Christoph Schlingensief ist am Samstag im Alter von 49 Jahren verstorben. Das bestätigte ein Sprecher der Ruhr-Triennale gegenüber unserer Redaktion. Erst Anfang Juli hatte der Regisseur wegen einer erneuten Krebsdiagnose eine Inszenierung absagen müssen.
Fotostrecke Genie und Provokateur: Das Leben des Christoph Schlingensief
Christoph Schlingensief ist am Samstag im Alter von 49 Jahren verstorben. Das bestätigte ein Sprecher der Ruhr-Triennale gegenüber unserer Redaktion. Erst Anfang Juli hatte der Regisseur wegen einer erneuten Krebsdiagnose eine Inszenierung absagen müssen.
Er liebte bis zuletzt die Provokation. In seinen Inszenierungen, Performances, Aktionen und Filmen setzte er auf Emotionen und Tabubrüche, die immer wieder für empörte Aufschreie sorgten. Den Kampf gegen die Krankheit verlor Schlingensief am Samstag. Am 24. Oktober wäre er 50 Jahre alt geworden.

Schlingensief arbeitete bis wenige Wochen vor seinem Tod rastlos. Die Regiearbeit mit seinem Stück S.M.A.S.H. - In Hilfe ersticken konnte er wegen einer neuen Krebsdiagnose nicht mehr beenden.

Immer wieder standen Krankheit und Tod Mittelpunkt seiner letzten Werke. Seine Krankheit dokumentierte er auch in einer Art Tagebuch: So schön kanns im Himmel gar nicht sein! erschien 2009.

Viel Zeit widmete er seinem Projekt, in Burkina Faso ein Festspielhaus zu errichten, damit Künstler aus Europa dort auf Zeit leben.

Der Alptraum begann für Schlingensief Anfang Januar 2008, als Lungenkrebs - ein Nichtraucherkrebs - diagnostiziert wurde. Die Ärzte entfernten einen Lungenflügel. Er erholte sich, doch bereits ein knappes Jahr später wurden auf dem anderen Lungenflügel zehn neue Metastasen entdeckt.

Er sei gerade wieder dabei gewesen, ins Leben zurückzukehren, sagte er dem Spiegel Ende 2008. Mit seiner Freundin - und späteren Frau - Aino sei er durch die Gegend gelaufen und habe gedacht:

Schlingensief glaubte, der Krebs sei in der Zeit entstanden, in der er in Bayreuth Richard Wagners Parsifal inszenierte - und damit einen seiner größten Erfolge feierte.

Schlingensief, Sohn eines Apothekers und einer Kinderkrankenschwester, bezeichnete sich als Christ, der an ein Leben nach dem Tod glaubt - wenngleich er die katholische Kirche ablehnte. Geboren wurde er am 24. Oktober 1960 in Oberhausen. Er wuchs nach eigenem Bekunden in einem extrem kleinbürgerlichen Elternhaus auf. Sein Studium der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in München fand er zu langweilig - er brach es nach sieben Semestern ab.

Lieber drehte er Filme, unter anderem Das deutsche Kettensägenmassaker, Terror 2000 und Die 120 Tage von Bottrop - Der letzte Neue Deutsche Film. 1996 war Schlingesief erster Aufnahmeleiter bei der ARD-Soap Lindenstraße, wo er grauenhafte Erfahrungen machte.

Er führte Schauspieler, Behinderte und Laien zu einer Truppe zusammen. Sein Stück Schlacht um Europa wurde 1997 von Theater Heute zum besten deutschsprachigen Stück gekürt. Zu einem Eklat kam es bei der Documenta 1997, als Schlingensief das Plakat Tötet Helmut Kohl! präsentierte.

Schlingensief mischte auch selbst in der Politik mit: 1998 trat er mit seiner Partei Chance 2000 zur Bundestagswahl an und machte mit Aktionen wie Anti-Kanzler-Baden am Wolfgangsee in Österreich, dem Urlaubsort des damaligen Kanzlers Helmut Kohl, auf sich aufmerksam. Ziel war es, den Wolfgangsee zum Überlaufen zu bringen.