Landkreis Diepholz. Der Grünkohl ist aus. Dabei ist die Kohl- und Pinkel-Saison noch längst nicht zu Ende. In vielen Gefriertruhen im Einzelhandel herrscht Fehlanzeige dort, wo sonst die großen Tüten mit tiefgekühltem Oldenburger Grünkohl zu finden sind. "Die Hälfte der Tiefkühlware ist weg. Teilweise haben sich hier schon die Gastronomen eingedeckt", sagt Ingo Kirchhoff, Aufsichtsratsmitglied der Edeka Minden-Hannover und selbst Inhaber mehrerer Edeka-Märkte, unter anderem in Thedinghausen. Denn die beliebten Kohltouren und -partys laufen an den Wochenenden noch bis Anfang März. Doch der Kohl ist nicht so gewachsen und konnte auch nicht in solchen Mengen und guter Qualität wie gewohnt geerntet werden.
Lieferanten haben nichts mehr
"Die Lieferanten haben tatsächlich keinen Grünkohl mehr", musste auch Andree Meyer, Vorsitzender des deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Landkreis feststellen. Für sein eigenes Gasthaus Zur Post in Neubruchhausen habe er jedoch frühzeitig noch Tiefkühlware bekommen. "Als man hörte, dass es nichts mehr gibt, haben wir noch mal zugeschlagen." Denn auch Meyer lässt am liebsten die frische, schockgefrorene "Oldenburger Palme" aus der Region kochen und auf den Tisch bringen. "Wir haben untereinander auch schon mal Ware getauscht, wenn der eine oder andere Gastwirt noch einen Karton zu viel stehen hatte." In anderen Jahren sei durchaus auch mal etwas aus dem Einkauf übrig geblieben. Meyer ist sicher, dass er seine Kohlpartys wie geplant durchziehen kann. Auch für die Kollegen im Landkreis Diepholz sieht er die Lage positiv: "Wir tauschen uns untereinander aus."
Was jetzt noch zu bekommen ist, seien Randprodukte, erklärt Ingo Kirchhoff: beispielsweise in Bio-Qualität, oder eben in Dosen und Gläsern. Aber auch diese meist teureren Produkte würden jetzt gekauft, wenn es nichts anderes mehr gebe. Allerdings hätten die Leute in diesem Winter auch einfach viel mehr Grünkohl gegessen als gewohnt. "Ich selbst auch", gibt Kirchhoff zu: "Wenn das Wetter so muckelig ist, essen die Menschen gerne was Deftiges." Bei trüben Temperaturen und Dauerregen würde eben noch niemand an Bratwurst und Grillen denken. Bedauerlich sei, wenn die Gastronomie quasi den Privatverbrauchern den letzten Kohl wegkaufen müsse – und diese dann zu Hause auch keinen Grünkohl mehr essen könnten.
Der Grund für die Misere
Und der Grund für die ganze Misere? "Der Grünkohl hat nasse Füße bekommen", erklärt Henrik Witte, Geschäftsführer von Elo-Frost in Visbek. Dort wird es produziert, das beliebte norddeutsche Wintergemüse. "Gefühlt hat es seit Oktober durchgeregnet, das ist dem Kohl nicht gut bekommen." Die Qualität sei ungenügend gewesen, und mittlerweile sei ohnehin Schluss: "Die Ernte ist verdorben." Der extrem viele Regen verursacht beim Kohl gelbe und braune Blätter, die will keiner essen. Vielerorts konnten Landwirte mit ihren Erntemaschinen auch nicht auf ihre Felder, weil diese überschwemmt und aufgeweicht waren.
Bis vor Kurzem hätte man noch versucht, frischen Kohl zu ernten für die Wochenmärkte, doch mittlerweile sei auch dies vorbei, so Witte. Die eigentliche Produktion für die Tiefkühlware liefe ja schon seit Oktober. Der Elo-Geschäftsführer bezeichnet dieses als "historisch schlechtes Jahr" für Grünkohl: "Seitdem Elo Grünkohl produziert, hatten wir das noch nie." Allerdings hätte er von Kollegen gehört, dass der Winter 1993/94, vor genau 30 Jahren, ähnlich nass gewesen sein solle.