Die Bewerbungsfrist war schon abgelaufen. Doch der Zettel mit der Ausschreibung hing immer noch draußen an der Mauer, eine Bekannte machte ihn darauf aufmerksam. Wäre der Job nichts für ihn?
Und ob er es war! Seit gut zwei Wochen arbeitet Maik Rückert als neuer Friedhofsmeister der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Lilienthal. "Etwas Besseres konnte mir nicht passieren", sagt der 55-Jährige.
Auf dem Friedhof an der Falkenberger Landstraße sprießt es gerade üppig. Viel zu tun in dieser Zeit. Seine kleine rote Gartenschere liegt immer griffbereit in Rückerts Gürteltasche. Für die Hainbuche in der Nähe der Kapelle nimmt er natürlich die große Akku-Heckenschere. Rückert liebt es, draußen zu sein, erzählt er. Und er freue sich auf die Aufgaben, die mit seiner neuen Vollzeitstelle verbunden seien.
Eigentlich ist Maik Rückert ja Tischler, früher montierte er Küchen. Irgendwann suchte der Bremer Landesverband der Gartenfreunde einen Gärtner – für das Floratrium, den Lehr- und Erlebnisgarten in Horn-Lehe. Er bewarb sich und bekam den Job. "Ich war immer naturverbunden und hatte in Horn eine Parzelle", so Rückert. Elf Jahre lang arbeitete er in der ökologischen Ausbildungsoase. Viel lernte er in dieser Zeit von Hartmut Clemen, Bremens Chefgärtner, der demnächst in den Ruhestand geht. "Er war mein bester Lehrmeister." Tausende Tipps habe der 55-Jährige bekommen, über Pflanzen, übers Wachsen und Reifen. Auch nach seinem Abschied vom Floratrium tauscht sich Rückert regelmäßig mit Clemen auf Whatsapp über Fachfragen aus. "Wir haben einen guten Draht."
Umgang mit dem Klimawandel
Wie Clemen treibt auch Rückert der Klimawandel um. Bei seinen Rundgängen über den Friedhof an der Falkenberger Landstraße fallen ihm auf Urnengräbern immer wieder Bodendecker auf, die dort eigentlich nicht hingehörten. Die Waldsteinie zum Beispiel sei weit verbreitet, habe aber in der prallen Sonne nichts zu suchen. "Da geht sie kaputt oder man muss sie jeden Tag wässern." Andere Bodendecker kämen mit dem Klimawandel besser zurecht, weiß der Bremer, etwa die Vinca minor oder Vinca major – die meisten kennen sie als "Immergrün". Rückert kümmert sich mit drei nebenamtlichen Friedhofsarbeitern um den Gottesacker an der Falkenberger Landstraße. Zur Not hilft er auch auf den Friedhöfen in St. Jürgen und Frankenburg aus, für die aber im Normalfall andere verantwortlich sind.
Doch die gärtnerische Arbeit auf dem Friedhof, der 1850 eingeweiht wurde, ist nur ein Teil seiner Arbeit. Lernen müsse er noch einiges über Beisetzungen und den Ablauf. Berührungsängste habe er nicht. Im Gegenteil. Wenn er auf der Anlage unterwegs ist, schaue er sich gerne um. Die alten Gräber faszinierten ihn, sagt Rückert. Für viele Friedhofsbesucher ist er der erste Ansprechpartner, sie wenden sich an ihn, wenn sie eine Frage zur Grabpflege haben oder wissen wollen, wo eine bestimmte Grabstelle zu finden ist. Für Gespräche sei er stets offen, betont Rückert. Manche Menschen kämen jeden Tag zum Grab ihres Angehörigen, manche einmal in der Woche. Mit Trauernden umzugehen, falle ihm nicht schwer. Seine eigene Frau starb vor sechs Jahren, die drei Kinder im Teenager-Alter erzieht der gebürtige Hamburger seitdem allein.
Er wolle, dass die Anlage gut aussieht, betont Maik Rückert, der am 1. Juli in die Fußstapfen von Manfred Seedorf trat. Jede freie Grabstätte bedeutet für den Friedhofsgärtner, dass es eine Fläche mehr gibt, um die er sich auf dem über eineinhalb Hektar großen Gelände kümmern muss. Früher jätete der Friedhofsgärtner auf den freien Grabfeldern noch mit der Hand Unkraut, doch irgendwann war das Pensum nicht mehr zu schaffen. Nach Absprache mit der Friedhofsverwaltung ging man dazu über, Rindenmulch auf den Flächen zu verteilen, damit das Kraut nicht so schnell sprießt.
Bis sich Maik Rückert auf dem Friedhof so gut auskennt wie Manfred Seedorf, braucht es noch eine Weile. Seedorf tat fast 40 Jahre lang seinen Job auf dem Kirchenfriedhof in Lilienthal und ist aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden – offiziell in den Ruhestand geht er erst zum 1. Oktober. "Ich muss mir nach und nach ein Bild machen", sagt Maik Rückert und baut auch auf die Unterstützung seines Vorgängers. Für die ersten Wochen habe er sich vorgenommen, so der 55-Jährige, dem Hopfen, der an einigen Stelle wachse, zu Leibe zu rücken. "Der muss raus, er hat drei Meter lange Wurzeln."