Angesichts knapper Ressourcen in der Notfallversorgung fordert der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, in bestimmten Fällen eine Eigenbeteiligung für Eltern. „Die Notfallversorgung muss auf Notfälle konzentriert werden und nicht für die Pickel am Po der Kinder, für die die Eltern unter der Woche keine Zeit haben und mit denen man dann am Wochenende beim Notdienst aufschlägt“, sagte Fischbach der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Für solche Fälle halte er eine Eigenbeteiligung der Versicherten für absolut sinnvoll.
„Seit mehreren Jahren stellen wir eine übermäßige Nutzung der Notdienste fest, auch wenn es sich nicht um Notfälle handelt“, sagt der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Bremen, Marco Heuerding. „Allerdings glaube ich nicht, dass dieses Problem durch eine Gebühr gelöst werden kann.“ Dennoch sei es dringend notwendig gegenzusteuern. Eltern fehle zum einen häufig das grundlegende Verständnis, Beschwerden einzuordnen und einzuschätzen, wann dies ein Fall für die Kinderarztpraxis oder den Notdienst sei und wann nicht.
„Bei aller nachvollziehbaren Sorge um das eigene Kind darf aber auch von Eltern eine gewisse Mitverantwortung erwartet werden, ob ein Kind wirklich ärztlich vorgestellt werden müsse“, betont Heuerding. Die Folge seien nicht nur lange Wartezeiten und überlaufene Sprechstunden. „Aus der Flut der unsinnigen Vorstellungen die Kinder mit echten Problemen herauszufiltern, wird immer schwieriger. Wir möchten auf keinen Fall ein Kind mit einer schwerwiegenden Infektion übersehen.“ Zurzeit müsse jedes Kind, das im Notdienst vorgestellt werde, auch ärztlich angesehen werden, auch wenn es sich offensichtlich um Bagatellen handele. „Ein Ansatz, um gegenzusteuern, ist gezielte Aufklärung, um die Kompetenzen der Eltern zu stärken“, betont Heuerding. Eine Art Gesundheitserziehung für Mütter und Väter.
Zudem sollten chronische Probleme oder Bagatellen auch schon im Vorfeld aus den Notdiensten gehalten werden, fordert Heuerding. Um Vorstellungen im Notdienst zu regulieren, sei eine „standardisierte und fundierte Ersteinschätzung“ der Situation von einer geschulten Fachkraft sinnvoll, bevor ein Arzt konsultiert werden dürfe.
Bereits im Frühjahr hatten Ärzteverbände wie der Bremer Hartmannbund eine Gebühr für Nicht-Notfälle in Krankenhaus-Notaufnahmen gefordert (wir berichteten). Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen (KVHB) schlug ein Modell vor, wonach Patienten zunächst eine verpflichtende medizinische Ersteinschätzung am Telefon oder online durchlaufen müssen. Dabei gehe es ausdrücklich nicht um Patienten, bei denen ganz offensichtlich ein Notfall vorliege. „Wer weiterhin ohne vorherige Einschätzung in die Notaufnahme geht oder einen Bereitschaftsdienst aufsucht – ohne dass dies medizinisch geboten ist –, muss eine Notfallgebühr entrichten“, teilte die KVHB mit.