Eigentlich hat es für das Irgendwo-Kollektiv trotz Corona keine Pause gegeben. Still stand alles nur kurz von Oktober bis November. Seitdem ist klar, dass das Irgendwo auf der Fläche in der Nähe des Flughafens auf Dauer bleiben darf. Und seitdem ist das Team wieder am Arbeiten. „Eigentlich gibt es immer was zu tun auf dem Gelände“, sagt Felix Graßhoff, Mitorganisator des Kollektivs.
Das Irgendwo ist das Hauptprojekt des Vereins Kulturbeutel, es ist „ein selbstverwalteter Kultur Freiraum“, so steht es auf der Webseite. Dieser Freiraum will am 20. Juni wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Bis dahin ist noch einiges zu tun: Momentan sieht die Fläche sehr nach dem Reich diverser Maulwürfe aus. Denn mit der dauerhaften Zusage konnte die Gruppe Projekte angehen, die sich bei der Zwischenlösung nicht gelohnt hätten: wie das Verlegen von Kabeln und Leitungen. Dafür haben die Helfer den Boden aufgerissen – nun sind viele Hände gefragt, diese Gräben wieder zu versiegeln. „Das war nicht unser einziges Projekt, nur das, was man am meisten sieht“, so Graßhoff. Das Team hat außerdem einen Zaun um das Gelände gebaut, es steht das Gerüst für ein neues Plenumsgebäude mit Küche.
„Alles selbst gemacht – sieht man bei dem Zaun vielleicht auch ein bisschen“, sagt Finn Herzog, ein weiterer Mitorganisator. Er nennt die neue Absperrung Pippi-Langstrumpf-Zaun. Und ein wenig wie die Villa Kunterbunt wirkt auch das ganze Gelände: bunte Sitzmöglichkeiten, zusammengebastelte Bühnen und Bauten, viele kleine Rückzugsorte. Es gibt immer wieder etwas zu entdecken. Darunter einen Garten, einen Pool und eine Sauna, eine Tauschbox, eine Werkstatt und verschiedene Lager.
„Wir wollen einen Raum schaffen, der offen für alle ist, der Angebote für alle Gruppen schafft“, sagt Herzog. So gibt es bei allen Verkaufsstellen, ob am Eingang oder an den Bars, eine Huckepack-Kasse: Eine solidarische Kasse, in die jeder, der Geld über hat, einzahlen kann, sodass andere weniger bis gar nichts bezahlen müssen. „Bei der Bar war in den letzten Jahren immer so um die 20 Euro in dieser Kasse“, erzählt Herzog.
Die bekanntesten Veranstaltungen sind die Partys im Irgendwo. „Das sind aber nur sechs Veranstaltungen von mehr als 50 im ganzen Jahr“, sagt Herzog. So gibt es Konzerte, Kulturtage, Kinoabende und Workshops. Bald kommen auch Theaterabende dazu. Dort, wo gerade noch alte Türen und Fenster aneinander an Bäumen lehnen, der Kabelgraben noch sehr tief verläuft, soll bald eine Theaterbühne stehen. Dafür hat das Kollektiv eine Förderung über das Programm „Neustart Kultur“ des Fonds Darstellende Künste und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien bekommen.
Es gibt inzwischen zwei bezahlte halbe Stellen, sonst helfen alle ehrenamtlich. Der kleine feste Kern des Kollektivs besteht aus 25 Personen, schätzt Graßhoff. Die Organisation ist auf 50 Personen verteilt, doch mit allen Helferinnen und Helfer besteht das Kollektiv aus mehr als 100 Menschen. Um die Aufgaben zu verteilen gibt es verschiedene Arbeitsgemeinschaften: Garten, Deko, Verpflegung, Gestaltung, Finanzen, PoGen (Politik und Genehmigungen), Programm.
Und auch mit anderen Gruppen wird zusammengearbeitet: Gerade ist das Künstlerkollektiv Sisterhood auf dem Gelände, um die Wände mit Graffiti zu verschönern. „Bei solchen Zusammenarbeiten kann man viel voneinander lernen, das ist immer eine Win-win-Situation“, sagt Herzog.
Der Großteil des verwendeten Materials ist recycelt, viel wurde gespendet. Nur bei größeren Bauvorhaben muss auch mal dafür Geld ausgegeben werden: Da muss die Statik, die Beständigkeit und die Qualität garantiert sein. Vor jeder Eröffnung gehen das Bauamt, die Feuerwehr und Profistatiker über das Gelände und kontrollieren, ob alles sicher ist. „Inzwischen kennt man sich, die Zusammenarbeit funktioniert echt gut“, sagt Graßhoff. Bis zu den Kontrollrunden dieses Jahr muss noch einiges passieren. Doch alle sind guten Gemüts, dass bis dahin alles fertig ist – die Pause soll endlich wieder für alle vorbei sein.