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Gesprächsrunde im Stadtteil Blumenthaler fragen – Bürgermeister antwortet

Bürgermeister Andreas Bovenschulte will jetzt in jeden Stadtteil kommen, um zu hören, was Anwohner gut finden und was schlecht. Am Montag war er in Blumenthal – und bekam es mit vielen Fragen zu tun.
23.11.2021, 18:00 Uhr
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Blumenthaler fragen – Bürgermeister antwortet
Von Christian Weth

Viele Blumenthaler haben an diesem Abend viele Fragen. Die Liste ist so lang, dass aus einer für zwei Stunden geplanten Gesprächsrunde eine fast dreistündige wird. Bürgerversammlung heißt das neue Format – und der, der Antworten geben soll, Andreas Bovenschulte. Der Bürgermeister sagt, dass er in alle Stadtteile kommen will, um zu hören, was die Menschen gut finden und was schlecht. Jetzt steht er in der Oberschule an der Egge und blickt in die Aula, in der rund 60 Frauen und Männer sitzen. Was die Anwohner wissen wollen und wie der Regierungschef reagiert. Ein Überblick.

Bildungscampus: Seit Jahren gibt es Pläne, mehrere Berufsschulen aus dem Norden und Westen der Stadt im Blumenthaler Kämmerei-Quartier zu vereinen – nur umgesetzt sind sie noch immer nicht. Um das Millionenvorhaben ist es so still geworden, dass sich Rita Haurenherm inzwischen fragt, ob es überhaupt noch umgesetzt wird. Die Leiterin des Schulzentrums Blumenthal, das bisher als erste Bildungseinrichtung auf das Gelände umziehen sollte, kennt jedenfalls immer noch keinen genauen Termin für die Möbelpacker. Auch Bovenschulte nicht. Der Bürgermeister sagt, dass der Campus trotzdem kommen wird. Nach seinen Worten gibt es so viel zu berücksichtigen, dass sich das größte städtebauliche Projekt Bremens verzögern wird. Um Monate oder Jahre, lässt er offen.

Sporthallen: Eltern erleben es immer wieder: Statt vom Sportunterricht in der Turnhalle, erzählen ihre Kinder von Sportstunden im Klassenzimmer. Inzwischen müssen immer mehr Turnhallen gesperrt werden, weil sie statische Probleme haben – und ärgern sich so viele Mütter und Väter darüber, dass die Frage, was denn die Behörde dagegen unternimmt, mehrfach gestellt wird. Bovenschulte bedauert den Zustand der Hallen. Er sagt, dass sich zu lange zu wenig um sie gekümmert wurde, nicht bloß in Blumenthal. Und dass er dafür sorgen will, Druck bei der Sanierung zu machen. Für ihn kann es nicht sein, dass an manchen Gebäuden die Arbeiten immer noch nicht begonnen haben, obwohl Gutachter längst festgestellt haben, wo die Schwierigkeiten liegen und was getan werden muss, um sie zu beseitigen.

Schwimmunterricht: Es ist schon häufiger kritisiert worden und wird es auch an diesem Abend: Es fehlt an Bädern und an ausreichend Zeit für den Schwimmunterricht der Schulen. Eine Trainerin findet, dass das bisherige Konzept ein schlechtes Konzept ist. Ihr zufolge sind die Kinder nicht 45 Minuten im Wasser, sondern mitunter nur zehn, weil die Fahrt zur Halle und wieder zur Schule so lange dauert. Sie sagt, dass die Hälfte der Schüler nicht schwimmen kann. Und dass das zu viel ist. Auch für Bovenschulte ist es das. Nach seinen Worten steuert Bremen jedoch gegen. Er spricht von mehr Schwimmkursen und davon, dass die Stadt den Bau einer Vereinshalle in Blumenthal unterstützt. Wenn auch nicht finanziell, weil die Halle keine öffentliche ist.

