Verglichen mit dem Ende des vergangenen Jahres sind die Preise für den Containertransport auf den Frachtschiffen um das Dreifache gestiegen. Der Grund: Wegen der Angriffe der Huthi-Rebellen fahren die Schiffe auf der Strecke von Asien nach Europa nicht mehr durch das Rote Meer und den Suezkanal. Dadurch brauchen die Schiffe mindestens eineinhalb Wochen länger. Einige Handelsketten beschweren sich bereits über die hohen Preise. Daher stellt sich die Frage, ob die beliebten Weihnachtsgeschenke wie Smartphones und Fernseher wohl vor dem Fest in den Geschäften teurer sein werden als im vergangenen Jahr. Was man dazu wissen muss.
Wie sehen Logistiker die Situation?
Thorsten Dornia, der Vorsitzende des Vereins Bremer Spediteure, sagt: „Die Verfügbarkeit bei Unterhaltungselektronik ist besser als in den Zeiten der Lieferkettenprobleme zur Pandemie. Man darf sich nichts vormachen: Die Raten sind wieder höher." Mitten in der Pandemie konnte man beobachten, dass einige Fernseher 25 bis 50 Euro mehr kosteten als im Jahr zuvor. Laut Dornia kann das zu einem Teil damals an den höheren Containerraten gelegen haben, gleichzeitig sieht er aber Mitnahmeeffekte seitens der Händler – sie hätten also die Situation genutzt und auf die höheren Lieferkosten zusätzlich noch etwas draufgeschlagen.
Der Vorstandsvorsitzende des Logistikunternehmens Kühne+Nagel, Stefan Paul, sagte neulich bei der Halbjahresbilanz: "Einige große Consumer-Kunden im Einzelhandel, vor allem in den USA, haben bereits jetzt ein klein wenig Produkte für das Weihnachtsgeschäft eingekauft – womöglich aus Unsicherheit wegen der aktuellen Situation."
Wie hoch sind die Containerraten eigentlich gerade?
Aussagen dazu lassen sich zum Beispiel über den World-Container-Index des privaten Consulting-Unternehmens Drewry machen. Im vergangenen Dezember lagen die Kosten noch deutlich unter 2000 US-Dollar für einen 40-Fuß-Container. Inzwischen liegen die Raten hier laut Index bei knapp 6000 US-Dollar. Thorsten Dornia berichtet von Reedereien, die momentan den Spediteuren nur Tagesraten anbieten und keine Raten, die über mehrere Wochen Bestand hätten: „Es gibt Unternehmen, die haben langfristige Verträge abgeschlossen. Dann gibt es aber auch Unternehmen, die nicht mehr langfristig abschließen wollten." Die hielten das nicht für nötig, weil sie Ende des vergangenen Jahres davon ausgingen, dass die Frachtraten so niedrig bleiben werden wie damals. "Die wollten sich lieber kurzfristig auf dem Markt umschauen. Die werden für diese Strategie nun abgestraft.“
Was bedeutet das für die Waren?
Bei hochpreisigen Waren lassen sich auch die höheren Transportkosten abbilden. Allerdings gibt Dornia zu bedenken: „Wo geringe Gewinnmargen auf dem Produkt sind, halten sich die Händler mit den Bestellungen zurück." Das führe dazu, dass erst mal nicht bestellt werde und man die Lager lieber zunächst leerlaufen lasse. Hier lassen sich die höheren Kosten nicht so einfach draufschlagen. Die Handelskette Depot hat eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt und machte dafür innerhalb der gestiegenen Kosten auch die hohen Frachtraten dafür verantwortlich. Beim Billig-Textildiscounter Kik kommt 80 Prozent der Ware aus Fernost. Der Kik-Chef Patrick Zahn sprach im Handelsblatt davon, dass die Reeder eine künstliche Verknappung betreiben würden.
Auf der anderen Seite lässt nicht nur Hapag-Lloyd die Schiffe mit 18 Knoten statt mit 14 Knoten über das Kap der Guten Hoffnung fahren. Das benötigt mehr Treibstoff. Weil auch die Container länger unterwegs sind, bestellte Hapag-Lloyd am Jahresanfang zusätzlich 125.000 Standardcontainer (TEU).
Wie lange werden die Frachtraten so hoch bleiben?
Langfristig ist durchaus von wieder sinkenden Frachtraten auszugehen. Denn alle großen Reedereien haben noch größere Schiffe bestellt mit noch mehr Platz für Container. Die werden irgendwann in den Dienst gestellt und sich gegenseitig Konkurrenz machen. Der Bremer Logistiker Thorsten Dornia, Geschäftsführer bei Brelog, sagt über die aktuelle Situation: „Die Weltwirtschaft explodiert ja nicht gerade – das ist alles auf das Rote Meer und die Angriffe der Huthi-Rebellen zurückzuführen. Es geht hier ja um externe Faktoren.“ Sollten diese Angriffe vorbei sein und die Schiffe wieder durch das Rote Meer und den Suezkanal fahren, könne sich die Situation wieder ändern.
Wie reagieren andere Handelsketten?
Um sich unabhängiger vom Auf und Ab der Frachtraten zu machen, gründete Lidl mit der Tailwind Shipping vor zwei Jahren eine eigene Reederei mit Sitz in Hamburg. Mit vier Schiffen ging es los, darunter auch die "Merkur Ocean", die der Bremer Reederei F. A. Vinnen & Co gehört. Daraus sind inzwischen acht Schiffe geworden und 100 Beschäftigte, von denen die meisten in Hamburg arbeiten. Die Schiffe transportieren eine Fracht von zwischen knapp 4000 bis zu knapp 7000 Standardcontainer und sind damit kleiner als die Schiffe der großen Reedereien. Damit fahren sie weniger und auch kleinere Häfen an, in denen die Schiffe schneller abgefertigt werden können. Waren die Dienste erst mal nur für Lidl & Schwarz und die Non-Food-Aktionsartikel angedacht, bietet Tailwind Shipping seine Dienste inzwischen auch anderen Kunden an.