Die „Vegebüdel“ ist 71 Jahre alt, sieht seit Kurzem aber wieder wie neu aus. Und klingt auch so. Die Crew hat klar Schiff gemacht, sowohl an als auch unter Deck. Die Barkasse hat stellenweise einen neuen Anstrich bekommen – und die Maschine, die noch älter ist als das Traditionsschiff, eine Wartung. Letzte Arbeiten vor Saisonbeginn nennt Eckhard Bögershausen das. Im Juli will er wieder zu Rundtouren starten. Das Schiff ist das einzige Ausflugsschiff in Vegesack, das regelmäßig Besucher der Maritimen Meile an Bord nimmt. Und das einzige, das kostenlos fährt.
Es ist inzwischen die dritte Saison der "Vegebüdel" und ihrer Mannschaft, die sich ehrenamtlich kümmert. Schiffsführer Bögershausen sagt, dass alle über Wochen immer wieder mit angepackt haben. Vor allem die Maschinisten hatten viel zu tun. Der Motor – ein Deutz, 100 PS, 42 Liter Hubraum, drei Zylinder und Baujahr 1936 – bekam einen Ölwechsel, neue Dichtungen und eine Grundreinigung. Genauso wie der Tank und das Getriebe. Nach Bögershausens Rechnung haben die Arbeiten mehrere Wochen gedauert und zwischen 5000 und 6000 Euro gekostet – auch wenn die ehrenamtlichen Helfer vieles selbst machen.
Auch an der Maschine. Für die Crew ist sie mit keinem anderen Motor zu vergleichen, vor allem nicht das Geräusch, das er ihnen zufolge macht: Kartüffel. Das Wort steht auf Postkarten, die es an Bord für Besucher gibt – und auf denen die Mannschaft über die "Vegebüdel" informiert. Nicht zuletzt über ihre Rettung. Die Arbeiten zum Saisonstart waren nichts im Vergleich zu dem, was die Helfer auf sich genommen haben, um das Schiff wieder flott zu kriegen, nachdem es jahrelang im Museumshaven vor sich hingerostet hatte. Über Monate wurde die Barkasse auf einer Werft repariert. Die Kosten waren zehnmal so hoch wie die jetzigen.
Was nicht auf der Karte steht. Dafür aber, wer sich um die Barkasse kümmert und mit wessen Hilfe. Bögerhausen und die anderen aus der Crew gehören dem MTV Nautilus an. Das Kürzel steht für Maritime Tradition Vegesack. Der Verein kommt mit Unterstützung von Sponsoren für alles auf: Reparaturen, Wartung, Fahrtkosten. Als die "Vegebüdel" auf der Werft war, haben Geldgeber einen Teil der Sanierung bezahlt und der MTV einen anderen. Den zahlt der Verein immer noch zurück – mit Spenden, die er von Besuchern bekommt, die mitfahren. Je öfter das Ausflugsschiff also ablegt, desto höher fällt der jährliche Abtrag aus.
2019, als die Barkasse zum ersten Mal in den Sommermonaten zur Besucherbarkasse wurde, war ein gutes Jahr. Die "Vegebüdel" legte regelmäßig voll besetzt ab. Dann kam Corona – und der MTV Nautilus musste notgedrungen machen, wozu viele Vereine gezwungen waren, die auf Gäste aus sind: die Zahl der Plätze verringern. Statt 14 konnten sechs Passagiere mit. Die Begrenzung gilt vorerst auch für diese Saison. Trotzdem hofft Bögershausen, dass sie besser wird als die vergangene. Er schließt nicht aus, dass die Auflagen mit dem Sinken der Fallzahlen noch einmal gelockert werden und mehr Besucher an Bord können als bisher.
Mit wechselnden Mannschaften geht es auf verschiedene Touren. Die Crew ist mittlerweile so groß, dass die "Vegebüdel" ab Juli sowohl jeden Sonnabend als auch jeden Sonntag auf der Weser unterwegs sein wird. Im Vorjahr war das Team noch auf 18 Frauen und Männer gekommen, inzwischen sind es 22. Mit den Schiffsführern, Decksleuten und Maschinisten geht es am ersten Tag eines Wochenendes zum Denkort Bunker Valentin nach Farge und zurück, am zweiten erst zur Bahrsplate, dann in die Lesummündung bis zum Sperrwerk – und von dort wieder zum Anleger. Von den Crewmitgliedern wird erklärt, was die Passagiere am Ufer zu sehen bekommen.
Und das wird mehr sein als sonst. Weil der Museumshaven gerade ausgebaggert wird, ist im Bereich der Einfahrt viel los. Sowohl ein Arbeitsschiff als auch Schwimmschuten, in die der Schlick vom Grund des Hafenbeckens gepumpt wird, sind im Einsatz. Und darum, sagt Bögershausen, ist auch noch nicht ganz sicher, wo die Passagiere an Bord und wieder an Land gehen werden. Momentan gibt es Gespräche darüber, ob der Anleger bei der Gezeitenstation an der Maritimen Meilen wieder so genutzt werden kann wie in den Jahren zuvor. Wenn nicht, will der Verein auf einen anderen ausweichen. Beim Liegeplatz ist er es schon: Statt im Museumshaven ist die "Vegebüdel" jetzt im Grohner Jachthafen.