Der Wegfall des Umweltbonus beim Kauf von neuen Elektrofahrzeugen kam eine Woche vor Weihnachten völlig überraschend. Kurzerhand sprangen fast alle Hersteller und Importeure ein und hatten neben der eigenen Förderung auch den staatlichen Anteil des Bonus zumindest für Zulassungen bis zum Jahresende übernommen – teilweise darüber hinaus. Inzwischen gibt es von Herstellerseite sogar Rabatte, die höher sind als der gesamte Umweltbonus, der im vergangenen Jahr vereinbart war.
So bietet Volkswagen laut einem Bericht des "Handelsblatts" bis Ende März Rabatte auf ihre ID-Modelle, die zum Teil sogar die bisherigen Fördersummen übersteigen. Der Preisnachlass, der unter dem Namen Umweltprämie läuft, für die Baureihen ID.4 und ID.5 liegt demnach maximal bei mehr als 7700 Euro. Man wolle nachhaltige Mobilität möglichst einem großen Kreis zugänglich machen, sagte VW-Vertriebschefin Imelda Labbé dem "Handelsblatt". Wichtig sei Deutschlands größtem Autohersteller, eine stabile Profitabilität und den Marktanteil zu halten. Die Renault-Tochter Dacia gewährt nach der "Handelsblatt"-Liste derzeit den höchsten Rabatt: Danach kostet der Elektro-SUV Spring knapp unter 13.000 Euro durch den Preisnachlass von 10.000 Euro.
Wie lange wird es Rabatte geben?
Auch Tesla aus den USA macht jetzt mit, berichten verschiedene Medien: Das in Grünheide bei Berlin hergestellte Model Y – der Bestseller von Tesla – wird für fast 5000 Euro weniger angeboten. Man werde in den kommenden Wochen und Monaten eher mehr als weniger Herstellerrabatte sehen, so Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Auch der chinesische Autohersteller BYD senkt gleich für mehrere Elektroautomodelle den Preis um bis zu 7000 Euro.
"Wir sind froh, dass unsere Hersteller die weggefallene staatliche Förderung überwiegend ausgleichen", sagt Harm Fischer, Vertriebsvorstand der Autohausgruppe Schmidt und Koch. Das Unternehmen hat 19 Standorte in Bremen und Niedersachsen und verkauft unter anderem Autos der Marken Volkswagen, Audi, Skoda, Seat, Porsche und Ford. "Da die Elektrofahrzeuge in der Regel geleast werden, ermöglicht dies, gerade vor dem Hintergrund gestiegener Zinsen, weiterhin attraktive Raten darzustellen", so Fischer. Der plötzliche Wegfall des staatlichen Anteils habe auf jeden Fall kurzfristig für negative Nachschwingungen bei Kaufentscheidungen gesorgt. "Das Interesse an Elektromobilität ist allerdings weiterhin vorhanden." Und durch den Wegfall der Subventionen seien auch die verbrauchsarmen Verbrenner-Fahrzeuge wieder in den Vordergrund gerückt.
Vom plötzlichen Stopp des Umweltbonus waren laut dem ZDK etwa 60.000 E-Fahrzeuge betroffen. "Hochgerechnet ergaben die Zahlen, dass zum Jahresende 2023 rund 30.000 E-Fahrzeuge zur Auslieferung bereitstanden." Für weitere rund 30.000 E-Fahrzeuge seien Kaufverträge abgeschlossen, die Zulassung für 2024 geplant. „Das Vertrauen in eine nachvollziehbare und rationale Politik der Bundesregierung zur Förderung der Elektromobilität ist massiv beschädigt worden", so ZDK-Präsident Arne Joswig. So könne man weder mit der Industrie noch dem Mittelstand umgehen. "Wir brauchen eine klare und berechenbare Förderpolitik, um das Vertrauen der Kundinnen und Kunden wiederzugewinnen." Dafür müsse Politik gangbare und verlässliche Wege aufzeigen, um zumindest noch in die Nähe des postulierten Ziels von 15 Millionen E-Fahrzeugen bis 2030 zu gelangen.
Damit die Verunsicherung wieder weniger wird, "benötigen wir meines Erachtens auch wieder einer guten Konsumlaune in der Bevölkerung", so Fischer. "Wir benötigen Rahmenbedingungen, die wieder an den Wirtschaftsstandort Deutschland glauben lassen. Auch ein prognostiziertes niedriges Zinsniveau wird den Konsum mittelfristig stärken."
Wie viele E-Autos wurden 2023 verkauft?
Im vergangenen Jahr wurden insgesamt etwa 524.000 Elektroautos in Deutschland neu zugelassen. Damit wurde ein neuer Höchstwert erreicht. Der Anteil der reinen Batterie-Fahrzeuge (BEV) an der Gesamtanzahl der Autos lag bei etwa zwei Prozent. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet laut einem Bericht der "Tagesschau" in diesem Jahr mit einem Rückgang von bis zu 200.000 Elektroauto-Verkäufen. Nach Meinung des Automobilclubs ADAC kommt das Auslaufen der Förderung zu früh. Denn es gebe bislang nur drei Fahrzeuge unter 30.000 Euro auf dem deutschen Markt. Die Hersteller müssten deshalb dringend das Angebot an günstigeren Fahrzeugen erhöhen, so eine Sprecherin.