Gisela Schneeberger verrät im Interview, warum sie ein wenig Intoleranz und politische Inkorrektheit ganz gut findet, und erzählt von einem geplanten neuen Kinoprojekt mit Gerhard Polt.
Es hat ein wenig gedauert, bis Gisela Schneeberger, die nicht nur eine vielseitige Komödiantin ist, sondern auch in ernsten Rollen wie dem ARD-Drama "Mit einem Schlag" glänzt, aus dem Schatten großer Männer heraustrat. Als langjährige Sketch-Partnerin von Gerhard Polt ("Fast wia im richtigen Leben") wurde sie immer wieder mit kongenialen Begleiterinnen wie Karl Valentins Gegenüber Liesl Karlstadt oder Loriots Evelyn Hamann verglichen - gerade weil auch die keine bloßen Stichwortgeberinnen waren. Die heute 63-Jährige Eichstätterin hat sich ihre enorme Wandlungsfähigkeit und ihr sicheres Gespür für Tonlagen und Zwischentöne erhalten: Ihre Bandbreite reicht von manchmal etwas grellen Originalen wie der betrogenen Geliebten Elli in der Kultserie "Monaco Franze - Der ewige Stenz" bis hin zu reiferen, resoluten Rollen der jüngeren Zeit. Im ARD-Drama "Pilgerfahrt nach Padua", das am Donnerstag, 14. Oktober, 20.15 Uhr, ausgestrahlt wird, spielt sie eine etwas verletzliche Mutter, die für das Lebensglück ihrer Tochter die physischen und spirituellen Strapazen einer Gemeindereise in einem altersschwachen Omnibus auf sich nimmt.
teleschau: Frau Schneeberger, Ihr neuer Film "Pilgerreise nach Padua" ist ja für eine leichte Komödie doch überraschend ernst, fast ein wenig traurig angelegt.
Gisela Schneeberger: Das finde ich auch. Der Titel klingt mir doch recht harmoniesüchtig. Ursprünglich sollte er sogar mal "Der Heilige Antonius und die Liebe" heißen. Allerdings gefiel mir das Drehbuch dann doch deutlich besser, als es der Titel erwarten ließ.
teleschau: Im Film sorgen sich die Pilgerreisenden vor der Einsamkeit, weil sie fürchten, dass sie den Richtigen noch nicht gefunden haben oder nie finden werden.
Schneeberger: Ist das für Sie heute ein ernstes Thema? Ich finde, darüber gibt es in letzter Zeit nur noch Komödien. Die Gruppe, die gemeinsam auf Reisen geht, besteht für mich aus ziemlich bizarren Figuren. Jeder hat so seine kleine Meise und gleichzeitig ganz genaue Vorstellungen davon, was mit ihm während der Fahrt geschehen soll.
teleschau: Könnten Sie sich selbst vorstellen, sich so einer Reisegesellschaft anzuschließen?
Schneeberger: Schulausflüge hatte ich gehasst. In einer Meute mitzulaufen, wäre überhaupt nichts für mich. Deswegen habe ich auch noch nie eine Tournee mitgemacht. Wie ich von den Kollegen höre, gehen dort die besten Verbindungen in die Brüche. Mich würde es wahnsinnig nerven, wenn ich für einen Filmdreh über mehrere Wochen hinweg mit den anderen Schauspielern an einem Ort wohnen müsste. Ich brauche immer wieder meine Ruhezeiten von den Menschen.
teleschau: War die "Pilgerreise" eine etwas ernstere Variante Ihrer beliebten Rolle in der BR-Serie "Franzi"? Dort mischt sich die Mutter ja auch stark ins Leben, ja ins Liebesleben ihrer Tochter ein?
Schneeberger: Ich spiele immer öfter Rollen, in denen ich mich stark einmische. In Wirklichkeit bin ich gar nicht so. Früher war das anders. Bei Freunden mische ich mich heute gar nicht mehr ein. Politisch würde ich mich gerne immer stärker einbringen. Aber private Dinge, die mir auffallen oder die mich stören, kann ich mittlerweile viel leichter einfach mal stehen lassen. Ich bilde mir zumindest ein, dass ich viel relaxter geworden bin.
teleschau: Das klingt ja so, als müssten Sie sich zur Toleranz immer wieder selbst zwingen?
Schneeberger: Ich bin fest davon überzeugt, dass Toleranz das Allerschwerste ist. Jeder Mensch sollte dazu stehen, dass er auch ein gehöriges Maß an Intoleranz in sich trägt. Man muss in guten Freundschaften auch mal ordentlich über die anderen lästern können.
teleschau: Wo hört bei Ihnen der Spaß auf?
Schneeberger: Hinter dem Rücken der anderen reden - das macht doch jeder gerne, gerade in unserem Beruf. Übrigens Männer genauso wie Frauen. Der Spaß hört an dem Punkt auf, an dem man anderen wirklich schadet. Politisch inkorrekte Intoleranz finde ich gelegentlich recht interessant. Außerdem finde ich es wichtig, dass mir gute Freunde die Wahrheit ungeschminkt ins Gesicht sagen.
teleschau: Was war das eigentlich für ein Tag für Sie, als Sie hörten, dass sich die "Biermösl Blosn" trennen wollten?
Schneeberger: Ich bin mit allen gut befreundet und wusste daher schon länger von den Trennungsplänen. Das passiert einfach manchmal so, dass man sich auch nach 30 Jahren Zusammenarbeit trennt. Das war auch bei mir und Gerhard Polt so - obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass wir mal wieder zusammenkommen können.
teleschau: Die Trennungen liegen aber nicht daran, dass es kritische politische Unterhaltung heutzutage generell schwerer hat?
Schneeberger: Was ich mit Polt gemacht habe, war ja gar nicht so sehr kritisches Kabarett, sondern vor allem die Reihe "Fast wia im richtigen Leben". Bei der mussten wir irgendwann feststellen, dass sich ab Ende der 80er-Jahre von allen Seiten Nachahmer bemerkbar machten. Deswegen war es im Grunde auch richtig, damals aufzuhören.
teleschau: Sie wechselten die Bühne und traten zusammen mit Polt in satirisch-kritischen Programmen an den Münchner Kammerspielen auf. Könnte es hierfür ein Comeback geben?
Schneeberger: Das glaube ich eher nicht. Was uns vorschwebt, wäre mehr ein kleines Kinoprojekt. Aber über das kann ich jetzt noch nicht sprechen. Themen gäbe es ja genug: Die Realität heute hat selbst etwas Kabarettistisches. Ich denke da nicht nur an die Bankenkrise, sondern vor allem an die superreiche Industriellen-Gattin, die sich rühmt, dass sie selbst bei Aldi einkaufen geht.
teleschau: ... eine dankbare Schneeberger-Rolle?
Schneeberger: Wenn ich von solchen Geschichten lese, dann reiße ich mir die sofort aus den Zeitungen aus - für mein privates Archiv. Immer wieder kann ich bei den Filmprojekten selbst Vorschläge machen. Und da kommen dann meine interessant verschrobenen Frauen zum Vorschein. Ich finde es menschlich faszinierend, wie jemand wirklich jammern kann, wenn er in Wirklichkeit noch Millionen oder sogar Milliarden auf dem Konto hat.
teleschau: Das klingt, als ob Sie viele spannende Drehbücher aus Ihrem Zeitungsarchiv speisen könnten.
Schneeberger: Mir fehlt nur leider oft die Überzeugungskraft, meine Themen an den Mann zu bringen. Schade drum.