Verden ist interessanter und spannender als Hamburg – das haben zumindest einige der Teenager aus Górowo Iławeckie, die an der Deutsch-Polnischen Jugendbegegnung in Verden teilnahmen, so ausgedrückt. Dieser Eindruck ist natürlich nur subjektiv und kann auch daran liegen, dass die Gruppe bei ihrem Besuch in Hamburg original norddeutsches "Schietwetter", wie Dolmetscherin Marlena Komor es nannte, erleben durfte. Allerdings hat Hamburg auch keinen Sebastian Back, der sich für die zehn Tage, in denen der Jugendhof Sachsenhain die Jugendlichen beherbergt, mächtig ins Zeug legte.
Back arbeitet beim Fachdienst Kultur des Landkreises Verden. Er ist mittlerweile der Hauptverantwortliche für das Austausch-Projekt, das bereits seit den 1990er-Jahren läuft. Für dieses Jahr hatte er ein bunt gemischtes Programm zwischen Kultur und Spaß in Norddeutschland ausgetüftelt. Von den geplanten Unternehmungen erfreute sich sowohl bei den polnischen als auch bei den deutschen Teilnehmern das Stand-up-Paddeln auf dem Bullensee bei Rotenburg der größten Beliebtheit.
Musik verbindet die Kulturen
Noch interessanter als die geplanten Aktionen waren allerdings die ungeplanten, erklärt Kathi, eine der sieben deutschen Teilnehmerinnen. Die Abendrunden, bei denen sie auch abwechselnd polnische und deutsche Spiele gespielt hätten, seien besonders gut gewesen. Zufällig waren auch einige begeisterte Musiker mit von der Partie, sodass Back Gitarren von zu Hause mitbringen und alle gemeinsam musizieren konnten.
Swantje, die "Social Media-Beauftragte", wie der Organisator sie mit einem Augenzwinkern nannte, betont, wie schnell die Gruppe zusammengewachsen sei. Der Austausch über deutsche und polnische Musik beziehungsweise den dazu passenden – oder nicht passenden – Tänzen habe bei den Jugendlichen besonderen Eindruck hinterlassen.
Die insgesamt 23 Jugendlichen sind zwischen 13 und 17 Jahre alt. Verständigen konnten sie sich hauptsächlich auf Englisch – "und mit Händen und Füßen", fügt Heike Nolte von Fachdienst Kultur hinzu. Wenn alle Stricke reißen, steht aber auch Dolmetscherin Komor zur Verfügung. Die 38-Jährige wuchs die ersten elf Jahre ihres Lebens in Polen auf und lebt seit 1986 in Verden. Mit ihrer Hilfe erzählt beispielsweise die polnische Teilnehmerin Marika von ihren Erfahrungen im Verdener Kletterpark.

Der Jugenhof Sachsenhain bietet eine Idylle zum Erholen nach dem anstrengenden Programm.
Über sich hinaus gewachsen
Marikas Favorit unter den Aktionen war nämlich weder die Elbphilharmonie in Hamburg noch das Universum in Bremen. Ihr wird vermutlich eine lange Zeit ein bestimmter Ort in der Stadt an der Aller im Gedächtnis bleiben. Sie habe nämlich eigentlich Höhenangst, gesteht sie, und beim vier Meter hohen Kletterparcours seien die Knie schon etwas zitterig geworden. Nach einiger Zeit und Überwindung habe sie sich dann schlussendlich in zehn Metern Höhe wiedergefunden.
Obwohl die Besichtigungen in Bremen, Hamburg oder Lüneburg alle spannend gewesen seien, scheint es so, als sei das Miteinander und das gegenseitige Interesse aneinander der größte Anreiz an diesem Austausch. Begeistert erzählt Swantje davon, wie sie einigen der polnischen Teenager die Stadt an der Aller zeigte. Der Dom, die Aller, das Domgymnasium – die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Kulturen und Städten hätten stets für Faszination gesorgt.
Mehr Plätze als Bewerber
Im nächsten Jahr geht es dann für die deutschen Teilnehmer ins Nachbarland. Die Busfahrt in das rund 1100 Kilometer entfernte Górowo Iławeckie im Nordosten Polens dauert zwar ungefähr 15 Stunden, doch bleiben die Jugendlichen auch für zehn Tage. Früher sei es eine tri-nationale Kooperation gewesen, doch wegen des Krieges könne die russische Partnerstadt aktuell nicht an dem Austausch teilnehmen, erklärt Back.
Von 16 freien Plätzen konnte der Organisator in diesem Jahr lediglich nur sieben besetzen. Bei einem Preis von 240 Euro, der übrigens auch für die Fahrt nach Polen gelte, inklusive aller Ausflüge, habe er einfach auf mehr Anmeldungen gehofft. Dennoch gibt er sich positiv: "Das ist das erste Mal seit Corona, dass wir den Austausch wieder anbieten können. Wenn sich jetzt herumspricht, wie viel Spaß das macht, hoffe ich schon, dass etwas Schwung in die Sache kommt."