Der Kehranzug sitzt, der Zylinder steht. Zeit für Ron Stehmeier, die Dächer Bremens zu erklimmen. Es ist kurz vor 7 Uhr morgens, die Sonne geht gleich auf, da macht sich der Bezirksschornsteinfeger auf den Weg zu seinen ersten Kunden. „Es ist super abwechslungsreich. Jeden Tag andere Feuerstätten, andere Häuser, andere Kunden, anderes Wetter“, schwärmt der 35-Jährige. Doch er gibt auch zu: „An Tagen, an denen es glatt ist, macht es nicht ganz so viel Spaß. Wenn man unbeschwert aufs Dach kommt, ist das Gemüt fröhlicher als bei kaltem Wetter.“
Stehmeiers Begeisterung für seine Arbeit ist nach nunmehr 17 Jahren ungebrochen. Als Praktikant habe er nach dem Schulabschluss verschiedene Handwerksberufe ausprobiert, bis sein Vater ihm zu einem Praktikum bei einem Schornsteinfegerbetrieb geraten habe. Nach zwei Wochen sei für ihn klar gewesen, dass seine berufliche Zukunft auf dem Dach liege. „Das habe ich bis jetzt nie bereut“, sagt er zufrieden.
Mal direkt von oben, mal durch Reinigungsklappen lässt er die Kehrleine, die zu seiner Zunft dazugehört wie der Zylinder, in die Schornsteine hinab und fegt. Die Asche wird mal händisch, mal mit dem Staubsauger entsorgt. Manchmal wird es auch etwas außergewöhnlicher für den Mann, der knapp 3000 Haushalte in seinem Bezirk in Oberneuland und Osterholz betreut. Ein einzigartiger Kamin auf Stehmeiers Route eignet sich besonders gut dazu, sein Handwerk zu demonstrieren. Er ist zwar schon stillgelegt, doch die prunkvolle Feuerstätte, die mit französischen Kacheln aus dem 18. Jahrhundert geschmückt ist, lässt das Nostalgikerherz höherschlagen.
Schornsteinfeger sei kein altbackenes Handwerk, betont Stehmeier: „Unser Beruf ist sehr technisch geworden.“ Konkretes Wissen über Anlagentechnik, Verordnungen und die Bauordnung seien unabdingbar. Messwerte werden heutzutage via Tablet direkt vor Ort in eine Cloud eingespeist, um sie dann später am Computer zu verarbeiten.
Es scheint dem 35-Jährigen zu gefallen, wie Tradition auf moderne Technik trifft. Wie der Zylinder auch heute das Tüpfelchen auf dem i ist und seine Zunft dieser Erinnerung an alte Tage treu bleibt. „Damals wurden alle möglichen Gegenstände, wie zum Beispiel Geld oder Arbeitszettel, für die in den Taschen kein Platz war, einfach unter dem Zylinder verstaut.“ Und selbst für den Aberglauben gibt es heute noch Platz: Dass Schornsteinfeger Glück bringen, gilt immer noch.