Banden- und gewerbsmäßiger Betrug in 37 Fällen wird den drei Männern (68, 50 und 46) aus Rotenburg, Ottersberg und Oyten vorgeworfen, die sich seit Mittwoch vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts Verden verantworten müssen. Die Taten sollen sie zwischen 2015 und 2019 als Vorständler einer sogenannten Selbsthilfestiftung mit Sitz in Rotenburg begangen haben. Auf der Anklagebank sollte eigentlich auch der Geschäftsführer des Unternehmens, einer GmbH, sitzen, die das Stiftungsvermögen verwaltete. Doch der 73-jährige Senior des Quartetts ist schwer erkrankt.
Da derzeit gemäß vorliegendem ärztlichem Attest nicht absehbar ist, wann der in Delmenhorst lebende Mann wieder verhandlungsfähig sein wird, wurde das Verfahren gegen ihn zum Prozessauftakt kurzfristig abgetrennt. Um die umfangreiche Anklageschrift mit den ganzen zur Rede stehenden Betrugsfällen vorzutragen, benötigte der Vertreter der Staatsanwaltschaft Stade eine gute halbe Stunde. Bei der Behörde in Stade ist übrigens die für die Landgerichtsbezirke Verden und Lüneburg zuständige Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen angesiedelt.
Im Tatzeitraum, bis März 2019, sollen die Angeklagten von diversen Anlegern, denen zum Teil erhebliche Gewinne in Aussicht gestellt wurden, unterm Strich rund 2,146 Millionen Euro erlangt haben. Von dieser Summe sollen insgesamt 1,027 Millionen Euro an die Anleger zurückgeflossen sein, die aber dennoch zum Teil immense Beträge auf die Verlustliste setzen mussten. Die jeweils angegebenen Schadenssummen schwankten zwischen 4000 und 200.000 Euro. Das eingezahlte Geld war angeblich unter anderem für weltweite Projekte im humanitären Bereich sowie Investitionen in regenerative Energien vorgesehen.
Unklare Zuständigkeiten
Näheres dazu wurde noch nicht thematisiert. Überhaupt blieb beim ersten von vorerst acht geplanten Verhandlungstagen offen, um welch ein Konstrukt es sich bei der Stiftung und der vermutlich Mitte 2016 gegründeten GmbH handelte; von den Aufgabenverteilungen und Zuständigkeiten ganz zu schweigen. Mit den Anlegern sollen beispielsweise Investment-, aber auch Beteiligungsverträge abgeschlossen worden sein. Dabei sollen Gewinnbeteiligungen von bis zu 140 Prozent, zuletzt etwa 25 Prozent suggeriert worden sein. Laut Pressemitteilung des Landgerichts agierten die Angeklagten in der Absicht, „sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dabei sollen sie „durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregten oder unterhielten“.
Die drei erschienenen Angeklagten, darunter ein ehemaliger Bankkaufmann, gaben nur die notwendigsten Personalien an. Ob sie sich zu den Vorwürfen äußern werden, ließen die Verteidiger offen. Alle drei sollen sich im betreffenden Zeitraum monatlich ein Gehalt von 600 Euro gewährt haben. Die jeweilige Gesamtsumme von gut 21.000 Euro unterliegt nach Antrag der Staatsanwaltschaft der Einziehung.
Die 4. Große Strafkammer des Landgerichts – als Wirtschaftsstrafkammer – hatte die nach langen Ermittlungen vorgelegte Anklage der Staatsanwaltschaft Mitte vergangenen Jahres zur Hauptverhandlung zugelassen. Wiederholte Versuche der Kammer, mit den Verfahrensbeteiligten Termine zur „Erörterung“ im Vorfeld zu vereinbaren, seien erfolglos geblieben, hieß es. Das Gericht hält es für sinnvoll, 14 „herausgegriffene“ Fälle besonders zu beleuchten. Bislang sind nur betroffene Investoren als Zeugen geladen. Der Prozess soll am 27. November fortgesetzt werden.