Der Geruch von feuchtem Laub und Pferden erfüllt die Luft an diesem sonnigen Herbstmorgen am Holzmarkt in Verden. Aus einem Hundetransporter dringt ein Chor aus ungeduldigem Fiepen und Bellen – die Foxhounds des Vereins Niedersachsenmeute können den Beginn der Jagd durch die Allermarsch kaum erwarten. Statt der Spur eines Rehs, wie in alten Zeiten, werden sie jedoch einer frisch ausgelegten Fährte von Anis folgen.
Jagdherr Karl Wallis begrüßt die rund 50 Teilnehmer der Hubertusjagd zum Stelldichein vor dem Deutschen Pferdemuseum, darunter Vertreter des Verdener Schleppjagd-Reitvereins und des Reitvereins Aller-Weser. In schweren, herbstlichen Jagdröcken stehen die Reiter erwartungsvoll bereit, einige in roten Jacken, die sie als erfahrene Jagdreiter ausweisen. Die Fanfaren der Parforcehorn-Bläsergruppe „bien aller“ durchbrechen schließlich die Stille und geben das Signal zum Auftakt der Schleppjagd.
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Die Jagdstrecke umfasst gut 15 Kilometer und führt entlang der Aller über natürliche Hindernisse, die an Reiter, Pferde und Hunde hohe Anforderungen stellen. „Wir reiten in Schleppen – Abschnitten von zwei bis vier Kilometern, in denen galoppiert wird und Hindernisse überwunden werden“, sagt Wallis. Anders als im Turniersport gibt es hier keine fallenden Stangen – wer aneckt, riskiert einen Sturz. Wer nicht springen möchte, darf im sogenannten nicht-springenden Feld folgen.
Am Allerdeich – auf Höhe des Klusdamms – nimmt die Meute die künstliche Anisspur zum ersten Mal auf. Von nun an folgen die Reiter den aufgeregten Hunden im Galopp durch die weitläufige Marschlandschaft. Ein eindrucksvolles Bild bietet sich, als die Meute an einer Furt durch das Wasser der Aller prescht. Die Parforcehörner begleiten das Geschehen mit feierlichen Klängen, während etliche Zuschauer das Treiben von den umliegenden Deichen aus verfolgen.
Nach gut zwei Stunden und zahlreichen Sprüngen über Hecken sowie Baumstämme erreicht die Meute ihr Ziel am Deich Gut Hönisch, wo das feierliche Halali die Jagd beschließt. Der Klang der Hörner hallt ein letztes Mal über die grünen Wiesen, während die Hunde sich um das traditionelle Curée reißen – ein Pansenstück, das die Leistung der Meute würdigt. Den Reitern wird Bruch, ein Eichenzweig, und ein Portwein als sogenannter Bügeltrunk gereicht.
„Unser Ziel heute war es, heil anzukommen und die Schleppjagd als Gemeinschaftserlebnis zu genießen. Und das ist uns gelungen“, erläutert Fredy Behrendt gleichermaßen erschöpft und zufrieden. Der erfahrene Verdener Reiter nimmt seit vielen Jahren an Schleppjagden teil und freut sich bereits auf das nächste Mal.

Die Bläsergruppe „Bien aller“ begleitet die Reiter über die gesamte Jagdstrecke.