Wie es sich für ein Museum ziemt, das lebendige Geschichte präsentieren will, werden bei der Museumsbahn des Deutschen Eisenbahn-Vereins (DEV) in Bruchhausen-Vilsen immer wieder historische Besonderheiten und unverzichtbare Details der Geschichte aufgearbeitet und gezeigt. So seit einiger Zeit die Korbsignale. Aktuell stehen einige dieser alten, ungewöhnlichen Scheiben entlang der Strecke am Haltepunkt Heiligenberg. Nicht selten ist dabei Verwunderung zu hören, wenn Betrachter dazu Fragen stellen. „Davon habe ich noch nie gehört, wann gab es die denn tatsächlich und warum?“, ist eine der Bemerkungen.
Dazu hat Rolf Gerdes ausführliche Antworten parat, denn schließlich hat er diese ausgefallenen, mehr als 100 Jahre alten Signale im Fundus des DEV aufgestöbert. „Doch bevor wir die aufstellen konnten, mussten sie erstmal eingehend restauriert werden“, lächelt der Fachmann. Als langjähriger Mitarbeiter der Bundesbahn in Hamburg kann er darüber und über die spannenden Hintergründe viel erzählen. Nicht nur zur allgemeinen Historie der Eisenbahn, sondern auch über die wichtigen Signale.
Vor allem hatten sie Bedeutung, weil ja zu Zeiten von Petroleum und Dampf die Kommunikation auf den Strecken etwas komplizierter war. Wie beispielsweise jemanden benachrichtigen, wenn eine Bahn auf den Schienen liegengeblieben war, einen nachfolgenden Lokführer warnen?
„Somit kam es natürlich auch zu schweren Eisenbahnunfällen, wenn ein Zug zum Beispiel bei Dunkelheit mit einem vorausfahrenden und auf der Strecke liegengebliebenen Zug kollidierte. Abhilfe schaffte dann eine Signalisierung, bei der Züge im Raumabstand verkehrten. Eine Eisenbahnstrecke wurde in Abhängigkeit der Anzahl der verkehrenden Züge in Blockabschnitte unterteilt, und ein Blockwärter am Anfang einer Blockstrecke zeigte dem Lokführer eines herannahenden Zuges mit einer grünen Fahne das Signal ‚Strecke frei‘ oder mit einer roten Fahne ‚Halt, Strecke besetzt‘“, weiß Gerdes. Allerdings sei das mit den Fahnen sehr schwierig gewesen, daher habe man diese optischen Telegraphenlinien entwickelt; aus jungen Weidenzweigen geflochtene, bunt angemalte Ballone, die, an Masten hochgezogen, dem Lokführer schon von Weitem das Signal „Strecke frei“ anzeigten.
Erste Korbsignale habe es schon 1845 auf der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn in Österreich durchgehend gegeben, bei Dunkelheit durch Laternen beleuchtet, die auf konische Stöcke aufgesteckt wurden. Neben den Ballonen wurden für solche Signale auch flache Scheiben und Rechtecke entwickelt, die Gerdes fachgerecht ohne Klammern und Bindegarn restauriert hat. „Ich habe lose Farbschichten entfernt, das Korbgeflecht mit Leinöl behandelt und schließlich die dem Preußischen Signalbuch entsprechende Signalfarbe aufgetragen.“ Entnehmen lässt sich zu deren Systematik viel aus dem Signalbuch von 1902. „Daher wurde mir klar, dass vor der Bemalung unserer Signale, die nach 1922 entstanden sind, zuvor andere Farben genommen wurden.“ Jetzt erkennt man Langsamfahrsignale: für den Anfang ein schwarzes A auf einem braunen Grund, für das Ende ein weißes E auf grünem Grund.
Gemeinsam mit dem hilfsbereiten Zugführer und Heizer-Azubi Jonas Kindermann hat Gerdes die Korbsignale auf dem Heiligenberg aufgestellt. An den Tagen der Eisenbahnfreunde – am Wochenende 3. und 4. August – können Interessierte detaillierte Informationen darüber bei Gerdes erhalten. Er wird nämlich vor Ort sein, kurzzeitig möglicherweise auch bei den Modellbahnen anzutreffen, bei der Spur-Null-Gemeinschaftsanlage des N-Bahnerkreis und der Eisenbahnfreunde Kölln-Reisiek in der Fahrzeughalle, oder bei einem Kaffee dort. An beiden Tagen können die unterschiedlichsten größeren Spurweiten der Modelleisenbahnen bestaunt werden. In der Fahrzeughalle in Bruchhausen-Vilsen werden eine Spur-Zwei-Echtdampfanlage und ein Nachbau des Bahnhofs Asendorf aus Lego ausgestellt. Mit der Fünf-Zoll-Minibahn geht es von der Fahrzeughalle zum Gartenbahncafé, das an diesen Tagen geöffnet hat. Auf der acht Kilometer langen Strecke zwischen Bruchhausen-Vilsen und Asendorf verkehren in einem dichten Fahrplan Personen-, Güter- und gemischte Züge in authentischen Zugbildungen, historische Trecker werden sich am Wochenende entlang der Strecke aufhalten.