Wer Kunst schafft, sieht oft, was alles falsch ist an den eigenen Werken, "ich erzähle euch also lieber nicht, was fehlt", gibt sich Peter Stöcker geheimniskrämerisch und blickt auf eines seiner Bilder aus der Reihe „Hypermania“, in der es um Manie und Depression geht.
Der gebürtige Bremer hat Media Design in Berlin studiert, heute ist er Graffiti-Künstler und Inhaber der Agentur Lucky Walls in der Überseestadt. Lucky Walls richtet sich an Unternehmen, die ihre Fassaden von Kreativen verschönern lassen wollen, sei es zu Werbezwecken oder um ein harmonischeres Arbeitsumfeld zu schaffen. „Ich puzzle gerne in meinem Kopf, mit Menschen und organisch gewachsenen Institutionen“, sagt Stöcker.
Wenn er sprüht und malt, schöpft er die Inspiration, vor allem bei freien Projekten wie „Hypermania“, nicht nur aus sich selbst, sondern schaut auch, was um ihn herum passiert. Das passiere allerdings nicht mit konfrontativem Mindset, um andere zu übertrumpfen. „Andere nach oben bringen, um selbst zu wachsen – und weg von der Ellenbogen-Mentalität“, diese Einstellung gefällt ihm besser.
Seine „Hypermania“-Werke, die in der Agentur stehen, seien in einer hochenergetischen Phase entstanden, erzählt der 38-Jährige. „So was kann sehr produktiv sein, sich aber auch schnell mal drehen und destruktiv werden.“ Um sich daran zu erinnern, baut er zwei Symbole in seine Arbeiten ein: den glühenden Globus und die fließende Tinte. Sie erinnern ihn einerseits an die brodelnde Energie in ihm, andererseits sind sie eine Warnung vor dem Ausbrennen. „Du kannst ganz viel, aber du musst zum Beispiel auch schlafen, also akzeptiere beides, so wie zwei Seiten einer Medaille“, verdeutlicht der Familienvater.
Dass Balance im Leben eine wichtige Sache sei, habe er lange nicht verstanden. Einen Mittelweg zu finden, klang für ihn früher wie etwas, das eine Schwäche ist, gibt er zu. Jetzt, wisse er, fahre er besser, wenn er mit sich selbst und seiner Umgebung feinfühliger umgehe. „Und aufgeschlossener und empathischer“, fügt er hinzu.
Zurzeit arbeitet der Künstler und Unternehmer an einer Bilderreihe namens „Grow“. Es geht um Weiterentwicklung, ums Vorankommen. In zerschnittenen Blumenstängeln spiegelt sich sein Künstlername The Cut wider. Jeder Schnitt erzeugt einen Bruch, der einer Entscheidung gleichkommt, erklärt Stöcker. „Damit wir unseren Weg und uns selbst finden und verstehen.“