
Als Janis Rotermel in der Sommervorbereitung ein Spiel des SC Twistringen leitete, war Saimir Dikollari kurz irritiert. Den Schiedsrichter kannte er doch? Stimmt. Beide waren sich bereits einige Male begegnet. Allerdings im Bremer Fußball: Dikollari war beim Brinkumer SV aktiv, Rotermel als Schiedsrichter des SC Borgfeld. Nun sind beide im selben Verein. „Da merkst du, wie klein die Welt ist“, sagt der Referee und grinst. Während Dikollari nun in der Bezirksliga-Elf der Blaumeisen auf Torejagd geht, pfeift Rotermel in der Oberliga Niedersachsen – und engagiert sich außerdem als Schiedsrichterobmann des SCT.
Beim Umzug von Bremen nach Twistringen, der Heimat seiner Lebensgefährtin, vor wenigen Monaten hatte Rotermel die Qual der Wahl. Welchem Verein sollte er sich anschließen? Schließlich gibt es in der Delmestadt auch noch den SV Mörsen-Scharrendorf, den SV Marhorst und den TV Heiligenloh. „Mir war wichtig, dass ich einen Verein mit vollkommenen Strukturen habe“, erklärt Rotermel, worauf er achtete. Die Anlage der Blaumeisen war ihm nicht fremd, der einen oder anderen Party im Clubheim hatte er vor der Corona-Pandemie bereits beigewohnt. Und weil zudem die Entfernung zur neuen Bleibe überschaubar ist, hatte der SCT gute Karten. Nach einem Gespräch mit Hans-Dieter Jurga und Jens Knabe, zwei Führungskräften der Fußballabteilung, „war für mich klar, in welche Richtung es geht“, verrät Rotermel, der schon jetzt sagt: „Vom Bauchgefühl habe ich die richtige Entscheidung getroffen.“
Das ist ein großes Lob. Obwohl der 25-Jährige noch nicht lange ein Twistringer ist und wegen der Pandemie noch gar nicht so richtig ankommen konnte im Verein, fühlt er sich wohl. „Hier ist alles warmherzig“, findet er. Das Gesellige und Gemeinschaftliche hätten ihm in den letzten Jahren gefehlt. „Das kommt jetzt wieder. Der Charakter des Vereins ist einfach ein guter. Um es in ein Wort zu packen: Es ist urig. Du hast hier alles an einem Ort: die Gaststätte, die Kabinen. Es ist nicht darauf ausgelegt, dass nur Fußball gespielt wird, sondern dass alles zusammenpasst“, schwärmt er. Und Rotermel hilft sogar dabei, dass sie noch besser werden: Derzeit bringt er die Schiedsrichterkabine auf Vordermann.
Doch das ist nicht der einzige Beitrag des gebürtigen Rheinensers. Er hat darüber hinaus die Rolle des Schiedsrichterobmanns übernommen und dort Jens Knabe abgelöst. „Es ist einfacher, wenn diese Aufgabe jemand macht, der aus diesem Bereich kommt“, findet Rotermel. Er hat in Westfalen bereits höherklassig gepfiffen, beim Wechsel von Bremen nach Niedersachsen hat er seine Spielklasse mitgenommen, leitet also Partien der Oberliga. Damit ist er ein Aushängeschild für den SC Twistringen, aber auch für den gesamten Fußballkreis Diepholz. „Die Klasse will ich unbedingt halten“, will er sich in neuer Umgebung beweisen.
Dass Rotermel hochklassig aktiv ist, ist für seine Aufgabe als Schiedsrichterobmann nicht entscheidend, ein Vorteil aber ist es allemal. „Die Schiedsrichter, die höher pfeifen und länger dabei sind, haben ein ganz anderes Repertoire an Erfahrungen und Möglichkeiten, etwas zu erklären“, findet er. Er versuche, proaktiv zu wirken, „damit erst gar nichts passiert“, erklärt er seine Herangehensweise auf dem Feld, die er nun den anderen sieben Unparteiischen im SCT näher bringt. Für diese sei die Oberliga sicherlich eine Perspektive. „Ich bin genauso einfach groß geworden wie die anderen Schiedsrichter, habe in einem kleinen Verein angefangen und habe am Anfang allein Jugendspiele geleitet.“ Jetzt ist der 25-Jährige ein Musterbeispiel dafür, wie weit man es schaffen kann.
Ihr Soll an Referees haben die Twistringer erfüllt. „Das ist am Ende des Tages das Ziel. Aber es ist wünschenswert, dass mehr Leute dazukommen. Aber Schiedsrichter findest du nicht so leicht wie Spieler. Niemand stellt sich als Kind hin und sagt, er macht den Schiedsrichter, wenn die anderen Fünf-gegen-fünf spielen“, weiß Rotermel und verweist auf den nächsten Anwärterlehrgang, der am 9. Januar beginnt. Es lohne sich, die Schiedsrichterei mal auszuprobieren.
Beim Blick von außen auf die Situation der Unparteiischen beim SCT sei ihm nichts Negatives aufgefallen, sagt er. Es sind eher generelle Probleme, mit denen Schiedsrichter zu kämpfen haben, die ihn beschäftigen: „Ein typischer Punkt ist sicherlich, dass man für Schiedsrichter ein größeres Angebot schafft und dieses Angebot nicht nur auf den Kreis abschiebt, indem man sagt: Wir stellen als Verein die Personen und der Kreis soll jetzt was daraus machen. Auch der Verein muss den Schiedsrichtern etwas bieten.“ Ein praktisches Beispiel sei, dass Fußballmannschaften regelmäßig neue Trikotsätze erhielten, während Schiedsrichter jahrelang dasselbe Trikot trügen. Stichpunkt Unterstützung. „Wie soll ein 14-Jähriger, der frisch aus dem Lehrgang kommt, sein Trikot finanzieren?“, fragt Rotermel vielsagend. Unter anderem darüber habe er mit Jurga und Knabe gesprochen. „Das ist gut aufgenommen worden“, stieß er auf offene Ohren.
Auch den Kreisschiedsrichterobmann Jan-Eike Ehlers und den Lehrwart Björn Plate hat er bereits kurz kennengelernt. Auch in der Schiedsrichterschaft gilt für ihn: Der Prozess des Ankommens läuft noch. Rotermels ersten Schritte im Fußballkreis Diepholz aber waren vielversprechend. „Du kannst mit den Leuten wirklich schnacken. Hier ist alles tiefenentspannt“, gefällt ihm die Mentalität auf und neben dem Platz. Twistringen, sagt er, sei ein Langzeitplan. Das dürften die Verantwortlichen des SCT gern hören.
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Das ist mühsam und wird lange dauern.