Pünktlich zum 150. Geburtstag von Bernhard Hoetger (1874-1949) am 4. Mai hat das Paula Modersohn-Becker-Museum (PMB) eine Neuerwerbung vorgestellt. Die in Goldbronze gegossene Frauenbüste "Fécondité (Fruchtbarkeit) von Hoetger ist mit Mitteln der Kulturstiftung der Länder, der Waldemar-Koch-Stiftung und privater Förderer angekauft worden. Hoetger, dessen runder Geburtstag dieses Jahr mit allerlei Ausstellungen, Buchpräsentationen sowie einem Film gefeiert wird (wir berichteten), hat sie 1904 während seiner Zeit in Paris angefertigt.
Die "Fruchtbarkeit" zähle zu den wichtigsten Werken des Künstlers aus dieser Zeit, erläuterte Frank Schmidt, Direktor des Museums, am Freitag: "Wir haben damit eine Lücke geschlossen in unserer Sammlung." Das PMB beherbergt nach eigenen Angaben die größte und bedeutendste Sammlung des Künstlers.
Kunsthistorisch gesehen markiere die Neuerwerbung den Übergang von der frühen impressionistischen, von Auguste Rodin beeinflussten Schaffensphase zur zweiten, eher monumentalen Periode Hoetgers. Das Werk wirke beruhigt, in sich geschlossen, der Blick der jungen Frau sei melancholisch. Obwohl es allegorisch gemeint sei, fehlten ihm symbolische Attribute, ergänzte Josephine Karg, die eigens aus Berlin von der Kulturstiftung der Länder angereist war. Die Wechselbeziehung zwischen dem deutschen und dem französischen Bildhauerstil der Zeit sei gut nachzuvollziehen.
Erste Fassung des Werks
Daher habe man den bereits 2020 gestellten Antrag des Bremer Museums gerne genehmigt; durch das Engagement der Länder-Kulturstiftung ist die Büste zum "nationalen Kulturgut" geadelt worden. Es handelt sich dabei um die erste Fassung des Werks, von dem nur zwei Exemplare bekannt sind. Sie unterscheide sich leicht von einer zweiten Fassung, von der 27 Exemplare vorhanden seien, so Frank Schmidt.
Präsentiert wurde die Büste beim Pariser "Salon d'Automne" (Herbstsalon) im Jahr 1904. 120 Jahre später hat die 46 Zentimeter hohe "Fécondité" einen Platz gefunden im ersten Obergeschoss des PMB, ganz in der Nähe eines ebenfalls gerade erst erworbenen Selbstbildnisses von Paula Modersohn-Becker.
Frank Schmidt erinnerte aus diesem Anlass an die Beziehung zwischen der Namensgeberin des Museums und dem als Architekten, Bildhauer, Grafiker, Kunsthandwerker und Maler erfolgreichen Hoetger. Während ihrer Zeit in Paris sei Modersohn-Becker von Hoetger unterstützt worden: "Sie haben sich gefunden", so Schmidt. Auch nach dem Tod der Malerin habe er sich für ihre Kunst eingesetzt und 1926/27 schließlich das PMB in der Böttcherstraße als weltweit erstes Museum für eine Malerin entworfen.
Die neu erworbene Büste wird in einer großen Ausstellung im kommenden Jahr eine Rolle spielen, die sich um die künstlerische Beziehung zwischen Bernhard Hoetger und der französischen Bildhauerin Camille Claudel dreht. Beide haben 1905 gemeinsam in Paris ausgestellt. Die Schau wird in Zusammenarbeit mit der Alten Nationalgalerie Berlin konzipiert, wo sie nach dem Ausstellungsende in Bremen zu sehen sein wird.