Barrierefreiheit: Seit Jahren gibt es gesetzliche Vorgaben, welche Barrieren für Menschen mit Behinderungen abzubauen sind – nur werden diese Vorgaben nicht immer eingehalten. Sagt ein Blumenthaler, der sich um die Belange von Frauen und Männern kümmert, die immer wieder auf Hindernisse im Alltag stoßen. Er will von Bovenschulte wissen, warum das Sozialressort einen Antrag auf Blindengeld mit einem normalen Brief beantwortet statt mit einem, der in Brailleschrift geschrieben ist. Und weshalb die Behörde immer noch auf ein Übersetzungsbüro für Blindenschrift setzt statt auf einen Brailledrucker, der billiger ist. Der Regierungschef will das prüfen. Seiner Meinung nach hat die Verwaltung schon viele Barrieren abgebaut, aber längst noch nicht alle.

Leerstand: Peter Mohr sagt, dass Blumenthal schön ist. Doch noch schöner, meint er, wäre der Stadtteil, wenn viele Gebäude wieder das wären, was sie mal waren: zum Beispiel das Alte Rathaus ein Verwaltungssitz und die ehemalige Stadtbibliothek nebenan eine Ausleihe für Bücher. Der Anwohner findet, dass die Stadt endlich Schluss machen muss mit dem Leerstand von Gebäuden – und fragt, wann die Stadt endlich damit anfangen will. Nach Ansicht von Bovenschulte und Ortsamtsleiter Oliver Fröhlich, der im Lauf des Abends die neuesten Entwicklungen im Stadtteil skizziert, hat sie das bereits getan. Beide sprechen von den Plänen, aus dem Blumenthaler Zentrum ein Sanierungsgebiet zu machen. Und von den Potenzialen, die daraus entstehen können.

Radwege: Unter den Blumenthalern, die Fragen an den Bürgermeister haben, sind immer wieder Radfahrer. Holger Wischhusen ist einer von ihnen. Der Linken-Politiker kennt nach eigenem Bekunden viele Radwege im Bremer Norden, vor allem schlechte. Für ihn gibt es so viele Problemstellen, dass er sich nicht vorstellen kann, wie es gelingen soll, mehr Menschen zum Umstieg vom Auto aufs Fahrrad zu bewegen. Bovenschulte kann das. Der Regierungschef sagt, dass es viele Stellschrauben gibt – und der Ausbau und die Sanierung des Wegenetzes nur eine von ihnen ist. Allerdings ist nicht immer so viel Geld da, um an allen gleichzeitig drehen zu können. Investiert, meint er, wird aber ganz sicher, auch im Norden der Stadt.

Nahverkehr: Im 15-Minuten-Takt mit der Bahn in die City und im selben Rhythmus wieder zurück: Was für Burglesum und Vegesack gilt, wollen Politiker auch für Blumenthal. Zum Beispiel Marcus Pfeiff. Der SPD-Mann hofft, dass der SPD-Bürgermeister sich dafür einsetzt, die 50.000 Menschen im nördlichsten Teil der Stadt nicht außen vor zu lassen. Pfeiff glaubt, dass es dafür keineswegs mehr Gleise braucht, sondern ausschließlich mehr Züge – und Bovenschulte, dass es schwierig sein wird, ein Bahnunternehmen dazu zu bringen, den Fuhrpark auf eigene Kosten auszubauen. Ihm zufolge geht es beim Fahrgastgeschäft nicht ohne die öffentliche Hand, weil es keine Gewinne bringt. Darum hat er auch mehr Geld vom Bund gefordert, allerdings vergeblich.

Zehn-Minuten-Stadt: Dieter Schulze weiß noch, wie Politiker von einer Stadt gesprochen haben, in der die Wege so kurz sind, dass fast alles in zehn Minuten zu erreichen ist: der Geldautomat, das Ticketcenter, der Bürgerservice. Der Blumenthaler erlebt jedoch immer öfter das Gegenteil. Zum Beispiel, dass er für einen neuen Ausweis jetzt in die Innenstadt soll – und dafür nicht bloß mit dem Zug, sondern auch mit der Straßenbahn fahren muss. Bovenschulte kennt das Konzept. Es stammt von der SPD. Und wird immer noch verfolgt. Bremen, meint er, springt dort ein, wo Unternehmen aussteigen, wie zuletzt beim Fahrkartenverkauf. Laut Bovenschulte versucht die Stadt zu kompensieren, so gut und oft es eben geht.

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