Renate Heitmann vom Vorstand der Bremer Shakespeare Company klang selbst etwas erstaunt: "Das ist tatsächlich schon unsere 38. Spielzeit." Die Verwunderung erklärt sich vielleicht auch dadurch, dass die vergangene Saison 2020/21 mit der Nummer 37 eine wie bei allen Kultureinrichtungen ungewöhnliche war. Online-Veranstaltungen überwogen, obwohl die Statistik immerhin 64 Veranstaltungen vor 4930 Zuschauerinnen und Zuschauern im Theater am Leibniz-Platz ausweist. Aber eben auch 125 Tage, an denen die Company ein kostenloses Streaming-Angebot machte.
Trotz dieser Ausnahmesituation sei die Company "gut über die Spielzeit gekommen", so Vorstand Peter Lüchinger, auch dank Kurzarbeit und dem Übergangsgeld, das die Stadt gezahlt hat. Nun werde nach vorne geschaut, gleich am nächsten Freitag, 24. September, feiert die Company die erste Premiere, die zugleich eine Uraufführung ist. "99 Schritte zum Meer - eine Familie im (Klima)-Wandel" heißt das Stück, das Simone Sterr, ehemalige Dramaturgin des Theaters am Goetheplatz, mehr als ein Jahr lang zusammen mit dem Ensemble entwickelt hat.
Wie der Titel schon nahelegt, stehen steigende Meeresspiegel, die Sorge um immer höhere Temperaturen und verstärkt auftretende Starkwetterereignisse im Mittelpunkt des Werks. Regisseur Ralf Siebelt beschreibt es als "Potpourri aus 24 Szenen", das in der realistischen Tradition eines Franz-Xaver Kroetz oder auch einer Yasmina Reza stehe. Alles dreht sich um ein Hotel am Meer, das zum klimaneutralen Gasthaus werden soll. Doch nicht alle Familienmitglieder sind davon begeistert.
Am 30. September und am 1. Oktober ist dann ein Projekt zu erleben, das die Company während des Lockdowns entwickelt hat: Drei Monologe des englischen Autors Tim Crouch, in denen Nebenfiguren aus Shakespeare-Stücken deren Inhalt aus ihrer Sicht schildern. "Ich, Caliban" spricht über den "Sturm", "Ich, Cinna" über "Julius Cäsar" und "Ich, Malvolio" über die Komödie "Was ihr wollt". Ein weiterer Monolog, dieses Mal von Ian Kershaw, steht ab dem 12. November auf dem Programm und trägt den unwiderstehlichen Titel "Das tollste Stück in der Geschichte der Welt". Hier werde Science-Fiction mit einer Liebesgeschichte kombiniert, wie Schauspielerin Petra-Janina Schultz erklärte. Eine weitere Uraufführung gibt es im März 2022 mit "Kommt ein Clown in ein Hotel", ein Projekt, das Ensemblemitglieder gemeinsam mit der Autorin Judith Kuckart entwickelt haben.
Neu-Inszenierungen von Stücken des Hausautors gibt es - abgesehen vom Repertoire - natürlich auch zu sehen, denn "Shakespeare bleibt unser Zeitgenosse", so Renate Heitmann. Am 21. Oktober gibt es einen "Macbeth" in englischer Sprache, inszeniert von Guy Roberts, dem ehemaligen Leiter des Shakespeare-Festivals in Texas. Damit möchte die Company sich dezidiert auch an Bremens internationale, Englisch sprechende Community wenden – und ein Angebot für Schulklassen machen. Für den April 2022 ist eine Inszenierung von "Maß für Maß" angekündigt. Regie wird Stefan Otteni führen, der schon den Dauerbrenner "Charles III." eingerichtet hat.
Die Reihe "Aus den Akten auf die Bühne" erlebt am 11. Oktober die nächste Premiere. In der szenischen Lesung geht es um die Universität Bremen, die vor 50 Jahren gegründet wurde. In der Bremischen Bürgerschaft lautet das Motto "Die Freie Hansestadt Bremen ist bereit...", auch Abgeordnete würden sich an der Lesung beteiligen, so Peter Lüchinger, der verantwortlich für die Reihe zeichnet.