Die Lage auf den Intensivstationen im Land Bremen ist nach Angaben des Gesundheitsressorts angespannt. Am Donnerstag waren von den Intensivbetten in Bremen noch etwa vier Prozent frei – sieben Betten, davon eines mit Beatmungsmöglichkeit für Covid-Patienten. Gleichwohl könnten weiterhin neue Patienten aufgenommen werden, es gebe eine Notfallreserve von 116 Betten. „Wir haben genügend Kapazitäten, um kurzfristig zu reagieren, das ist abgesichert“, sagte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) am Freitag auf Anfrage des WESER-KURIER.
Ähnlich ist die Lage in Niedersachsen: „Die Versorgung mit Intensivkapazitäten ist gegenwärtig und absehbar gewährleistet“, sagt Piet Schucht, Sprecher der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft. Aufgrund der hohen und gegenwärtig schnell steigenden Zahl an Infizierten rechnen die Krankenhäuser in den kommenden Wochen jedoch mit einer deutlich zunehmenden Belastung durch Covid-19-Patienten. In beiden Bundesländern wird damit gerechnet, dass in absehbarer Zeit wieder planbare Eingriffe verschoben oder abgesagt werden müssen.
Verschärft wird die Situation in Bremen und Niedersachsen wie derzeit überall in Deutschland durch fehlendes Pflegepersonal auf den Intensivstationen. „Wir erhalten auch in Bremen die Rückmeldung aus den Kliniken, dass das Personal teilweise erschöpft ist“, berichtet Senatorin Bernard. „Die zusätzlichen Belastungen in der Pandemie haben bei vielen dazu geführt, dass sie ihre Arbeitszeiten reduziert oder ganz gekündigt haben.“
Bereits vor einem Monat schlug die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) wegen der fehlenden Pflegekräfte auf den Intensivstationen Alarm. In jedem dritten Intensivbett könne kein Patient mehr behandelt werden, lautet das Ergebnis einer deutschlandweiten Umfrage der Vereinigung. In der kommenden Zeit sei daher mit einer spürbaren Einschränkung in der Versorgung der Bevölkerung zu rechnen.
Eine Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts von Anfang dieses Monats bestätigt diese Entwicklung. Demnach standen aktuell in fast drei Viertel der befragten 223 Krankenhäuser mit Intensivstationen weniger Intensivpflegekräfte zur Verfügung als Ende 2020. „Es mangelt nicht an Beatmungsgeräten und Intensivbetten, es mangelt an Menschen, die sie bedienen und die Patienten fachgerecht behandeln können“, bringt dies Dorothee Weihe, Pressesprecherin des Rotkreuzkrankenhauses in Bremen, auf den Punkt.
Fachkräftemangel spürbar
Der Fachkräftemangel in der Pflege sei deutlich spürbar, bestätigt Karen Matiszick, Sprecherin des städtischen Klinikverbundes Gesundheit Nord. Insbesondere in der hoch qualifizierten Intensivpflege fehlten Kräfte, aber ebenso in anderen Fachbereichen. Insgesamt arbeiten auf den Intensivstationen der vier Geno-Kliniken rund 350 Intensivpflegekräfte. „Seit Beginn der Pandemie haben uns 30 davon verlassen, wir konnten aber glücklicherweise einen Großteil der Stellen wieder besetzen.“ Dennoch gebe es derzeit auf allen Intensivstationen wegen des Fachkräftemangels nicht besetzte Stellen.
Grund für den Rückgang der Zahl der Pflegekräfte sei nicht allein die Belastung durch die Corona-Pandemie, betont Karen Matiszick. „Nur wenige Mitarbeiter haben ausdrücklich deswegen gekündigt.“ Abgänge in die Elternzeit und Eintritte in den Ruhestand seien weitere Gründe. In jüngster Zeit kämen auch Krankheitsfälle hinzu: In diesem Herbst erkrankten wieder mehr Mitarbeiter als im vergangenen Winter, als es wegen der Kontaktbeschränkungen zu weniger Infekten kam.
Von einem „Aderlass unter fünf Prozent“ gegenüber dem Vorjahr durch Stellenwechsel, Kündigung oder Reduzierung der Arbeitszeit spricht Ingo Hartel, Sprecher des Diako-Krankenhauses. Dies habe bislang aber kaum Auswirkungen gehabt. Selbst nicht akute Fälle könnten nach wie vor zu 95 Prozent behandelt werden.
Im Krankenhaus St. Joseph-Stift konnte das Personal auf der Intensivstation aufgestockt werden. Im Jahr 2020 gab es dort umgerechnet 33 Vollzeitstellen, 2021 sind es 39. Dennoch sei auch im St. Joseph-Stift insgesamt weiterhin Fachkräftemangel zu beklagen, sagt Maurice Scharmer, Sprecher der Klinik.