des Filmfestes Diskussionsveranstaltungen und die Filmfestbar Kasematte 20 an der Alsterglacis 20. Programm und Karten unter www.filmfesthamburg.de. Ticket kosten in der Regel 10,50 Euro, es gibt Ermäßigungen und Zuschläge für Überlängen sowie einen Festivalpass für 120 Euro.