Die Nordbremer lieben es nicht erst seit Corona, spazieren zu gehen. Das unterscheidet sie nicht von anderen Bremern. Doch anders als im Westen oder Osten schnappt sich der Nordbremer für unterwegs statt des Picknickkorbs einen Bolzenschneider. Anders kommt er nicht durch.
Zumindest nicht im Schönebecker Auetal. Dort ist ein Wanderweg seit anderthalb Jahren mit Absperrgittern verbarrikadiert, weil hier ein wenige Meter langer Holzsteg marode ist. Die Behörde will verhindern, dass die morschen Holzbohlen brechen und Spaziergänger verletzt werden. Die Zäune und Schlösser halten dem Wanderwillen der Nordbremer aber nicht Stand. Im vergangenen Jahr wurden die Zäune nahezu wöchentlich umgetreten. Leser haben sich oft gefragt, ob es nicht günstiger wäre, einfach ein paar Holzlatten zu kaufen und den Steg zu erneuern, als ständig neue Schlösser für die Absperrgitter zu kaufen.
Das Problem ist, dass die Verwaltung nicht weiß, ob sie den Steg zwischen den Straßen Auf dem Krümpel und An der Aue erneuern oder doch nur reparieren soll. Das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) beschäftigt sich jetzt erstmal nach Auskunft des Bauressorts mit der OSA. Nie gehört? OSA ist eine „objektspezifische Schadensanalyse“ und ein komplizierter Vorgang. Das Verfahren dient der Erfassung, Auswertung und Bewertung von Schäden, die zusätzliche Untersuchungen erfordern, heißt es auf der Seite des ASV. Das Verfahren wird in der Regel bei Schäden angewandt, deren Ausmaß nicht bekannt ist und mit Methoden der regelmäßigen Bauwerksprüfungen nicht ausreichend erfassbar ist. Das Ergebnis der Untersuchungen ist stets ein Gutachten eines Sachverständigen. Wie 2018 bei der Lesumbrücke.
Dass für einen einfachen Holzsteg der gleiche bürokratische Aufwand wie für eine Autobahnbrücke betrieben wird, ist schwer nachvollziehbar. Schließlich führen die vergammelten Holzbalken nicht über eine metertiefe Schlucht, sondern liegen wenige Zentimeter über leicht sumpfigem Waldboden. Und dass sie morsch sind, sieht man mit bloßem Auge. Hier braucht es keinen Gutachter, sondern schlicht einen Handwerker. Nicht OSA – Bretter, Säge und Akkuschrauber reichen vollkommen. Nicht einen Papierberg schaffen, sondern in die Hände spucken und einfach einen Holzsteg bauen.
Patricia Brandt