Frau Müller-Dum, Sie laden für diesen Donnerstag ein zu einer Mitmachaktion für Kinder von sechs bis zehn Jahren in der Ökologiestation Am Gütpohl. Thema: Licht aus! Was können die Kinder erwarten?
Denise Müller-Dum: Ich werde bei der Veranstaltung aus meinem neuen Kinderbuch „Das Lichtdurcheinander" vorlesen. Darin erzähle ich von dem Mädchen Jule und dem Nachtfalter Freddie, die sich auf der Suche nach den Sternen im Lichtdurcheinander der Stadt verirren. Im Anschluss an meine Kinderbuchlesungen entstehen immer schöne Diskussionen mit den Kindern – hoffentlich auch dieses Mal! Außerdem habe ich eine kleine Bastelaktion vorbereitet, sodass jedes Kind ein Andenken mit nach Hause nehmen kann.
Was bedeutet Lichtverschmutzung eigentlich genau, müsste es nicht besser Dunkelverschmutzung durch Licht heißen?
Mit dem Begriff „Lichtverschmutzung" bezieht man sich auf die künstliche Aufhellung des Nachthimmels – ursprünglich kommt der Begriff wohl aus der Astronomie, weil man an Orten mit starker Lichtverschmutzung kaum noch Sterne sieht. Andreas Hänel von der Astronomischen Gesellschaft hat mir das in einem Podcast für „Welt der Physik" so erklärt: Ein künstlicher Störstoff, in diesem Fall Licht, wird in die Umwelt eingetragen. Insofern gibt es da schon eine Analogie zu anderen Arten der Umweltverschmutzung. Ob ein anderer Begriff besser passen würde, sei dahingestellt – etabliert hat sich jedenfalls der Begriff Lichtverschmutzung. Störend ist das künstliche Licht für nachtaktive Tiere und Insekten – aber auch für den Menschen.
In der Schöpfungsgeschichte heißt es: „Und Gott sprach, es werde Licht. Und es ward Licht.“ Jetzt haben wir zu viel davon. Wie lässt sich das stoppen oder reduzieren?
Es gibt zwei Ebenen, auf denen man ansetzen kann: Die individuelle Ebene und die gesellschaftliche. Das heißt, man kann bei sich selbst anfangen und überlegen, ob man seinen Garten die ganze Nacht ausleuchten muss. Aber natürlich geht es – und das ist die andere Ebene – auch um öffentliche Plätze und Gebäude. Hier muss man genau schauen: Wo ist die Beleuchtung wichtig und wo kann sie vielleicht reduziert werden oder sogar ganz wegfallen? Ein wichtiger Punkt ist auch, nur das zu beleuchten, was man beleuchten will, und nicht noch die ganze Umgebung mit anzustrahlen. Hier kommt die Form der Leuchten ins Spiel: Sie sollten so gewählt werden, dass sie möglichst wenig Licht nach oben und zur Seite hin abstrahlen. Auch die Lichtfarbe spielt eine Rolle.
Kritiker und Umweltschützer sprechen inzwischen von Beleuchtungswahnsinn und sagen: Was das Mikroplastik in unseren Meeren, Seen und Böden, ist das Kunstlicht in unserer Atmosphäre. Sehen Sie das auch so?
Ich würde erst mal sagen: Das Hauptproblem mit unserer Atmosphäre zurzeit sind die massiven Einträge von Treibhausgasen und die dadurch verursachte Klimakrise. Hier ist der Handlungsbedarf riesengroß und lange überfällig. Lichtverschmutzung ist natürlich auch ein Problem, aber der Unterschied ist, dass Lichtverschmutzung im Grunde reversibel ist. Die Lösung ist ja denkbar einfach: Wenn die Lichter aus sind, ist es dunkel. Wenn man das mit Mikroplastik vergleichen will, wird der Unterschied offensichtlich, denn das in allen Ökosystemen verstreute Mikroplastik lässt sich nicht mehr zurückholen. Hier müssen wir zusehen, dass wir die Plastikeinträge reduzieren. Darum geht es übrigens auch in meinem Kinderbuch "Mats Möwe und die Plastikplage".
Politiker, auch in Bremen, schwärmen inzwischen von dem energiesparenden LED-Licht und versprechen sich von der Leuchtdiode zum Beispiel an Straßenlaternen eine bedeutende Verbesserung für Klima und Umwelt, insbesondere für Insekten. Ist LED das Licht der Zukunft?
Ohne, dass ich hier eine Expertin wäre, würde ich sagen, dass LEDs sicherlich sinnvoll sind im Blick auf das Energiesparen. Eine Sache gibt es allerdings zu bedenken: Wenn die Sparsamkeit der LEDs dazu verleitet, mehr zu beleuchten, dann wäre das natürlich kein guter Nebeneffekt.
Muss also die Nacht zumindest ansatzweise wieder zur Nacht und damit vor allem die gleißende Lichtreklame in den Städten untersagt werden, damit das „Lichtdurcheinander“, wie der Titel Ihres jüngsten Buches lautet, beendet wird?
Es wäre sicher wünschenswert, dass Beleuchtung weniger exzessiv genutzt würde. Ich glaube, dass hier noch einiges durch Aufklärung erreicht werden kann. Dazu versuche ich mit meinem Buch beizutragen.